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Voss, Georg [Hrsg.]; Lehfeldt, Paul [Bearb.]
Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens (Band 1,1): Kreis Meiningen: Amtsgerichtsbezirk Meiningen (die Stadt Meiningen und die Landorte) — Jena, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.19308#0334
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272

Bauerbach.

Meiningen. 272

— Das davon unterschiedene Gutshaus der Frau Henriette v. Wolzogen war ehe-
dem ein Bauernhaus; es wurde von ihr um die Mitte der 1770er Jahre erkauft
und zum Herrensitze eingerichtet.

Die Kirche, zur Zeit der Reformation erbaut, war anfänglich Filial von
Bibra. Nach dem dreissigjährigen Kriege kam es an den Pfarrer und Decan von
Untermassfeld-Ritschenhausen; 1718 wurde es zu Mühlfeld geschlagen, 1754 aber
wieder zur alten Mutterkirche Bibra. Schillers Aufenthalt in Bauerbach fällt in
die Amtszeit des tüchtigen, aber vielgeplagten Pfarrers Christian Erasmus Freiss-
lich (1748—1789) und seines Sohnes, in deren Hause der Dichter viel verkehrte.
Während der Jahre 1806—1810 wurde die Bauerbacher Kirche von Massfeld, von
1866 bis 1886 von Ritschenhausen aus verwaltet, seitdem ist sie wieder der Pfarrei
Bibra zugetheilt. Die jetzige, in gothischem Stil gehaltene Dorfkirche ist auf Be-
treiben des preussischen Generals Ludwig v. Wolzogen 1839-—1841 erbaut worden;
er wurde hierbei durch namhafte Beiträge hochstehender Personen unterstützt, so
z. B. des Herzogs Bernhard Erich Freund, der Königin Adelheid von England,
des Prinzen Ernst v. Hessen-Philippsthal, des Herzogs Eugen von Württemberg
und des Barons Anselm v. Rothschild. Der Grundstein wurde am 22. Mai 1839
gelegt, die Einweihung fand am 26. September 1841 statt. Die Pläne rühren von
dem meiningischen Baumeister A. W. Do ebner her.

Litteratur: Otto Brahm, Schiller in Bauerbach, Nationalzeitung 1888, Nr. 306. 310. —
Julius W. Braun, Auf Schillers Spuren, Tägl. Rundschau 1887, Nr. 231. — G. Brückner,
Landeskunde II, S. 182—183. — G. Brückner, Schiller in Bauerbach (Sonderabdr. aus „Denk-
würdigkeiten für Thüringen und Franken" II), Meiningen 1856. —Hartmann, Der Marktflecken
Bibra, Schriften d. V. f. m. G., Heft 13 (1892), 111—112. — L. Hertel, Neue Landesk., 47 (1904),
259—260. — Ed. Starker, Schiller in Bauerbach, Meiningen (Löffler) o. J. — Voit, Das Herzog-
thum, S. 218. — Karl August Alfred von Wolzogen, Geschichte des Reichsfreiherrlich
v. Wolzogenschen Geschlechtes, Leipzig, Brockhaus, 1859 (darin reichhaltige Litteraturangaben über
Schillers Verhältniss zu Bauerbach, II, S. 58—59). L. H.

Das Haus, in welchem Schiller gewohnt hat, ist ein sehr einfaches ländliches
Fachwerkgebäude, mit einem Obergeschoss, in welchem Schiller zwei kleine
Zimmer bewohnte. Sie liegen an der Nordostseite des Hauses (an der dem Hofe
abgewendeten Seite). Von der ursprünglichen Einrichtung ist nur der kleine guss-
eiserne Ofen in Schillers Wohnzimmer erhalten. Es ist eine eiserne Kanone. Sie
ruht auf drei Füssen in Form von Löwentatzen und ist bekrönt von einer Urne.
Sie ist aus Eisenblech getrieben, daran sind Messingbeschläge in Form von Muscheln
und Ketten; ein ähnlicher Beschlag war ehemals auch am unteren Theil des Ofens,
doch er ist von Besuchern abgebrochen, welche ein Andenken an Schiller haben
wollten. An den Wänden befinden sich jetzt zwei in Oel gemalte Porträts, welche
ursprünglich im Wohnzimmer der v. Wolzogenschen Familie hingen: 1) Herzog
Georg I. von Meiningen im Jünglingsalter mit dem Orden des weissen Falken,
2) Herzogin Amalie von Meiningen.

In einem Rahmen wird ein Brief Schillers an Frau v. Wolzogen vom 10. Juni
1783 aufbewahrt. — Die in dem Wohnzimmer befindlichen wenigen Möbel stammen
aus dem Ende des 18. Jahrhunderts, sind indessen erst vor einigen Jahrzehnten
bei der Wiederinstandsetzung der Räume hier aufgestellt. — Aussen ist eine Ge-
 
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