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Voss, Georg [Hrsg.]; Lehfeldt, Paul [Bearb.]
Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens (Band 1,1): Kreis Meiningen: Amtsgerichtsbezirk Meiningen (die Stadt Meiningen und die Landorte) — Jena, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.19308#0436
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Burg und Dorf Henneberg von Nordwesten gesehen.
(Das höchste Mauerstück der Burg ist der Kamin.)

Henneberg, Kirchdorf mit 562 Einwohnern und Burgruine, auf einem felsigen
Bergrücken der wasserscheidenden Höhe zwischen Main und Weser, im Südosten
des Hermannsfelder Kessels, 10,3 km südsüdwestlich von Meiningen, bekannt als
Stammsitz des hennebergischen Grafengeschlechtes.

Ueber den Ursprung der Burg, die ohne Frage als Sperrfort für die alte
hier vorbeiführende Heerstrasse von Würzburg nach Meiningen dienen sollte, be-
richtet die Sage Folgendes:

Ums Jahr 458 nach Chr. Geb. (!) fasste ein reicher, edler Römer, aus dem Ge-
schlecht der Columneser, Poppo genannt, unzufrieden mit den Zuständen im römischen
Reiche, den Entschluss, Italien zu verlassen und sich in Deutschland niederzulassen.
In dieser Absicht verkaufte er seine Schlösser und Güter, belud mit dem Erlös einen
Maulesel und zog, in Begleitung der Seinigen, durch Bayern und Schwaben nach Pranken.
Hier gefiel es ihm in der Gegend des heutigen Henneberg so ausnehmend, dass er auf
einem steilen Berge den Platz zur Erbauung einer Burg aufräumen Hess. Als bei
dieser Gelegenheit eine Berghenne (Feldhuhn) mit ihren Jungen aufflog, so nannte er
das zu erbauende Schloss „Henneberg". Auch sein altes Pamilienwappen, nämlich
eine weisse Säule mit einer goldenen Krone im rothen Pelde, soll er damals aufge-
geben und dafür eine schwarze Henne mit rothem Kamm und Bart auf einem drei-
hügeligen Berge stehend angenommen haben.

Eine andere Sage will wissen, ein vornehmer Pranke, Namens von der sule, sei
mit Kaiser Probus (276—286) nach Italien gezogen, seine Nachkommen aber seien
wieder in die Heimath zurückgekehrt und hätten das Schloss Henneberg erbaut.

Beide Erzählungen sind natürlich Erfindungen des späteren Mittelalters.

(Vgl. darüb er Spangenberg, Henneb. Chronika I, S. 18, nach Gg. Rixeners Stammbaum
I, S. 32 ff. — Wagner, Schmalkalden, S. 24. — K. Eichhorn, Henflingsprogr. 1902, S. 21;
1903, S. 4.)

Die Frage der Erbauungszeit wird dadurch nicht aufgehellt, dass sich Graf
Poppo I., der als Stammvater des hennebergischen Grafengeschlechtes angesehen
wird, in einer Stiftsurkunde von 1037 erstmalig „Graf von Henneberg" nennt.
Es ist auch nicht mehr als eine Vermuthung, wenn Benkert (im Archiv f. Unterfr.
XII, l, S. 128) die Erbauung der Burg in die Jahre 1031—1037 verlegt mit der Be-
 
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