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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Ausstellung von Werken alter Meister in London
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https://doi.org/10.11588/diglit.5807#0250

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Ausstellung von Werken alter Meister in London.

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blutigcn Maria von England (im Besitz des Earl von
Carlisle) in rotem Kleide auf grünem Hintergrund
läßt in seiner unbarmherzig realen Auffassung auf
dirckten Einfluß Holbeins schließen, währcnd sein Bild
dcs Herzogs Alba in halbcr Figur, voll gerüstet mit
roter Schärpe (Sammlnng des Marguis Townshead),
datirt 1557, sich mchr der Weisc der Jtaliener nähcrt.

Diese selbst sind in ihrcn ältercn Schnlcn gar nicht,
in den neueren wedcr guantitativ noch gualitativ
hcrvorragend vertreten. Eine kleine Leinwand von
Tizian (Eigcntum dcs Marquis von Lothian): die
heil. Jungfrau in waldiger Landschaft mit Staffage
blickt anf das in ihrem Schoße schlummernde Kind,
zeigt eben nur die koloristischen Eigenschosten des

Mcisters, während „Die Bestrafimg des Aktäon" von
Pavlo Beronese (Kapitän W. A. Hankay) seincn
harmonischen olivcngriinen Gobelinton vorwiegend deni
Alter zu vcrdankcn scheint. Die Allegorie der Stadt
Venedig in Adoralion vor der Jungsrau und dem
Kinde von dcmselben Maler (Lady Milford) ist bei
weitem beffer crhalten. Eine heil. Familic des Andrea
del Sarto (James D. Linton) dürste mit grvßerem
Rechte dem Parmegianino zuzuschreiben sein.

Von denSpaniern feffelt zunächst ein düsterer Zur-
baran dasAuge: einFranziskaner steht mit gefalteten. in
den Armeln seiner Kutte verborgenen Händen erhobenen
Blickes in sckiars einsallendem Licht vor einer Nische (Char-
les Butler Esq.). Eine Wiederholung der imrnsenkos
oonooxtion im Louvre (Sir R. Loyd Lindsey) und eine
frostige Allegorie: zwei Pntten (Gnade und Wahrheit)
ein Modcll ciner gotischcn Kirche aufwärts tragend
(M. H. Colnaghi) von Mnrillo sind recht nnbe-
deutend. Dagegen ist eine kleinc Studie von Velaz-
qu cz (A. W. Savile Esq.) von nnschätzbarem Wert.
Es ist der flüchtig skizzirte Kvpf eines Mannes, nach
links vom Beschauer abgewandt, mit weißem Kragen
über einem braunen Wams, alles in tiefen, satten
Farben breit und pastos aufgetragen.

Die drei Rnbens gehören sämtlich der Galerie
desHerzogs von Marlborough an. „Venus und Adonis"
und „Die Flncht Lots ans Sodvm" machen sich durch
eincn kalten schiesergrauen Gesamtton nicht eben vor-
teilhaft bemerkbar. Das lebensgroße Kniestück der
Anna von Österreich in schwarzem Kleide mit weißem
Spitzenkragen, vor einer griinen, mit goldenen üenrs
cks bestickten Gardine, zeichnet sich besonders durch
die liebevolle Wiedergabe des berühmten Teints der
Königin aus. Das Reiterbildnis Karls I. von
van Dyck (Marquis von Lothian) ist großartig in
der Auffassung, läßt aber in dcr Ausführung mehrfach
auf Schülerhände schließen. Bcffcr ist das Porträt
des Earl von Strafford von demselben Maler (Earl
von Jcrsey).

Der Löwenanteil fällt wie immer so auch dieses
Mal den Holländern zu. Da ist vor allem ein präch-
tiger Frans Hals (David P. Sellar Esq.): Kniestück
einer Frau in Schwarz mit breiter Halskrause; eine
Bibel in der Hand vor einer grauen Wand: tLotnt.
siras 56. ^n° 1635. Das Bild ist in der besten
breiten Manier des Meisters gemalt, der feine Silber-
I ton ist aber schon in das sckiwcre Blcigrau seiner späte-
; ren Jahre übergegangen. Ein anderes als Frans Hals
! bezeichnetes Gemälde trägt diesen Namen fälschlich.
„Der Fiedler" (Lord Breybrook) ist folgendermaßen ge-

zeichnet: und demnach dem Jan Lievensz zu-

1630.

zuschreiben, der gerade im dem Jahre der Datirung
nach England kam. Es stellt einen Geiger dar, an
einem gedeckten Tische neben einer Frau sitzend, die
ihn, einen Krug in der Rechten, ein Glas in der Linken,
anschaut. Ein Rembrandt: „Tobias und sein Sohn,
die Botschaft des Engels entgegennehmend", im Hinter-
grnnde vor der HausthürMulter und Weib des Tobias,
(Stephen Tucker Esq.) ist eine Wiederholung des be-
kannten Gemäldes im Louvre und dürste mit dem Bilde
identisch sein, das sich 1870 im Besitz Von M. A.
Stevens in Briiffel befand. Die Perle der Ausstellung
ist ein Terborch (N. M. dc Rothschild Bart.): Jni
Vordergrunde links vor einem Tisch, auf dcffen türki-
scher Decke ein Spiegel und cin zweiarmiger Leuchter,
steht eine Dame in weißer Atlasrobe und blauer Taille,
im Begriff, einen Ring anzustecken, während einc Zofe
hinter ihr einen bunten Shawl um ihre Hiiften schlingt.
Neben dem Tisch ein Page mit Becken und Kanne.
Rechts hinter der Dienerin ein Schoßhund, im Begriff,
auf einen Tisch zu springen. Bezeichnet niit Mono-
gramm. Das Vild gehört zn dem Besten, was Tcr-
borch je gemalt. Unter den holländischen Kleinmeistern
Gabriel Metsu, Teniers (2), Adrian Ostade (2),
Gerard Dow (1) ist Jan Steen siebenmal und zwar
dreimal vorzüglich vertreten. Von den beiden Kon-
sultationsscenen bekannten Stiles erinnert die eine
(A. P. Heywood-Lonsdele Esq.) trotz ihrer harten
metallischen Färbung an dieWeise des Terborch, während
die andere (Albert Levy Esq.) in der liebevollen
Durchbildung des Details von Meissonier gemalt worden
sein könnte. Das dritke Bild: „Der Antrag" (Albert
Levy Esq.). Ein Herr, Hut und Stock in der Hand,
vor einer sitzenden Dame, rechts Lurch eine Thür Aus-
blick auf einen Garten, stellt sich den besten Leistungen
Jan Steens an Lie Seite. Die übrigen vier Bilder
sind Mittelgut. Auch der in England außerordentlich
seltene Jan Ochterveldt ist mit einem gnten Bilde
vertreten: „Freudige Nachrichten", gezeichnet I. Ochter-
veldt k. 1669 (Kapitän W. A. Hankay), das in seiner
 
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