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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Die deutsche Kunst auf der Weltausstellung zu Antwerpen, [2]
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747

Die deutsche Kunst auf der Weltausstellung zu Antmerpen,

748

Kvpfe von großer Schönheit nnd Tiefe des AusdruckS,
die in Firle eine vielversprechende echte Künstlerkraft
vcrknnden. Der diesen beidcn Malern vielfach ver-
wandte Graf Leopold von Kalkreuth ist leider nur
mit einer Nebenarbeit, zwei Kindern, die im Schnee
vor dem Grabmal eines Heiligen knieen, vcrtreten.
Die Kinder wenden dem Beschauer den Rücken zu, und
das Bild bietet wenig mehr als das in der Darstellung
der schneebedeckten Straße noch freudloser als sonst er-
scheinende Experiment seiner blaffen und weißlichen
Farben. Etwas tiefer in der Farbe sind die Bilder
Paul Höckers, der seine drei lachenden Dorfkinder
aus Zeeland und die Marinesoldaten bcim Putzen der
Gewehre an Bord Sr. Majestät Schiff „Deutschland"
zur Ausstellung gebracht hat. Beide Werke des vielver-
sprechenden jungen Künstlers wurden in diesen Blättern
bereits von Adolf Rosenberg bei der Besprechung der
vorigen Bcrliner Ausstellung charakterisirt. Die über-
raschende Raumwirkung des letzteren Bildes verliert
hier den Reiz der Originalität neben dem in der
französischeu Abteilung ausgestelltenGemäldevou Julien
Le Blant „Die Mahlzeit der Schiffsmannschaft". Jn
allen Einzelheiten der Gruppirung der Gestalten, vor
allem aber in dem kühlen klaren Ton der Farbe ist
Höckers Bild indessen eine durchaus selbständige
Schöpfung, die sich neben der französischen Arbeit recht
vorteilhaft behauptet. Echt französisch, blaß und ver-
staubt ist dagegen das Kolorit auf Max Liebermanns
„MünchenerBiergarten". Liebermann gehört zwar seinem
Bildungsgange nach nicht zu der Münchener Schule.
Seine in den letzten Jahren entstandenen Arbeiten
schließen sich indeffen innig der Malweise der vorstehend
genannten Künstlergruppe an. Das hier ausgestellte
Gemälde giebt eine recht treu gezeichnete Schilderung
des Treibens in den Münchener „Keltern". Eine aus
allen Ständcn des Philistertums zusammengesetzte Ge-
sellschast sitzt hier familienweise beim Biere. Ganz
vorn steht ein Kind, das kaum laufen kann und in
langen, tiefen Zügen trinkt, als ob es gleich mit dem
Maßkrug von der Mutterbrust entwöhnt wäre. Jm
Hintergrunde repräsentiren Trompeten und Posaunen
die obligate Bockmusik.

Düffeldorf, der eigentliche Ausgangspunkt des
ländlichen Genrebildes, tritt, was die Zahl dieser Werke
anbelangt, hier wie iu dcn letzten Jahren immer hintcr
München zurück, obgleich die Gesamtzahl der hier ver-
tretenen Düffeldorfer Malcr (70) die der Münchener
(60) übersteigt. Ein neues, in der Harmonie der Farbe
prächtig durchgeführtes Werk bringt Hugo Oehmi-
chen in seiner Amtsstube des Dorfschulzen, das dem
Maler die willkommene Gelegenheit bot, eine ganze
Reihe mit gemütvollem Humor ausgefaßter Charakter-
siguren aus dem Dorsleben zu schildcrn. Otto Kir-

berg bringt sein 1882 vollendetes großes, buntes Bild
„Holländische Kirmeß", deffen Hauptgruppe die Zeit-
schrift für bildende Kunst bereits im Holzschnitt ge-
bracht hat. Das Gemälde wirkt in hohem Grade
unruhig in der Farbe und vertritt den Künstler wcnig
glücklich. Rudolf Jordan hat abermals sein lebens-
frisches Gemälde, die holländische Schifferschenke, aus-
gestellt, das hier neben ähnlichen Arbeiten belgischer
Maler, namentlich neben denen eines Henri Bource
den alten Rnf des unermüdlichen Malers des See-
mannslebens behauptet. Von Vertretern desselben
Faches in Frankreich — namentlich von Demont-
Breton in scinem grvßen Bilde des diesjährigen Pari-
ser Salon Dss loups äs msr — dürften sie beide
geschlagen werden. Unter den übrigen Düffeldorfern
drängt sich, obwohl nicht angcnehm, Hans Dahl
wieder dem Auge besonders anf. Dahl malt fast stets
aus sciuen Bilderu lachende Mädchen, die mit einer
Frechheit aus dem Bilde herausblicken, daß man die
Erinncrung darau nicht wieder los wird. Dahl weiß,
daß er nur auf dicse Wcise dic große breitc Massc,
die sich, von dcm Übermas; des rings Gebotenen er-
müdct, dnrch dic Ausstellungsräume wälzt, an seine
Bilder zu feffcln vermag. Und Dahl verrechnet sich
dariu nicht. Sichcrn ihm doch die kleinen Witzchen,
mit denen cr das Publikum über den Wert seiner
schlecht gemalten Arbeiteu hinwegtäuscht, selbst die Aus-
uahme in Häuser, denen sicher die besten künstlerischeu
Ratgeber zur Seite stehen. Als ein recht tüchtiges
Sportbild der Düsscldorser Schule sei hier noch Gustav
Marx' „Wettfahrt" hervorgehoben. Marx hat diesem
von ernst veranlagten Künstlern in Deutschland so
selten gepflegten Kunstzweige einen großen koloristischen
Neiz abgewonnen. So namentlich in der Darstellung
der buntseideneu Blousen der Wagenlenker und dann
in der virtuosen Darstellung der leichten Sporttvagen,
an denen die zwei wie mächtige Spinngewebe im
Sonnenlicht aufblitzenden Näder vortrcfflich gemalt sind.

Von den 26 hier vertretenen Berliner Malern
ist nur Karl Breitbach mit einem ländlichen Genre-
bilde erschienen. Sein Gemälde „Bauernsest in Heffen"
zeigt eine Musikbande, die mit ihrem Wagen soeben
am Festplatz angekommen ist und von den Festgenossen,
namentlich von den Mädchen, die verlangend dem
Tanze entgegensehen, und den Buben, die den gefeier-
ten Gästen stolz die Jnstrumente tragen helfen, begrüßt
werden. Die Musikanten ziehen in feierlichem Auf-
marsch dem Festplatz zu, wo sich eine Gruppe von
Mädchen bereits ohne Mnsik im Ringeltanze dreht.
Breitbach zeigt sich auch in diesem Bilde als ein Meister
in der Wiedergabe der verschiedenen Effekte der Be-
leuchtung. Namentlich ist der sonnenbeschienene Fest-
platz mit großer Schönheit dargestellt.
 
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