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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 58.1922/​1923 (Oktober-März)

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Nr. 4
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Kuhn, Alfred: August Gaul: anlässlich seiner Gedächtnisausstellung in der Akademie der Künste
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https://doi.org/10.11588/diglit.41225#0069

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KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT

HERAUSGEBER:
CURTGLASER • GUSTAVKIRSTEIN • HANSTIETdE
VERANTWORTLICHE REDAKTION:
ALFRED KUHN

1922

27. OKTOBER

NR. 4

Einfendungsftelle für alle Manufkripte, außer Österreich und München: Dr. Alfred Kuhn,
B e r 1 i n - F r i e d e n a u, F r e g e ft-r a ß e 26 ■ Für Öfterreich: WienerRedaktion, Prof. Dr. H. Tietze,
Wien XIX, Armbrult ergaffe 20 • Für München: Münchener Redaktion, Dr. Hans Rupe,
München, Widenmayerftraße 39III ■ Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hofpitalftr aß e 11a

AUGUST GAUL
ANLÄSSLICH SEINER GEDÄCHTNIS AUSSTELLUNG
IN DER AKADEMIE DER KÜNSTE
VON ALFRED KUHN
IE Akademie hat eine Gedächtnisausftellung für Augult Gaul veranltaltet.


L' Man blickt zurück und verfucht die Stellung des dahingegangenen Künlt-
lers zu fixieren, ihn einzuordnen in die Zeit, in der er gelebt und jenes Quent-
chen Abfolutheit, jenen Llnlterblichkeitsanteil zu erkennen, der ihn heraushebt
aus dem Strom der Nur-den-Zeitgeilt=Objektivierenden, und der allein ihm
dauernde Wirkung zu fichern in der Lage ilt. Denn jenfeits der Wertung
der beiten Zeitgenoffen, die den Streiter nur in dem Maße gelten laßen, als
er ihnen Mitltreiter für ihre eigenen Ideen erfcheint, neben der kühlen Wür-
digung des Hiltoriographen, befteht eine davon ganz unabhängige Wirkung,
die aus der feelifchen Kraft des Künftlers fließt und damit verbunden aus der
kunftgemäßen, technifch abfoluten Form, diefer Geltalt zu verleihen. Es braucht
hier gar nicht einmal an die ganz Cioßen gedacht zu werden vom Range eines
Dürer, eines Michelangelo und Raffael, an deren Verehrung die Konvenienz
immer ihr gutes Teil hat. Jene gemeinte Wirkung befitzt auch heute noch in
einer fo ganz anders gerichteten Zeit ein Manet, ein Rodin, ein Feuerbach und
logar ein Böcklin. Aus ihren Werken Itrömt eine magifche Kraft, weil hier
die dem Kunltprodukt innewohnende Idee lieh formal rein und fchlackenlos
objektivieren durfte, fo rein, daß es gleichfam ein organifches Naturgebilde
zu lein fcheint, kampflos — wenigltens fcheinbar — dem Haupte feines Schöps
fers entftiegen.
Dies alfo ilt die Frage bei einer Gedächtnisausftellung diefer Art: Wie
weit reicht der Wert des betreffenden Künftlers über feine zeitliche Bedingt^
heit hinaus, wie weit hatte er Abfolutes zu lagen, wie weit hat er eine von
Mode und Tageskampf unabhängig wertvolle Stellung erlangt, feine und die
kommenden Generationen überdauernd?
Von einem Standpunkt aus gefehen, der in jener dünnen Sphäre des
artiftifchen Tageswettkampfes liegt, aus dem Gefichtswinkel eines Belling, eines
 
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