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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 58.1922/​1923 (Oktober-März)

DOI issue:
Nr. 15
DOI article:
Gall, Ernst: Adolph Goldschmidt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41225#0273

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KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER:
CURTGLASER • GUSTAV KIRSTEIN ■ HANSTIETZE
VERANTWORTLICHE REDAKTION:
ALFRED KUHN
NR. 15 12. JANUAR 1923

Einfendungsftelle für alle Manufkripte, außer Österreich und München: Dr. Alfred Kuhn,
Berlin^ Friedens u,FregeItr. 26,Tel-:Rheingaul70 'FürÖlterreich: W iener Redaktion,Prof.
Dr. H. Tietz e, Wien XIX, Arm br ult er gaffe 20 • Für München : Münchener Redaktion, Dr, Hans
Rupe,München, Widenmayerftr. 39III • Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hofpitalltr. 11a

ADOLPH GOLDSCHMIDT
EINIGE WORTE ZU SEINEM SECHZIGSTEN GEBURTSTAGE
VON ERNST GALL

ÄM 15. Januar feiert Adolph Goldfchmidt feinen fechzigften Geburtstag.
■ Hamburger von Geburt, vertritt er jetzt als Wölfflins Nachfolger feit
rund zehn Jahren die kunftgefchichtliche WilTenfchaft an der Berliner llni-
verfität und Akademie, für die er von Halle her berufen wurde, wo der
frühere Schüler Anton Springers der jungen Disziplin eine Stätte emfigfter
Lehu= und Forfchungstätigkeit gefchaffen hatte. Damals, als er das Berliner
Katheder betrat, folgte ihm die anhängliche Schar feiner Schüler,- fie und alle
diejenigen, die (ich in Berlin dazu gefeilten, grüßen ihn heute dankbar mit
allen, denen eine WilTenfchaft freudevoller Beruf geworden ift, in der die
Methode weniger als fonft und die perfönliche Fähigkeit alles bedeutet.
Ein geiftvoller Forfcher hat einmal angedeutet, die Kunltgefchichte folle
fich nicht bemühen, WilTenfchaft zu werden — was ein Paradoxon fcheint,
wenn man an den Eifer denkt, den ein ganzes Jahrhundert diefem Streben
gewidmet hat, aber voll erfahrungsreichfter Wahrheit gefunden wird, wenn
man erlebt hat, daß es zunächft auf das Bemühen nicht ankommt, fondern
auf jene heimliche Intuition, die man in auffteigender Linie als Sehvermögen,
Stilgefühl oder Kennerfchaft bezeichnen mag.
Die Summe vieler fo gewonnener Erkenntnifie macht freilich keine WifTen-
fchaft aus, fie ift Grundlage für eine weiterreichende Zielfetzung, mag nun die
Aufhellung gefchichtlicher Zufammenhänge oder die Bloßlegung gewißer imma-
nenter Gefetze als Erfolg erftrebt werden. In Erfüllung folcher Aufgaben ift
natürlich auch die Kunltgefchichte »objektive« Geifteswifienfchaft — nicht mehr
oder weniger als jede andere. Ihr diefe Anerkennung mit feiner Arbeit er-
rungen zu haben, ift eins der wefentlichften Verdienfte Adolph Goldfchmidts.
Daß fein Blick auf das »kritifche Sehen«, auf die fubtile Kennerfchaft und dann
die Durchleuchtung hiftorifchen Gefchehens mehr als auf die Gruppierung des
Stoffes nach einer künftlerifchen Gefetzmäßigkeit gerichtet ift, ift Veranlagung —
aber noch etwas anderes, das nur allzu leicht überfehen wird.
 
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