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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 58.1922/​1923 (Oktober-März)

DOI issue:
Nr. 15
DOI article:
Kuhn, Alfred: Der Fall Chagall: anlässlich der ersten Kollektiv-Ausstellung bei Lutz & Co. (ehemals van Diemen) in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.41225#0297

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KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER:
CURT GLASER ■ GUSTAV KIRSTEIN ■ HANS TIETZE
VERANTWORTLICHE REDAKTION:
ALFRED KUHN
NR. 16 19. JANUAR 1923

Ein fendungsftelle für alle Manufkripte, außer Österreich und München: Dr.Alfred Kuhn,
B erli n = F r i e d e n au, F rege fir. 26, Tel.: Rheingau 170 'Für Ölt erreich: Wien er Redaktion, Prof.
Dr. H. Tietze,WienXIX, Armbruitergaffe20-FürMünchen:Mün<henerRedaktion,Dr, Hans
Rupe, München, Widenmayerltr. 39III ■ Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hofpitalltr. 11a

DER FALL CHAGALL
ANLÄSSLICH DER ERSTEN KOLLEKTIV-AUSSTELLUNG BEI LUTZ 'S) CO.
(EHEMALS VAN DIEMEN) IN BERLIN
DIE harke öftliche Welle, die in das lange vor dem Kriege in Welteuropa
vorbereitete Becken nun in breiten Fluten hereinftrömt, mancherlei
Trübes und Schlammiges mit lieh führend, gleichwie bei einem Dammbruch die
hereinltürzenden Gewälfer mit der furchtbaren Kraft fich befreiender elemen-
tarer Gewalten alles mit fich reißen, was fie auf ihrem Wege finden, diefe
Woge hat in Deutfchland auf ihrem Kamme eine ruffifche Künftlerkolonie
hereingeführt, die in nicht geringem Maße das Intereffe der Öffentlichkeit in
Anfpruch nimmt. Wefentliche, der Kunft und der kultivierten Lebensführung
gewidmete Blätter haben fich ihrer in befonderem Maße angenommen, eine
materiell wie ideell, durch die Pracht ihrer Aufmachung, wie durch ihre un-
vergleichliche Lage an der großen, traditionellen Fremdenpromenade Berlins
hervorragende Neugründung unter den hauptfächlichften Kunftfalons hat mit
einer ruffifchen Kunftfchau geglaubt, ihre Wirkfamkeit beginnen zu muffen,
eine Ausheilung, über die in diefem Blatte <Nr. 6> damals gefprochen wurde, und
nun gibt eben diefes Kunfthaus als zweite Ausheilung einem ruffifchen Künhler
das Wort, deffen Name in den letzten Jahren einen europäifchen Klang ge-
wonnen hat, Marc Chagall. Da ergibt fich für uns die Pflicht, die Frage
zu prüfen: Ih es berechtigt, nachdem foeben eine große ruffifche Kunftfchau
in diefen Räumen zum Abfchluß gelangte, als zweite wiederum eine ruffifche
zu veranhalten in Gehalt Marc Chagalls? Handelt es fich hier tatfächlich
um einen Künhler von fo hohem und vielleicht einzigem Range, wie es viele
feiner Verehrer fagen, fo daß hierin ein vollgültiger Entfdhuldigungsgrund
für das galtgebende Kunfthaus gefunden werden kann, dem, wie man fonh
meinen könnte, die Pflicht erwachfen wäre, der behen deutfehen Künftlerfchaft
die Möglichkeit zu eröffnen, fich dem Fremdenpublikum zu zeigen, das jene
Stadtgegend füllt? Diefe Frage ih für uns zu unterfuchen.
Der erfte Eindruck ift überwältigend, wenn man, die Ausheilung durch-
 
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