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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 58.1922/​1923 (Oktober-März)

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Nr. 6
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Belling, Rudolf: Skulptur und Raum
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https://doi.org/10.11588/diglit.41225#0111

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KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER:
CURTGLASER • GUSTAV K1RSTEIN ■ HANSTIET2E
VERANTWORTLICHE REDAKTION:
ALFRED KUHN
NR. 6 10. NOVEMBER 1922
Ein fendungs (teile für alle Manufkripte, außer Österreich und München: Dr. Alfred Kuhn,
Berlin = Friedenau, Fregeltraße26' Für Ölt er reich: Wiener Redaktion, Prof. Dr. H. Tietz e,
Wien XIX, Armbrultergaffe 20 • Für München: Münchener Redaktion, Dr. Hans Rupe,
München, WidenmayerItraße 39III ■ Verlag von E.A. Seemann, Leipzig, Hofpitalftraße 11a

SKULPTUR UND RAUM
VON RUDOLF BELLING
Aus dem Gefühl heraus, daß Äußerungen wefentlicher bil-
dender Künftler über ihr Schaffen an fich ßbon intereffant und der
Veröffentlichung wert find, geben wir in Folgendem Ausführungen
Rudolf Bellings über das plafiifche Problem. D. Red.
SKULPTUR ift Synthefe von Plaftik und Raum! Bei einer vollkommenen
Skulptur treten der plafiifche Körper und der Raumkörper als gleiche Werte
auf. Es ift daher falfch, von der Bildwirkung der Skulptur zu fprechen, ebenfo
falfch, wie wenn man von einer Flächenwirkung des Raumes fprechen wollte.
Die Skulptur ift dreidimenfional, das Bild ift zweidimenfional,- oder: Die
Skulptur ift Raum und Plaftik, das Bild ift Fläche. Von hier aus die gefamte,
bis in die letzte Zeit gefchaffene Skulptur betrachtet, ergibt fich ein klarer Über-
blick und die Möglichkeit einer Bewertung fämtlicher Epochen des fkulpturellen
Schaffens. Das Altertum zeigt Skulptur ftets in Verbindung mit Architektur,
Die Skulptur war Raummoment, half den Raum gehalten oder wurde durch
den Raum geftützt. Die Frontaleinftellung ergab fich aus dem Wefen diefer
Skulptur, die meiftens den Begrenzungen des architektonifchen Raumkörpers
plaftifche Unterbrechungen und Gliederung bedeutete, darum auch oft bewußt
reliefmäßig aufgeftellt wurde. Vertikale und Horizontale wurden durch bewegte
Formen rhythmifch unterbrochen. Es war in erfter Linie alles auf den Gefamt-
eindruck eingeftellt; eins ordnete fich dem andern unter, und man erhielt die
heute fo bewunderte Harmonie der Bauten alter Kulturvölker. Auch im Mittel«
alter war die Hauptaufgabe der Skulptur, fich der Architektur einzuordnen
oder fich ihrer zur Unterftützung der eigenen Wirkung zu bedienen. Erft
gegen Ende der Renaifiance begann fich außer dem dekorativen und architek«
tonifchen Zwecke noch ein Problem der Rundfkulptur bemerkbar zu machen,
Der Kontrapoft wurde in Einzelkompofitionen ein befonders betontes Moment
und deutete den Weg an, der im »Raub der Sabinerinnen« des Giovanni da
Bologna fchon zu einem klaren Refultat führte. Hier ift fchon ein klaffifches
Beifpiel des Raumproblems der Skulptur, eine klare Spiralkompofition. Diefes
 
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