Kunlthiftorifche Romantik (Giulio Clovio und Livina Teerlinck — Literatur 367
Ein reicherer, aber in feinen Formen durchaus verwandter Spiegelrahmen im
Louvre1) trägt nun zum Überfluß die niederdeutfche Infchrift: Gedenct des
wijf Loth. lind ebenfo entflammt der Rahmen um Clovios Selbftbildnis
der gleichen Zeit und Umgebung,- es ift das Kartufchenwerk der nieder-
ländifchen Stecher um 1550 wie etwa des Cornelis Bos oder des Hieronymus
Cock, dem die Schnitzer hier wie anderwärts die Anregung entnommen
haben. Hier weiter zu gehen, würde uns fofort auf das Gebiet jener roman-
haften Hypothefen der früher gefchilderten Art zurückbringen, um fo mehr,
als jene Kinderminiaturen, füllten fie auch wirklich von Livina herrühren,
keinen rechten Vergleichungspunkt mit dem Bildchen der Lady Dorfet bieten.
Ein merkwürdiger Zufall hat es gefügt, daß ein Selbftbildnis des geift-
liehen Malers Don Giulio Clovio noch einmal in Verbindung mit Frauen-
porträts in einer alten italienifchen Sammlung erfcheint,- abermals in gefchnitztem
Rähmchen. Erhalten ift es allerdings nicht, kann auch von vornherein der
ganzen Sachlage nach nicht mit dem Wiener Stück identifch fein, fondern ift
uns lediglich durch eine alte Inventarnotiz überliefert. Es hat fleh in dem
reichen Mufeum des 1600 geftorbenen römifchen Antiquars Fulvio Orfrni
befunden und ift durch TeftamentsVerfügung Orfinis Gönner, Kardinal Peretti,
vermacht worden,- die weiblichen Bildnifle <es ift nicht klar, ob es fich um
ein oder mehrere Porträts handelte) (teilten zwei Schwellern vor, von denen
die eine italienifchem Brauch gemäß kurz La Rossa genannt wird2). Wer
die beiden gewefen find, ob etwa Hausgenoffinnen feines Alters oder was
fonft, willen wir nicht. Auch Clovios noch erhaltenes Teftament mit dem
Inventar feiner zahlreichen Kunftfchätze gibt darüber keine Auskunft.
1> Molinier, Histoire des arts appliques II, pl. XVIII, 3.
2) Publiziert von P, de Nolhac in den Melanges d'archeologie et d'histoire der Ecole
franqaise de Rome, IV. Paris 1884. P. 178, no. 105: Quadretto corniciato di noce di mi-
niatura, col ritratto di Don Giulio, della Rossa, et sua sorella, di mano di Don Giulio.
In Orfinis Teftament heißt es (ebenda, in nota): Itemque lego, quod puto eidem IIlm° D.
meo gratum futurum, opus minio elaboratum manu Julii Clovii, in quo est effigies ipsius
Julii, cum duabus sororibus, non tarnen eius.
LITERATUR
Handzeichnungen deutfcher Meilter
des 15. und 16. Jahrhunderts. Her-
ausgegeben von Jofeph Meder. 1922.
Wien, Kunftverlag Anton Schroll,
Hier ift fchon aufmerkfam gemacht wor-
den auf neue Publikationen aus dem
Schatze der Albertina (Kunltchronik 1922
Nr, 6). Jetzt liegt die zweite Mappe der mit
dem Titel Albertina=Fakfimile erfcheinen^
den Veröffentlichung vor, deren prunk-
volle Erfcheinung im Einklänge fleht mit
ihrem Gehalte. Der erfte Band enthält
franzöfifche Zeichnungen des 18. Jahrhun-
derts, diefer zweite — Zeichnungen deutfcher
Meilter. Wieder wird eine Blüteperiode
umfaßt, die in der Albertina glänzend ver-
treten ift, fo daß nur das Koftbarfte fo
koflbar reproduziert wird.
