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Graphifche Notizen zum »Embarquement pour Cythere«
Im BerlinerEmbarquement pour Cythere
bildet eine Marmorgruppe den abfchließenden
Pfeiler zur Rechten: eine Venus, die dem
kleinen Amor den Köcher genommen hat,
der ihn erregt reklamiert <Abb. 1>, Als
reizvolles Gegenüber zu dem im Stein fo
lebendigen Gefellen zwei andere Amoretten
von Fleifch und Blut, der eine fitzt zu
Füßen der Venus und greift nach einem
Zweig, der andere klettert ihr über den
<B, XIV, 311), Abb. 2. Das unklare Motiv
dort — Bartfeh befchreibt es, Venus bücke
fich, um Amor zu küßen —- hat Watteau
fallen gelaßen und einen beliebten Con»
cetto, Venus, die ftrafweife Amor den
Köcher fortnimmt, der auffälligen Stellung
der Venus unterfchoben. Diefe Veränderung
des Motivs verlegt auch den Schwerpunkt
der Gruppe, aus dem breitbafierten Re»
naißanceaufbau wird eine fchwankende
Abb.l. Ausfchnitt aus Watteaus »Embarquement«
Rücken. Bei der Ökonomie, mit der Wat»
teau die Elemente feiner Vorftellungswelt
ausnützt, darf es uns nicht wundernehmen,
die Gruppe noch ein zweites Mal und in
der gleichen kompofitionellen Funktion im
Dresdner Liebesfelt zu finden, nur daß in
der gefellfchaftlichen Sphäre diefes Bildes
die lebendigen Amoretten fie nicht mehr
umgaukeln.
Das Motiv der Venus, der ßehenden
Frau mit dem vorgeneigten und gedrehten
Oberkörper und dem Kopf, der über die
Schultern nach rechts hinüberblickt, hat
Watteau bei Marc Anton kennen gelernt
Abb. 2. Kupferftidi Marc Antons
<B XIV, 311>
Blüte. Vom Ganzen ins Einzelne greift
die Wandlung durch. Die Glieder, die bei
Marc Anton Rehen und faßen, laufen fpitz
aus, ihr funktioneller Ausdruck iß ver»
wifcht; das runde Gefleht mit dem krönen»
den Haarfchmuck wird zartes Oval, die
heitere Gleichmütigkeit füße Verfchmitzt»
heit. So iß von der Venus des Marc
Anton nichts geblieben, nichts vom Geifi
und nichts von der Form, die fich den
Geifi fchafft —- nichts als das Bewegungs»
motiv und feine lineare Abgrenzung gegen
die Umgebung, das letzte Erinnerungsbild
der Kompofition. So nichtsfagend für das
Graphifche Notizen zum »Embarquement pour Cythere«
Im BerlinerEmbarquement pour Cythere
bildet eine Marmorgruppe den abfchließenden
Pfeiler zur Rechten: eine Venus, die dem
kleinen Amor den Köcher genommen hat,
der ihn erregt reklamiert <Abb. 1>, Als
reizvolles Gegenüber zu dem im Stein fo
lebendigen Gefellen zwei andere Amoretten
von Fleifch und Blut, der eine fitzt zu
Füßen der Venus und greift nach einem
Zweig, der andere klettert ihr über den
<B, XIV, 311), Abb. 2. Das unklare Motiv
dort — Bartfeh befchreibt es, Venus bücke
fich, um Amor zu küßen —- hat Watteau
fallen gelaßen und einen beliebten Con»
cetto, Venus, die ftrafweife Amor den
Köcher fortnimmt, der auffälligen Stellung
der Venus unterfchoben. Diefe Veränderung
des Motivs verlegt auch den Schwerpunkt
der Gruppe, aus dem breitbafierten Re»
naißanceaufbau wird eine fchwankende
Abb.l. Ausfchnitt aus Watteaus »Embarquement«
Rücken. Bei der Ökonomie, mit der Wat»
teau die Elemente feiner Vorftellungswelt
ausnützt, darf es uns nicht wundernehmen,
die Gruppe noch ein zweites Mal und in
der gleichen kompofitionellen Funktion im
Dresdner Liebesfelt zu finden, nur daß in
der gefellfchaftlichen Sphäre diefes Bildes
die lebendigen Amoretten fie nicht mehr
umgaukeln.
Das Motiv der Venus, der ßehenden
Frau mit dem vorgeneigten und gedrehten
Oberkörper und dem Kopf, der über die
Schultern nach rechts hinüberblickt, hat
Watteau bei Marc Anton kennen gelernt
Abb. 2. Kupferftidi Marc Antons
<B XIV, 311>
Blüte. Vom Ganzen ins Einzelne greift
die Wandlung durch. Die Glieder, die bei
Marc Anton Rehen und faßen, laufen fpitz
aus, ihr funktioneller Ausdruck iß ver»
wifcht; das runde Gefleht mit dem krönen»
den Haarfchmuck wird zartes Oval, die
heitere Gleichmütigkeit füße Verfchmitzt»
heit. So iß von der Venus des Marc
Anton nichts geblieben, nichts vom Geifi
und nichts von der Form, die fich den
Geifi fchafft —- nichts als das Bewegungs»
motiv und feine lineare Abgrenzung gegen
die Umgebung, das letzte Erinnerungsbild
der Kompofition. So nichtsfagend für das