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Geschichte der Stadt Meiningen.
Meiningen. 44
der bischöfliche Hofmeister Ritter Dr. Sebastian -von Rotenhan in einer scharfen
Strafpredigt ihr Unrecht vor und Hess sie eine Erklärung unterzeichnen, in der
sie geloben mussten: 1) die Mauern niederzulegen, wo es ihnen gezeigt würde;
2) dem Bischof den dritten Pfennig von ihrem Vermögen zu geben; 3) sofort
3000 Gulden zu erlegen; 4) die Landwehren und Befestigungen um die Stadt ein-
zuziehen ; 5) keine Wehr mehr zu tragen; 6) auf alle Privilegien, Freiheiten
und alten Herkommen zu verzichten und endlich 7) die aus dem Kloster zur Be-
festigung genommenen Leichensteine wieder an ihren alten Ort zu bringen oder
durch neue zu ersetzen. So war die Stadt aufs tiefste gedemüthigt; sie verlor
ihre allmählich unter dem bischöflichen Regiment erlangte Selbständigkeit, an Stelle
des bisherigen Gemeinderathes trat ein neuer vom Bischof eingesetzter Rath, der
nicht mehr eine Gemeindevertretung war, sondern eine ihr vorgesetzte obrigkeit-
liche Behörde wurde; auch der Einfluss des Amtmanns tritt von jetzt ab durch
polizeiliche Bevormundung der Gemeinde stärker hervor.
Aber alle diese Strafen, die den Wohlstand der Stadt z er störten und
die geistigen Kräfte ihrer Bewohner lähmten, schienen dem Bischof noch nicht ge-
nügend. Er wollte Blut sehen, wie er denn in seiner Hauptstadt Würzburg,
sowie auf dem Zuge von dort nach Meiningen zahlreiche Theilnehmer an den
Bauernunruhen hatte hängen oder köpfen lassen. Obwohl die Hauptbeteiligten
mit Hinterlassung ihrer Habe längst Meiningen verlassen hatten, so wurde doch
eine Anzahl hiesiger Bürger und einige Fremde, welche dem Bischof als Rädels-
führer bezeichnet worden waren, auf dem Marktplatz und in der Burg mit dem
Schwert*) hingerichtet. Ueber die Zahl und die Namen der Gerichteten stimmen
die Nachrichten bei Fries**) und Güth (S. 164) nicht überein, ersterer führt 14,
letzterer 17 Personen auf, jedenfalls befand sich unter ihnen der alte Ortspfarrer
Michael Kellermann, der während der Unruhen das Abendmahl unter beiderlei
Gestalt ausgetheilt hatte und jetzt vergeblich den anwesenden Grafen Wilhelm um
Gnade anflehte.
Die von dem Bischof und seinen Helfern bei dem Meininger Strafgericht ge-
übte Grausamkeit stellt die Gewaltthaten der Bauern tief in den Schatten; sie ist
um so verabscheuungswerther, als sie von Persönlichkeiten ausging, die kraft ihres
Amtes und ihrer Stellung dazu berufen waren, das Recht zu schirmen und Ge-
rechtigkeit walten zu lassen.
Um die Edelleute, deren Schlösser im Bauernkrieg ausgeraubt und nieder-
gebrannt waren, zu entschädigen, legte der Bischof seinem Lande eine Steuer von
300000 Gulden auf; hiervon fielen auf Stadt und Amt Meiningen 1432 Gulden.
Zur Wiederherstellung der arg zerrütteten Verhältnisse des bischöflichen Gebietes
wurde eine allgemeine Landesordnung erlassen. Zahlreiche polizeiliche Ver-
bote, die früher in Meiningen durch „Schultheiss, Bürgermeister, Rath und die
Acht (von der Gemeinde)" gegeben waren, wurden jetzt wiederum eingeschärft —
*) Das Richtschwert befindet sich jetzt in den Sammlungen des Henneberg, alterthumsforschenden
Vereins.
**) Die Namen der Gerichteten lauten bei Fries II, 208, der Zeuge des blutigen Schauspiels ge-
wesen zu sein scheint: Hans Sess, Claus Fleming, Michael Kellermann, Philipp Pfeifer, Peter Marolt,
Hans Rothemel, Georg Munck, Peter Brachvogel, Ditz Eckstein, Michael Diemer, Hans Wirt, Georg
Schnartz, N. Pfannschmidt von Nürnberg und Georg Fritz von Vachdorf.