Den Beginn macht eine irifche Buch=
Ein reicherer, aber in feinen Formen durchaus verwandter Spiegelrahmen im
Louvre1) trägt nun zum Überfluß die niederdeutfche Infchrift: Gedenct des
wijf Loth. lind ebenfo entflammt der Rahmen um Clovios Selbftbildnis
der gleichen Zeit und Umgebung,- es ift das Kartufchenwerk der nieder-
ländifchen Stecher um 1550 wie etwa des Cornelis Bos oder des Hieronymus
Cock, dem die Schnitzer hier wie anderwärts die Anregung entnommen
haben. Hier weiter zu gehen, würde uns fofort auf das Gebiet jener roman-
haften Hypothefen der früher gefchilderten Art zurückbringen, um fo mehr,
als jene Kinderminiaturen, füllten fie auch wirklich von Livina herrühren,
keinen rechten Vergleichungspunkt mit dem Bildchen der Lady Dorfet bieten.
Ein merkwürdiger Zufall hat es gefügt, daß ein Selbftbildnis des geift-
liehen Malers Don Giulio Clovio noch einmal in Verbindung mit Frauen-
porträts in einer alten italienifchen Sammlung erfcheint,- abermals in gefchnitztem
Rähmchen. Erhalten ift es allerdings nicht, kann auch von vornherein der
ganzen Sachlage nach nicht mit dem Wiener Stück identifch fein, fondern ift
uns lediglich durch eine alte Inventarnotiz überliefert. Es hat fleh in dem
reichen Mufeum des 1600 geftorbenen römifchen Antiquars Fulvio Orfrni
befunden und ift durch TeftamentsVerfügung Orfinis Gönner, Kardinal Peretti,
vermacht worden,- die weiblichen Bildnifle <es ift nicht klar, ob es fich um
ein oder mehrere Porträts handelte) (teilten zwei Schwellern vor, von denen
die eine italienifchem Brauch gemäß kurz La Rossa genannt wird2). Wer
die beiden gewefen find, ob etwa Hausgenoffinnen feines Alters oder was
fonft, willen wir nicht. Auch Clovios noch erhaltenes Teftament mit dem
Inventar feiner zahlreichen Kunftfchätze gibt darüber keine Auskunft.
1> Molinier, Histoire des arts appliques II, pl. XVIII, 3.
2) Publiziert von P, de Nolhac in den Melanges d'archeologie et d'histoire der Ecole
franqaise de Rome, IV. Paris 1884. P. 178, no. 105: Quadretto corniciato di noce di mi-
niatura, col ritratto di Don Giulio, della Rossa, et sua sorella, di mano di Don Giulio.
In Orfinis Teftament heißt es (ebenda, in nota): Itemque lego, quod puto eidem IIlm° D.
meo gratum futurum, opus minio elaboratum manu Julii Clovii, in quo est effigies ipsius
Julii, cum duabus sororibus, non tarnen eius.
LITERATUR
Handzeichnungen deutfcher Meilter
des 15. und 16. Jahrhunderts. Her-
ausgegeben von Jofeph Meder. 1922.
Wien, Kunftverlag Anton Schroll,
Hier ift fchon aufmerkfam gemacht wor-
den auf neue Publikationen aus dem
Schatze der Albertina (Kunltchronik 1922
Nr, 6). Jetzt liegt die zweite Mappe der mit
dem Titel Albertina=Fakfimile erfcheinen^
den Veröffentlichung vor, deren prunk-
volle Erfcheinung im Einklänge fleht mit
ihrem Gehalte. Der erfte Band enthält
franzöfifche Zeichnungen des 18. Jahrhun-
derts, diefer zweite — Zeichnungen deutfcher
Meilter. Wieder wird eine Blüteperiode
umfaßt, die in der Albertina glänzend ver-
treten ift, fo daß nur das Koftbarfte fo
koflbar reproduziert wird.
Den Beginn macht eine irifche Buch=