Der Münchener Maler Jakob Heitzinger — Literatur
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feinem Gläubiger, dem Juden Mayr, als Entgelt für die Schuldfumme ge-
malt habe. Dagegen fprechen: einmal die für damalige Bilderpreife erheblich
hohe Summe, dann der Umltand, daß Mayr als Jude mit der Tafel doch nicht
viel anfangen konnte,- denn ein Handel mit kirchlichen Tafelbildern dürfte in
jener fehr antifemitifch geftimmten Zeit — man denke an die Judenverfolgungen
in Palfau und Regensburg — für einen Juden wohl nicht möglich gewefen fein.
Vielleicht lag die Sache fo: Heitzinger konnte fich durch glückliche Fügung
von feiner Schuld löfen und ftiftete dann als Dank für die göttliche Hilfe die
Tafel mit dem gepeinigten Heiland, auf die er kurzweg den Schuldfchein ver»
ewigte, etwa wie ein Kranker zum Dank für wunderbare Heilung das breite
hafte Glied als wächferne Votivgabe der Kirche fpendet.
LITERATUR
JultusBier,Nürnbergifch»fränkifche
Bildnerkunft. Verlag von Friedrich
Cohen in Bonn. 1922.
H. Höhn, Nürnberger gotifche Pia»
ftik. Verlag J. L. Schräg. Nürnberg 1922,
HubertWilm, MittelalterlichePlaltik
imGermanifchen Nationalmuleum
zu Nürnberg. Im Holbein = Verlag.
München 1922.
Es mag ein Zufall fein, daß diele drei
gleichzeitig erfcheinenden Bilderhefte fich
ganz oder teilweife mit der Nürnberger
Plaftik des Mittelalters befchäftigen. Cha»
rakteriftifch jedenfalls ift die Einheitlichkeit
des Budhtypus, der in Format und Anlage
an Langewiefches vor dem Krieg erfchienene
Bilderhefte anknüpft, und der eine Reihe
von Verlegern zur Herausgabe ganzer
Serien ermutigt hat. Die Mehrzahl der
in der letzten Zeit erfchienenen Bände
erhebt nicht den Anfpruch, der Forfchung
zu dienen. Aber es liegt auf der Hand,
welche Bedeutung fie als Materialfamm»
lungen, als Nachlchlagewerke für den Stu»
dierenden und für den Fachmann gewinnen
köm en, wenn die Themen glücklich abge»
grenzt werden und die Auswahl der Bilder
nicht von Zufälligkeilen abhängt, fondern
den Willen zeigt, das erreichbare Befte des
Gebiets planmäßig zu ordnen und darzu»
bieten. Die »Anregung« des großen Pu»
blikums wird fich von felblt einltellen und
vor allem — das Interefle wird Vorhaben,
wenn der Auswahl ein klarer Gedanke,
eine innere Notwendigkeit zugrunde liegt.
Von den drei vorliegenden Heften fucht
ein jedes nach einem Leitgedanken. Aber
das einemal läßt die Wahl des Themas
felbft, das anderemal feine Durchführung
noch viel zu wünfchen übrig.
Am einheitlichften in der Zielfetzung
ift Bier, Er verzichtet von vornherein
auf jede entwicklungsgefchichtliche Wür»
digung feiner Gegenftände,- feine kurze
und gut geichriebene Einführung will
lediglich zeigen, wie die Nürnbergifche
Kunft, und im befonderen die Plaftik,
die hier den Vorrang behauptet, in fich
eine Einheit ift, wie fie hervorwächft
aus dem befonderen Wefen der Stadt»
und weiterhin der fränkifchen Land»
fchaft und Stammesart. Ein fruchtbarer
und gerade zur Einführung, zur Erwek-
kung des Intereffes an diefer Kunft gewiß
lehr geeigneter Gedanke. Kein Zweifel
auch, daß etwas von dem Nürnbergifchen
Stil, feine Herbigkeit, Trockenheit und
Erdenfehwere, dabei mühelos und ein»
drucksvoll entwickelt wird. Blättert man
aber das Bildermaterial durch, fo zeigt fich
freilich auch, daß der landfchaftliche Ge»
fichtspunkt gerade bei den beiten Werken
nicht ausreicht. Bei einzelnen mittelalter»
liehen Weiken, wie der Katharina von S,
Sebald und der Berliner Fürftenftatue, die
der Verfaffer, der älteren Überlieferung
folgend, S. Georg nennt, folgt man ihm
zweifelnd. Bei Künltlerperfönlichkeiten,
die klarer vor uns liegen, läßt er den
Lefer im Stich. Veit Stoß, die Vifcher»
fche Werkftatt, Peter Flölner find weder
im Text nach ihrem Wert gekennzeichnet,
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feinem Gläubiger, dem Juden Mayr, als Entgelt für die Schuldfumme ge-
malt habe. Dagegen fprechen: einmal die für damalige Bilderpreife erheblich
hohe Summe, dann der Umltand, daß Mayr als Jude mit der Tafel doch nicht
viel anfangen konnte,- denn ein Handel mit kirchlichen Tafelbildern dürfte in
jener fehr antifemitifch geftimmten Zeit — man denke an die Judenverfolgungen
in Palfau und Regensburg — für einen Juden wohl nicht möglich gewefen fein.
