Literatur
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wenn ihre Künftfer in ihrer einmal erworbenen Art ausruhen und beharren.
Ein Mann von fo regem Geilte und unermüdlicher Selbltdisziplin hätte uns
gewiß auch in kunftpolitifcher Beziehung weiter gebracht — oder wäre er an
dem harren Widerltande der Lenbach und Kaulbach vor der Zeit ermattet?
LITERATUR
Handzeichnungen holländifcher
Meifter aus der Sammlung Dr. C.
Hofftede de Groot im Haag. Fünfs
zig ausgewählte Zeichnungen. Herausge-
geben von Prof. Dr. Felix B eck er. 1923.
Bernhard Tauchnitz, Leipzig.
Seit dreißig Jahren die holländifche Ma-
lerei bis in die letzten Vereitelungen Itu-
dierend und als »Kenner« diefer Materie
autoritativ tätig, hat Hofftede de Groot
die Gelegenheiten, die fich ihm bei eifrigem
Befuche der Kunftmärkte boten, ausge-
nutzt, um eine bedeutende Sammlung zu
erwerben, von Gemälden und hauptfächs
lieh von Zeichnungen. Methodifch im Kreife
feiner fpeziellen InterelTen fuchend und
wählend, wurde er vom Glücke begünftigt,
zumal in bezug auf Rembrandt^Zeich-
nungen. Die genaue Kenntnis, die er bei
dem Verfuch, alle erhaltenen Rembrandts
Zeichnungen zu katalogifieren, gewonnen
hatte — 1906 fchon erfchien diefer Kata-
log —, gab ihm eine Überlegenheit, die
auch feiner Sammlung zugute kam. Mehr
als 100 Zeichnungen Rembrandts find nach
und nach in feinen Befitz gelangt, darunter
viele, die er ganz eigentlich entdedkt, als
der Erlte gewürdigt hat.
Beim Durchblättern der Mappe, die auf
50 Tafeln eine Auswahl aus diefer Samm-
lung von Zeichnungen enthält, drängt fich
der Gedanke auf, mit Erinnerung an ver-
gangene Tage, wie wenig es doch die
Holländer verbanden haben, diefes Wißen
und diefe Sammelinitiative für ihre öffents
liehe Kunfipflege nutzbar zu machen. Was
hätte Hofftede de Groot in all den Jahren
für das Rijksmufeum zu leiben vermocht!
Freilich hört man von feinem großherzigen
Entfchluß, die Privatfammlung oder doch
erhebliche Teile davon öffentlichen Inbi-
tuten feines Heimatlandes zu hinterlaßen.
Die von Felix Becker mit aller Sorgs
falt redigierte Publikation bringt von den
RembrandtsZeichnungen nur 15. Diefe
Zurückhaltung erfcheint infofern berechtigt,
als Hofftede de Groot felbft fchon vor
einigen Jahren einen Band mit feinen Rem-
brandts Zeichnungen herausgegeben hat,
abgefehen von dem großen Korpus, den
Lippmann begonnen und er weitergeführt
hat und der die allermeiften Blätter ent-
hält, die fich jetzt in feinem Befitze be-
finden. Einige der beiten Stücke kehren
in der vorliegenden Publikation wieder,
und mehrere werden hier zum erben Male
reproduziert.
Bei kritifcher Betrachtung der Rembrandts
Zeichnungen gilt es, den fchmalen Weg der
Wahrheit zu finden zwifchen unfruchts
barer Negation und läffiger Gläubigkeit.
Sicherlich ift v. Seidlitz mit feinen An-
griffen gegen die befonders fchöne Reihe
aus dem Befitze Hefeltines bei Gelegen^
heit der Amfterdamer Verweigerung von
Blättern aus diefer Sammlung zu weit ge-
gangen. Hofftede de Groot neigt zu pofitiv
anerkennender Beurteilung, wie Sammlers
naturen zu tun pflegen, und hat damit,
wie mir fcheint, in den meiften Fällen
recht behalten.
Was die hier abgebildeten Rembrandts
Zeichnungen betrifft, hege ich nur vor
zweien Zweifel, nämlich vor dem fitzens
den Rabbiner <Taf. 27>, der, wenn ich recht
fehe, nicht etwa jugendlich befangen, fons
dern oberflächlich und verftändnislos ge-
zeichnet ift, fowie vor dem »Mofes«
titulierten Blatte <Taf. 39>, das für mein
Auge die Gebrechen einer Kopie aufs
weift. Alles Übrige ift vollwertig und teils
weife vom höchften Range, wie die in
ihrer düfteren Mäßigkeit überwältigende
Anficht einer Kathedrale, mit dem Datum
1640, die, wie Hofftede de Groot nachs
gewiefen hat, St, Albans bei London dars
bellt und als eines der Beweisbücke für
einen Aufenthalt des Meifters auf britifchem
Boden wertvoll ift.