Geschichte der Stadt Meiningen.
Meiningen. 44
der bischöfliche Hofmeister Ritter Dr. Sebastian -von Rotenhan in einer scharfen
Strafpredigt ihr Unrecht vor und Hess sie eine Erklärung unterzeichnen, in der
sie geloben mussten: 1) die Mauern niederzulegen, wo es ihnen gezeigt würde;
2) dem Bischof den dritten Pfennig von ihrem Vermögen zu geben; 3) sofort
3000 Gulden zu erlegen; 4) die Landwehren und Befestigungen um die Stadt ein-
zuziehen ; 5) keine Wehr mehr zu tragen; 6) auf alle Privilegien, Freiheiten
und alten Herkommen zu verzichten und endlich 7) die aus dem Kloster zur Be-
festigung genommenen Leichensteine wieder an ihren alten Ort zu bringen oder
durch neue zu ersetzen. So war die Stadt aufs tiefste gedemüthigt; sie verlor
ihre allmählich unter dem bischöflichen Regiment erlangte Selbständigkeit, an Stelle
des bisherigen Gemeinderathes trat ein neuer vom Bischof eingesetzter Rath, der
nicht mehr eine Gemeindevertretung war, sondern eine ihr vorgesetzte obrigkeit-
liche Behörde wurde; auch der Einfluss des Amtmanns tritt von jetzt ab durch
polizeiliche Bevormundung der Gemeinde stärker hervor.
Aber alle diese Strafen, die den Wohlstand der Stadt z er störten und
die geistigen Kräfte ihrer Bewohner lähmten, schienen dem Bischof noch nicht ge-
nügend. Er wollte Blut sehen, wie er denn in seiner Hauptstadt Würzburg,
sowie auf dem Zuge von dort nach Meiningen zahlreiche Theilnehmer an den
Bauernunruhen hatte hängen oder köpfen lassen. Obwohl die Hauptbeteiligten
mit Hinterlassung ihrer Habe längst Meiningen verlassen hatten, so wurde doch
eine Anzahl hiesiger Bürger und einige Fremde, welche dem Bischof als Rädels-
führer bezeichnet worden waren, auf dem Marktplatz und in der Burg mit dem
Schwert*) hingerichtet. Ueber die Zahl und die Namen der Gerichteten stimmen
die Nachrichten bei Fries**) und Güth (S. 164) nicht überein, ersterer führt 14,
letzterer 17 Personen auf, jedenfalls befand sich unter ihnen der alte Ortspfarrer
Michael Kellermann, der während der Unruhen das Abendmahl unter beiderlei
Gestalt ausgetheilt hatte und jetzt vergeblich den anwesenden Grafen Wilhelm um
Gnade anflehte.
Die von dem Bischof und seinen Helfern bei dem Meininger Strafgericht ge-
übte Grausamkeit stellt die Gewaltthaten der Bauern tief in den Schatten; sie ist
um so verabscheuungswerther, als sie von Persönlichkeiten ausging, die kraft ihres
Amtes und ihrer Stellung dazu berufen waren, das Recht zu schirmen und Ge-
rechtigkeit walten zu lassen.
Um die Edelleute, deren Schlösser im Bauernkrieg ausgeraubt und nieder-
gebrannt waren, zu entschädigen, legte der Bischof seinem Lande eine Steuer von
300000 Gulden auf; hiervon fielen auf Stadt und Amt Meiningen 1432 Gulden.
Zur Wiederherstellung der arg zerrütteten Verhältnisse des bischöflichen Gebietes
wurde eine allgemeine Landesordnung erlassen. Zahlreiche polizeiliche Ver-
bote, die früher in Meiningen durch „Schultheiss, Bürgermeister, Rath und die
Acht (von der Gemeinde)" gegeben waren, wurden jetzt wiederum eingeschärft —
*) Das Richtschwert befindet sich jetzt in den Sammlungen des Henneberg, alterthumsforschenden
Vereins.
**) Die Namen der Gerichteten lauten bei Fries II, 208, der Zeuge des blutigen Schauspiels ge-
wesen zu sein scheint: Hans Sess, Claus Fleming, Michael Kellermann, Philipp Pfeifer, Peter Marolt,
Hans Rothemel, Georg Munck, Peter Brachvogel, Ditz Eckstein, Michael Diemer, Hans Wirt, Georg
Schnartz, N. Pfannschmidt von Nürnberg und Georg Fritz von Vachdorf.