Vielleicht lag die Sache fo: Heitzinger konnte fich durch glückliche Fügung
von feiner Schuld löfen und ftiftete dann als Dank für die göttliche Hilfe die
Tafel mit dem gepeinigten Heiland, auf die er kurzweg den Schuldfchein ver»
ewigte, etwa wie ein Kranker zum Dank für wunderbare Heilung das breite
hafte Glied als wächferne Votivgabe der Kirche fpendet.
LITERATUR
JultusBier,Nürnbergifch»fränkifche
Bildnerkunft. Verlag von Friedrich
Cohen in Bonn. 1922.
H. Höhn, Nürnberger gotifche Pia»
ftik. Verlag J. L. Schräg. Nürnberg 1922,
HubertWilm, MittelalterlichePlaltik
imGermanifchen Nationalmuleum
zu Nürnberg. Im Holbein = Verlag.
München 1922.
Es mag ein Zufall fein, daß diele drei
gleichzeitig erfcheinenden Bilderhefte fich
ganz oder teilweife mit der Nürnberger
Plaftik des Mittelalters befchäftigen. Cha»
rakteriftifch jedenfalls ift die Einheitlichkeit
des Budhtypus, der in Format und Anlage
an Langewiefches vor dem Krieg erfchienene
Bilderhefte anknüpft, und der eine Reihe
von Verlegern zur Herausgabe ganzer
Serien ermutigt hat. Die Mehrzahl der
in der letzten Zeit erfchienenen Bände
erhebt nicht den Anfpruch, der Forfchung
zu dienen. Aber es liegt auf der Hand,
welche Bedeutung fie als Materialfamm»
lungen, als Nachlchlagewerke für den Stu»
dierenden und für den Fachmann gewinnen
köm en, wenn die Themen glücklich abge»
grenzt werden und die Auswahl der Bilder
nicht von Zufälligkeilen abhängt, fondern
den Willen zeigt, das erreichbare Befte des
Gebiets planmäßig zu ordnen und darzu»
bieten. Die »Anregung« des großen Pu»
blikums wird fich von felblt einltellen und
vor allem — das Interefle wird Vorhaben,
wenn der Auswahl ein klarer Gedanke,
eine innere Notwendigkeit zugrunde liegt.
Von den drei vorliegenden Heften fucht
ein jedes nach einem Leitgedanken. Aber
das einemal läßt die Wahl des Themas
felbft, das anderemal feine Durchführung
noch viel zu wünfchen übrig.
Am einheitlichften in der Zielfetzung
ift Bier, Er verzichtet von vornherein
auf jede entwicklungsgefchichtliche Wür»
digung feiner Gegenftände,- feine kurze
und gut geichriebene Einführung will
lediglich zeigen, wie die Nürnbergifche
Kunft, und im befonderen die Plaftik,
die hier den Vorrang behauptet, in fich
eine Einheit ift, wie fie hervorwächft
aus dem befonderen Wefen der Stadt»
und weiterhin der fränkifchen Land»
fchaft und Stammesart. Ein fruchtbarer
und gerade zur Einführung, zur Erwek-
kung des Intereffes an diefer Kunft gewiß
lehr geeigneter Gedanke. Kein Zweifel
auch, daß etwas von dem Nürnbergifchen
Stil, feine Herbigkeit, Trockenheit und
Erdenfehwere, dabei mühelos und ein»
drucksvoll entwickelt wird. Blättert man
aber das Bildermaterial durch, fo zeigt fich
freilich auch, daß der landfchaftliche Ge»
fichtspunkt gerade bei den beiten Werken
nicht ausreicht. Bei einzelnen mittelalter»
liehen Weiken, wie der Katharina von S,
Sebald und der Berliner Fürftenftatue, die
der Verfaffer, der älteren Überlieferung
folgend, S. Georg nennt, folgt man ihm
zweifelnd. Bei Künltlerperfönlichkeiten,
die klarer vor uns liegen, läßt er den
Lefer im Stich. Veit Stoß, die Vifcher»
fche Werkftatt, Peter Flölner find weder
im Text nach ihrem Wert gekennzeichnet,