Das Studium der RembrandtsZeich-
nungen, das ftets in den endlofen Streit
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wenn ihre Künftfer in ihrer einmal erworbenen Art ausruhen und beharren.
Ein Mann von fo regem Geilte und unermüdlicher Selbltdisziplin hätte uns
gewiß auch in kunftpolitifcher Beziehung weiter gebracht — oder wäre er an
dem harren Widerltande der Lenbach und Kaulbach vor der Zeit ermattet?
LITERATUR
Handzeichnungen holländifcher
Meifter aus der Sammlung Dr. C.
Hofftede de Groot im Haag. Fünfs
zig ausgewählte Zeichnungen. Herausge-
geben von Prof. Dr. Felix B eck er. 1923.
Bernhard Tauchnitz, Leipzig.
Seit dreißig Jahren die holländifche Ma-
lerei bis in die letzten Vereitelungen Itu-
dierend und als »Kenner« diefer Materie
autoritativ tätig, hat Hofftede de Groot
die Gelegenheiten, die fich ihm bei eifrigem
Befuche der Kunftmärkte boten, ausge-
nutzt, um eine bedeutende Sammlung zu
erwerben, von Gemälden und hauptfächs
lieh von Zeichnungen. Methodifch im Kreife
feiner fpeziellen InterelTen fuchend und
wählend, wurde er vom Glücke begünftigt,
zumal in bezug auf Rembrandt^Zeich-
nungen. Die genaue Kenntnis, die er bei
dem Verfuch, alle erhaltenen Rembrandts
Zeichnungen zu katalogifieren, gewonnen
hatte — 1906 fchon erfchien diefer Kata-
log —, gab ihm eine Überlegenheit, die
auch feiner Sammlung zugute kam. Mehr
als 100 Zeichnungen Rembrandts find nach
und nach in feinen Befitz gelangt, darunter
viele, die er ganz eigentlich entdedkt, als
der Erlte gewürdigt hat.
Beim Durchblättern der Mappe, die auf
50 Tafeln eine Auswahl aus diefer Samm-
lung von Zeichnungen enthält, drängt fich
der Gedanke auf, mit Erinnerung an ver-
gangene Tage, wie wenig es doch die
Holländer verbanden haben, diefes Wißen
und diefe Sammelinitiative für ihre öffents
liehe Kunfipflege nutzbar zu machen. Was
hätte Hofftede de Groot in all den Jahren
für das Rijksmufeum zu leiben vermocht!
Freilich hört man von feinem großherzigen
Entfchluß, die Privatfammlung oder doch
erhebliche Teile davon öffentlichen Inbi-
tuten feines Heimatlandes zu hinterlaßen.
Die von Felix Becker mit aller Sorgs
falt redigierte Publikation bringt von den
RembrandtsZeichnungen nur 15. Diefe
Zurückhaltung erfcheint infofern berechtigt,
als Hofftede de Groot felbft fchon vor
einigen Jahren einen Band mit feinen Rem-
brandts Zeichnungen herausgegeben hat,
abgefehen von dem großen Korpus, den
Lippmann begonnen und er weitergeführt
hat und der die allermeiften Blätter ent-
hält, die fich jetzt in feinem Befitze be-
finden. Einige der beiten Stücke kehren
in der vorliegenden Publikation wieder,
und mehrere werden hier zum erben Male
reproduziert.
Bei kritifcher Betrachtung der Rembrandts
Zeichnungen gilt es, den fchmalen Weg der
Wahrheit zu finden zwifchen unfruchts
barer Negation und läffiger Gläubigkeit.
Sicherlich ift v. Seidlitz mit feinen An-
griffen gegen die befonders fchöne Reihe
aus dem Befitze Hefeltines bei Gelegen^
heit der Amfterdamer Verweigerung von
Blättern aus diefer Sammlung zu weit ge-
gangen. Hofftede de Groot neigt zu pofitiv
anerkennender Beurteilung, wie Sammlers
naturen zu tun pflegen, und hat damit,
wie mir fcheint, in den meiften Fällen
recht behalten.
Was die hier abgebildeten Rembrandts
Zeichnungen betrifft, hege ich nur vor
zweien Zweifel, nämlich vor dem fitzens
den Rabbiner <Taf. 27>, der, wenn ich recht
fehe, nicht etwa jugendlich befangen, fons
dern oberflächlich und verftändnislos ge-
zeichnet ift, fowie vor dem »Mofes«
titulierten Blatte <Taf. 39>, das für mein
Auge die Gebrechen einer Kopie aufs
weift. Alles Übrige ift vollwertig und teils
weife vom höchften Range, wie die in
ihrer düfteren Mäßigkeit überwältigende
Anficht einer Kathedrale, mit dem Datum
1640, die, wie Hofftede de Groot nachs
gewiefen hat, St, Albans bei London dars
bellt und als eines der Beweisbücke für
einen Aufenthalt des Meifters auf britifchem
Boden wertvoll ift.
Das Studium der RembrandtsZeich-
nungen, das ftets in den endlofen Streit