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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 58.1922/​1923 (Oktober-März)

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Nr. 4
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Kuhn, Alfred: August Gaul: anlässlich seiner Gedächtnisausstellung in der Akademie der Künste
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https://doi.org/10.11588/diglit.41225#0071

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Auguft Gaul anläßlich feiner Gedächtnisausftellung in der Akademie der Kiinite 65
mit den Pinguinen von Gaul, fo erkennt man, daß es lieh hier um dasfelbe
Problem handelt, das beide Künftler in gleicher Weife gelölt haben, wenn
auch der Rumäne auf die Spitze getrieben. Bei den Schafen, den Enten, den
Katzen ilt es immer wieder die Eiform, die einfache fphärifche Linie, die lockt.
Die Katze hebt den Buckel. Sphärifche Formen werden addiert, die einzel-
nen Objekte mit ihren Elementen einfach auf fie reduziert. So ftrömen
diefe Werke ein Gefühl völliger Zuverläffigkeit aus,- der nach abfoluten Ant-
worten begierige Menfch wird in ihnen befriedigt, wie in den Objekten der
ägyptifchen und afiatifchen Kleinplaltik, an denen Gaul zweifellos gelernt hat.
Will man fich davon überzeugen, wie diefe einfache Konturlinie, diefe ewige.
Eiform letzter, immer wacher Trieb jenes Mannes gewefen ilt, fo wende man
nur einen Blick auf die Zeichnungen, die in der Akademie ausgeltellt find.
Sie überzeugen.
Die Frage, die wir am Anfänge heilten, kann nun beantwortet werden.
Nicht in den liebenswürdigen Sujets Augult Gauls, die ihm die Sympathie
des Publikums gebracht haben und die ihm wohl dauernd eine Gemeinde
bewahren werden, liegt sein Verdienlt befchlolTen, auch nicht in der lauberen
Kunltgewerblichkeit feiner kleinen Objekte, die auf jedem Tifchchen und in
jeder Vitrine gute Figur machen. Sein Verdienlt liegt in der Erfalfung des
plaftifchen Problems im Sinne der großen klaffifchen Tradition, nämlich als
Kubik, Statik und Dauer. Hier hat Gaul, wenn auch ausgehend von
Gefchöpfen der umgebenden Natur, selbltändig neue und nur ihm eigene
Wefen gefchaffen. Ähnlich wie die Affyrer, die Ägypter hat er die Über-
führung des naturaliltifchen Tieres in die Welt der Plaltik vollzogen, er hat
das Tier plaltifch hoffähig gemacht. Zwilchen den gefiederten und fellbedeckten
Gefchöpfen der zoologifchen Gärten und jenen Gauls liegt eine Welt. Dies
wird meilt überfehen. Das Tier Gauls hat im einzelnen recht wenig mit
dem Tier der Natur zu tun, aber es wirkt als Natur, da die Gefetze, die
es aus feines Verfertigers Hand empfing, die der Plaltik find.
 
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