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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Die Heinrichsburg Dankwarderode in Braunschweig
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5807#0322

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631

Kunstlitteratur.

632

Museums crhielt). Die Vorlage wandcrte iu die
Kommission, welche in ihrer Majorität den Antrag
der Regierung ablehnte. Bevor darüber jedoch in
xlsno verhandelt wurde, zog das Ministerium die
Vorlage zurück. So stehen wir wieder auf demselben
Punkt wie vor fünf Jahren: diesnial aber fast
hoffnungslos! H.

Aunstlitteratur.

Beschreibeude Darstellung der älteren Bau- und
Runstdenkniälcr des Rönigreichs Sachsen. 4. u.
5. Heft. Dresdcn, in Konnnission bei C. C. Mein-
hold u. Söhne. 1885.

Die ersten Licferungen dicser auf Kvstcn der
königl. Staatsregierung vom königl. sächsischen Alter-
tumsverein herausgegebeuen Verösfentlichung haben
wir seinerzeit an dieser Stelle besprocheu und nach
ihrem vollen Werte gewürdigt. Die beiden vorliegen-
den neuesten Hefte, gleich den frllheren von vr. N.
Steche in mustergiltiger Weise bearbeitet, dürfen allen
derartigen Publikationen als Vorbilder hingestellt wer-
den; denn es leidet wohl keinen Zwcisel, daß von den
Lhnlichen Unternehmungen in Deutschland an Ge-
diegenheil der Durchführung und Opulenz der Aus-
stattung sich keine mit der vorliegeuden messen kann.
Ein neuer Beweis von dem erleuchtetcn Kunstsinn, der
in den entscheidenden Kreisen der königl. sächsischen
Regierung herrscht. Wir möchten lebhast wünschen,
daß dics Beispiel namentlich von der königl. bayeri-
schen Regierung, die in dieser Hinsicht bis jetzt am
weitesten zurückgeblieben ist, baldigst beherzigt und be-
solgt würde.

Von dcn beiden neuen Heften ist das vierte dcr
Amtshauptmannschaft Annaberg gewidmet, und damit
ist den Kennern unserer altdeutschen Knnst zur Ge-
nüge angedeutet, daß es sich hier um eine Reihe von
Denkmälern ersten Ranges handelt. Waagen und von
Quandt waren es, welche zuerst die kunstgeschichtliche
Bedeutung der Hauplkirche von Annabcrg mit ihren
prachtvollenDenkmälern erkannten; eine erschvpfende und
eingehende Wllrdigung nnd Darstellung haben diese
jedoch erst hier gefunden. Aufs neue zeigt sich, wie
dei Ler Jnvcntarisation der Denkmäler dadurch am
meisten erreicht wird, daß man die Arbeit so viel wie
irgend möglich in die Hände eines einzigen, der Sache
völlig gewachsenen kunstwissenschaftlich gebildeten Man-
nes lcgt; wir kvnnen nur wünschen, daß die ferneren
in Aussicht stehenden Lieferungen in demsclben Geiste
sortgeführt werden. Die außerordentlich reiche Jllu-
stration, welche in einer stattlichen Zahl prächtig aus-
gesührter Lichtdrncke von Römmler L Jvnas gipselt,

erhöht allerdings die Bedeutung dieser schönen Publi-
kation.

Der Löwenanteil fällt natllrlich auf die Anna-
kirche, eine jener einfach, aber großartig angelegten
Hallenbauten aus der Schlußepoche des Mittelaltcrs,
welche gerade in Sacksen in einer geschlostenen Gruppe
austreten. Jhr Hauptreiz liegt in den reichentwickcltcn
Rippengewölben, als dercn Meister Jakob von
Schweinfurt nachgewiesenist, und deren eigentümlich
kühne Schweifungen auf den Einfluß des PragerMeisters
Benedikt von Laun zurückzuführensind. Denhöchstcn
Glanz gewinnt aber die Kirche durch die außerordent-
lich reiche Ausstattung mit selbständigen Prachtwerken,
unter denen zunächst das Portal der alten Sakristei
vom Jahre 1518 als eines der frühesten Denkmäler
unserer Renaissance mit seinen allerdings noch unklar
spielenden, zum Teil gotisirenden Formen schon längst
einen Ehrenplatz in der Geschichte dieses Stiles ein-
nimmt. Die Abbildung des oberen Teiles beweist, daß
auch der plastische Schmuck desselben von nicht ge-
ringer Bedeutung ist. Reifer und vollendeter ist die
von der Franziskanerkirche an die Annakirche Lber-
tragene sogcnannte schvne THUr, mit einem Hochrelief
der von den neun Engelchören verehrten Dreilsaltig-
keit, zu welcher die knieenden Gestalten des heiligen
Franziskus und der heil. Klara betend emporschauen.
Wohl erinnert die Gewandbehandlung mit ihren scharsen
Brüchen an die des obenerwähnten Werkes, allein in
der freien und schwungvollen Auffastung der Gestalten,
in dem durchgeistigten Ausdruck der schön gezeichneten
Köpse und in der eleganten, fast schon gezierten Be-
handlung der Hände steht das Werk nicht bloß hoch
über jenem, sondern über den nieisten gleichzeitigen.
Daß wir die Meister solcher großartigen Schöpfungen
ininier noch nicht zu nennen wisten, ist ein neuer Be-
weis von der Lückenhaftigkeit unserer Kenntniste be-
treffs unserer alten Kunst.

Noch großartiger ist der 1522 vom Augsburger
Meister Adolf Dowher crrichteteHauptaltar, der nicht
bloß die durchgcbildete Frührenaistance Süddeutsch-
lands zum erstenmal im nördlichen Deutschland ein-
fllhrte, sondern auch als cine der reichsten plastischen
Schöpfungen hervorragende Bcdeutung hat. Nicht
bloß die Madvnna ist von hoher Schönheit, sondern
eine ganze Wclt vvn spielenden Putten läßt den fröh-
lichen Geist der Renaistance erkennen. Nur andeutend
möge des Taufsteins mit seinen allerliebsten, im Hemd-
chcn am Fuße knieenden und innig nach der Taufe
verlangenden Kindern Erwähnung geschehen; ebenso
der Kanzel mit ihrem reichen plastischen Schmuck,
durchaus noch im spätgotischen Stil behandelt; ferner
des sogenannten Bergaltars mit einer noch Lppigeren
Plastik nnd eiuer Mischung von gotischen und
 
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