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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Berichte vom Kunstmarkt, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5807#0270

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Berichte vom Kunstmarkt.

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es war cin Teil, es war gleichsam der lebendige
Kvrper von Makarts Kunst, deren rastlos fortarbciten-
der Organismus aus den vielen hundcrten vvn schvnen
Geräten, Kostümstücken, Teppichen, Waffen, Mobilien,
Bildern, Statuen, Schnitzereien u. s. w. all die seinen
Effenzen sog, welche den Gebilden der Phantasie des
Künstlers ihren farbendustigen Reiz verliehen.

Wenn das Ganze somit nicht zu erhalten war,
sv hätte man sich doch bemühen sollen, die Haupt-
stücke der Verlasscnschast, namentlich die hervorragend-
sten Werke des Meisters, die sich bei seinem Tode
nahezu vollendet vvrsanden, sür die vffentlichen Saium-
lungen Wiens zu erwerben. Dies ist leider nicht oder
dvch nicht in hinreichendem Maße geschehen! Das
Belvedcre, in welchem dcr bcrühmteste osterreichischc
Maler der Neuzeit bisher bloß durch den „Romev an
Julia's Bahre" vertreten war, erwarb nach ziemlich
heißem Kampf den „Großen Blumenstrauß in gemal-
ter Kartvucheumrahmung", ein freilich sehr brillantes
Dekorationsstück, welches den Meister jedoch nur nach
einer bestimmten Nichtung hin charakterisirt. Den
„Frühling", sein letztes großes Bild, sür die kaiserliche
Galerie zu gewinnen, hat man keine ernsthaften An-
strengungen gemacht. Das reizvolle Werk, nach unserer
Ansicht Makarts poesievollste Schvpfung überhaupt, ist
um den verhältnismäßig sehr geringen Preis von
16010 Fl. in dcn Besitz H. O. Miethke's überge-
gangen*). — Erfreulich war es, daß die k. k. Akademie
durch einen Spezialkredit der Regierung sich in den
Stand gesetzt sah, zwei der größeren gemalten Ent-
würsc Makarts, den Plafvnd mit Motiven aus dem
„Ring des Nibelungcn" (1300 Fl.) und den Entwurf
zu cineni Theatervorhang mit einer Skizze zum „Bac-
chantenzug" (1100 Fl.), für ihre Galerie zu erwerben.
Auch eine Anzahl von MakartS Feder- und Bleistift-
zeichnungen, darunter namentlich einige köstliche Blätter
ans ganz srüher Zeit (1858—59), sind in den Besitz
der Akademie gelangt. Bei dcm Wettkampf um die
schöne Zeichnung eines Fächers mit „Amvretten" trug
der Vcrtreter der Bcrliuer Nationalgalerie dcn Sieg
davon. Will nian derartige, für die hiesigen Kunst-
freunde betrübende Schlappen vcrineiden, so muß man
sich cntschließcn, einen Kiinstfonds zu schafsen, welcher
für alle Fälle genügende Biittel gewährt, um der
auSwärtigen Konkurrenz die Spitze bietcn zu könncn.
Geschieht dies nicht, so dürfen wir uns weder über
die svrtdaucrnde Auswandcrung unserer Künstler und ^


') Hr. Miethke ivird das Bild deinnächst in den größeren
Städten des Jn- und Auslandes zur Ausstellung bringen. ^
Zugleich hat derselbe beschlossen, den Erlös aus diesen Aus-
stellungen zu kapitalisiren und die Zinsen des Kapitals der
greisen Mutter des Künstlers als lebenslängliche Rente zu
Ühexmitteln.

Kunstjünger wundern, noch darüber wehklagen, wenn
das einst an Galerien und Privatsanimlungen so
reiche Wien seinen Kunstbesitz imnier mehr zu-
sammenschmelzcn sieht. — Jn betreff der Preise dcs
künstlerischen Nachlaffes ist die Thatsache zu verzeichnen,
daß die Zeickmungen iin allgemciiicn weit beffer gingen
als die Bilder. Daß Makart, der Malcr iinr ex-
eelienee, überhaupt so viel nnd so cmpsindungsvoll
gezcichnet, war sür die meisten eine Überraschung.
Allcs griff daher mit vcrdoppeltem Eifer zu, als dicse
bisher verborgencn Schätze unter den Haminer kamen.
Den Bildern schadcte dcr llnistand, daß sast alles, was
znr Versteigerung gelangte, bloßer Entwurs oter unvoll-
eudet war. Auch die oft sehr bedeutcndcii Dimeiisionen
der Gemälde bildeten sür manche Liebhaber ein erklär-
liches Hindernis. So hat z. B. vvn Makarts großen
architektonischen Entwürfen, die in der lctzten Periode
seines Schaffens eine so merkwürdige Spczialität aus-
machten, nur ein einziger — der Querschnitt der
St. Georgskapelle — seinen Käufer gefuuden; der
Vicomte de Valmvr, Gesandter Portugals am Wiener
Hof, erstand dieses Prachtstück reicher gotischer Archi-
tektur zum Prcise von 810 Fl. FUr die großen Pla-
fvnds ini Salon und Speisezimmer des Wohnhauses
wurden keine annehmbaren Gebote gemacht. Die
grandios gedachte Komposition des Kentaurenkampses
erwarb Hr. Kustos Penther um 1950 Fl-, den ersten
gemalten Entwurf zum „Einzug Karls V. in Ant-
werpen" (mit vielfachen Abweichungen von der späteren
Komposition) Hr. Baron Todesco zum Preise von
3000 Fl. Vvn den übrigen Bildern und Ölskizzcn
seien noch folgende hier namhaft gemacht: die acht
Bilder zur Tetralogie „Der Ning des Nibelungen"
4585 Fl.; das weibliche Bildnis mit blondem Haar
(Nr. 21) 765 Fl.; das weibliche Bildnis in nieder-
ländischcr Tracht (Nr. 22) 1000 Fl.; die Porträtstudie
der Frau Ch. im Empirekostüin (Nr. 23) 2000 Fl.;
das weibliche Bildnis init Rembrandthut (Nr. 24)
1050 Fl.; das „Liebesgeheimnis" (Nr. 25) 1000 Fl.;
die „Heroische Landschaft" mit dem Motiv aus Tivvli
(Nr. 31) 420 Fl.; die „Spielenden Amoretten" (Nr. 32)
800 Fl.; der Entwurf zu eincr Saaldckoration mit
den Werken dcr Barmherzigkeit in gotischer Ilmrah-
miing (Nr. 34) 600 Fl.; der erste Entwurf zur „Sicsta
am Hofe der Mediceer" (Nr. 35) 451 Fl.; der
Bacchantcnzug, als Dekorativn cines Saales im Stile
der Hochrenaiffance gedacht, 940 Fl. — Die Zeich-
nungcn, Aguarelle und Pauscn trugen die Gesamt-
summe von 13072 Fl. ein. Davvn entfallcu 4041 Fl.
allein auf die zwöls Lünetten für das Stiegenhaus des
k. k. kunsthistorischen Hosmuseums, sorgfältig ausge-
führte Kreidezeichnungen auf Goldgrund, mit ll. >1.
signirt, um die sich zum Teil ein heftiger Kampf cnt-
 
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