Rückblick auf die Deutfche Gewerbefchau, München
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während der Schau zu groß, als daß das Mißverhältnis zwilchen dem Luxus, der
dort entfaltet wurde, und unferer wirtfchaftlichen Lage nicht hätte in die Augen
fpringen müßen,- denn vier Fünftel der ausgeftellten Objekte dienten dem Luxus,
und man fpürte kaum irgendwo in der Gebrauchskunft das Streben nach
finngemäßer Vereinfachung (am auffälligften in der Möbelabteilung>,
Ideell zeigten manche Entwürfe zur Bühnendekoration die Tendenz zum
vereinfachenden Fortfehritt und erfüllten die Forderung, die Adolf von Hildebrand
bereits 1908 in einem Auffatze über das Künftlertheater formuliert hat: »Das
Maß zu finden für den Augeneindruck, infofern es nur die Situation ftützt,
nicht aber die Aufmerkfamkeit auf fich lenkt und abzieht«.
Schließlich noch ein Wort über die Ausheilung kirchlicher Kunft und die
Dombauhütte, die umftrittenfte Abteilung der ganzen Gewerbefchau, die den
extremen Gegenfatz zu der gleichzeitig in der Münchener Refidenz veranftalte-
ten Jubiläumsausftellung der Deutfchen Gefellfchaft für Chriftliche Kunft mit
polemifcher Schärfe vertrat. Gewiß koftete die Konkurrenz mit einer geiltest
matten und jedem frifchen Impuls feindlich verfchloßenen Gefinnung keinen
ernften Kampf,- es fragt fich nur, ob der Wille zum Stil, wie er fich hier
manifeftierte, den Antrieb in eine dauernde Kraft umzufetzen vermag. Die
tönenden Worte, die bei Eröffnung der Dombauhütte über religiös-foziale
Gemeinfchaftskunft gefprochen wurden, konnten nicht über den Zwiefpalt
hinwegtäufchen, der zwifchen der bloßen Forderung und dem Fehlen der
vornehmßen Bedingung jedes religiöfen Gemeinfchaftserlebniffes und Stiles
befteht, nämlich, daß die Kirche aus fich heraus, wie in früheren Zeiten, die
Form der Liturgie mit neuem Leben erfülle. Aus den Ateliers der bildenden
Künftler und den Werkftätten der Architekten allein werden fchwerlich Entwürfe
und Kunftwerke von chriftlichem Geilte hervorgehen, die ftilbildende Kraft
befitzen, folange die Kirche nicht felbft in freier und großzügiger Art als
Auftraggeberin erfcheint. Es mehren lieh die Stimmen aus dem katholifchen
Lager, die eine Regeneration der kirchlichen Kunft von Grund aus verlangen
ich verweile auf die trefflichen Ausführungen von Georg Lill im November-
heft XX der Zeitfchrift »Hochland«.
Was in der Dombauhütte gezeigt wurde, angefangen vom Bau (Peter
Behrens) war zum größten Teil von individualiftifcher Willkür und dekorativem
Spielbetrieb beftimmt, der fich in naiver und äußerlicher Weife des früh-
chriftlichen und romanifchen Formenfdhatzes bediente. Fruchtbarer erfchienen
dagegen alle die Beftrebungen, die Materialgerechtigkeit und Vergeiftigung
der Technik fuchten, namentlich die ausgeftellten Glasgemälde (Thorn^Prikker,
Seewald ufw.) bewiefen die echte Sehnfucht der Zeit nach monumentalen
Aufgaben.
*
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während der Schau zu groß, als daß das Mißverhältnis zwilchen dem Luxus, der
dort entfaltet wurde, und unferer wirtfchaftlichen Lage nicht hätte in die Augen
fpringen müßen,- denn vier Fünftel der ausgeftellten Objekte dienten dem Luxus,
und man fpürte kaum irgendwo in der Gebrauchskunft das Streben nach
finngemäßer Vereinfachung (am auffälligften in der Möbelabteilung>,
Ideell zeigten manche Entwürfe zur Bühnendekoration die Tendenz zum
vereinfachenden Fortfehritt und erfüllten die Forderung, die Adolf von Hildebrand
bereits 1908 in einem Auffatze über das Künftlertheater formuliert hat: »Das
Maß zu finden für den Augeneindruck, infofern es nur die Situation ftützt,
nicht aber die Aufmerkfamkeit auf fich lenkt und abzieht«.
Schließlich noch ein Wort über die Ausheilung kirchlicher Kunft und die
Dombauhütte, die umftrittenfte Abteilung der ganzen Gewerbefchau, die den
extremen Gegenfatz zu der gleichzeitig in der Münchener Refidenz veranftalte-
ten Jubiläumsausftellung der Deutfchen Gefellfchaft für Chriftliche Kunft mit
polemifcher Schärfe vertrat. Gewiß koftete die Konkurrenz mit einer geiltest
matten und jedem frifchen Impuls feindlich verfchloßenen Gefinnung keinen
ernften Kampf,- es fragt fich nur, ob der Wille zum Stil, wie er fich hier
manifeftierte, den Antrieb in eine dauernde Kraft umzufetzen vermag. Die
tönenden Worte, die bei Eröffnung der Dombauhütte über religiös-foziale
Gemeinfchaftskunft gefprochen wurden, konnten nicht über den Zwiefpalt
hinwegtäufchen, der zwifchen der bloßen Forderung und dem Fehlen der
vornehmßen Bedingung jedes religiöfen Gemeinfchaftserlebniffes und Stiles
befteht, nämlich, daß die Kirche aus fich heraus, wie in früheren Zeiten, die
Form der Liturgie mit neuem Leben erfülle. Aus den Ateliers der bildenden
Künftler und den Werkftätten der Architekten allein werden fchwerlich Entwürfe
und Kunftwerke von chriftlichem Geilte hervorgehen, die ftilbildende Kraft
befitzen, folange die Kirche nicht felbft in freier und großzügiger Art als
Auftraggeberin erfcheint. Es mehren lieh die Stimmen aus dem katholifchen
Lager, die eine Regeneration der kirchlichen Kunft von Grund aus verlangen
ich verweile auf die trefflichen Ausführungen von Georg Lill im November-
heft XX der Zeitfchrift »Hochland«.
Was in der Dombauhütte gezeigt wurde, angefangen vom Bau (Peter
Behrens) war zum größten Teil von individualiftifcher Willkür und dekorativem
Spielbetrieb beftimmt, der fich in naiver und äußerlicher Weife des früh-
chriftlichen und romanifchen Formenfdhatzes bediente. Fruchtbarer erfchienen
dagegen alle die Beftrebungen, die Materialgerechtigkeit und Vergeiftigung
der Technik fuchten, namentlich die ausgeftellten Glasgemälde (Thorn^Prikker,
Seewald ufw.) bewiefen die echte Sehnfucht der Zeit nach monumentalen
Aufgaben.
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