Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Voss, Georg [Hrsg.]; Lehfeldt, Paul [Bearb.]
Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens (Band 1,1): Kreis Meiningen: Amtsgerichtsbezirk Meiningen (die Stadt Meiningen und die Landorte) — Jena, 1909

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.19308#0033
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Memmgen. Geschichte des Amtsgerichtsbezirks Meimngeu.

13

gegangen und besass Reichsgut zu Lehen. Das Streben der Reichsritterschaft nach
Erlangung der Reichsunmittelbarkeit ist aus der deutschen Geschichte sattsam
bekannt. In Franken war schon 1387 ein „Ritterbund" mit dem Sitz in Schwein-
furt begründet worden, an dessen Spitze ein „König" nebst zwei Räten, aus der
Mitte der Verbündeten gewählt, stand. Diesem Bund gehörten unter anderen
folgende hennebergische Ritter an : die v. Bibra, v. Ostheim, v. Stein, v. d. Tann.
Im 15. Jahrhundert traten die Ritter zum Schutze ihrer Reichsfreiheit zu drei
Ritterkreisen, Schwaben, Franken und am Rhein, zusammen, die sich 1577 zu einem
Gesammtbunde der Reichsritterschaft vereinten. 1650 erfolgte eine durchgreifende
Revision der reichsritterschaftlichen Verfassung. Jeder Kreis stand unter einem
Director und zerfiel wieder in einzelne „Kantone" oder „Orte"; einer der sechs
fränkischen Orte war „Rhön-Werra" benannt, zu welchem die hier in Betracht
kommenden hennebergischen Adligen gehörten. Dieser Ort war einem Ritterhaupt-
mann unterstellt, der seinen Sitz in der freien Reichsstadt Schweinfurt hatte. Im
Vertrauen auf die erwähnte Einigung suchte der Ritter Landesherr auf seinem Grund
und Boden und alleiniger Gerichtsherr über seine Lehens- und Dienstleute zu werden.
Waren in einer Ortschaft mehrere Rittergeschlechter ansässig, so wurde ein gemein-
schaftliches Regiment, die „Ganerbschaft" (condominium), eingerichtet, so z. B. in
Walldorf. Die Landesfürsten traten den Bestrebungen, Staaten im Staate zu bilden,
entschieden und grösstentheils mit Erfolg entgegen. Der Reichsdeputations-
hauptschluss von 1803 machte dem Gesammtbunde ein Ende. Die zum
Kanton Rhön-Werra gerechneten reichsritterschaftlichen Orte Bauerbtich, Bibra,
Mühlfeld, Nordheim, Völkershausen, Ruppers und Walldorf waren durch den ge-
nannten „Schluss" von 1803 unter würzburgische Landeshoheit gekommen. Der
oben erwähnte Staatsvertrag von 1808 unterstellte sie endgültig der Souveränität
des Herzogthums Meiningen.

Die Erweiterung des Staatsgebietes durch den Hildburghäuser Erb ver-
trag von 1826 fällt ausserhalb des Rahmens dieses geschichtlichen Abrisses. Hier
sei bezüglich der Regierungszeit der beiden letzten Herrscher (Herzog Bern-
hard II. Erich Freund 1803—1866, Georg II. 1866 ff.) nur noch so viel
bemerkt, dass sie, abgesehen von ihren sonstigen Herrschertugenden, ihren aus-
geprägten Sinn für das Schöne durch eine Reihe hervorragender Neubauten und
Restaurationsarbeiten bethätigten, wobei sie die verschiedenen Baustile zu ihrem
Rechte kommen Hessen. Unter ihren Kunstschöpfungen — wir nennen hier
nur Schloss Landsberg, Heldburg und Altenstein ist die reine Renaissance
ebenso vertreten wie der mittelalterliche Burgenstil, und die moderne Kunstbewegung
begegnet nicht minder williger Anerkennung wie die Wiederbelebung der fränkischen
(„althennebergischen") Bauweise.
 
Annotationen