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Voss, Georg [Hrsg.]; Lehfeldt, Paul [Bearb.]
Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens (Band 1,1): Kreis Meiningen: Amtsgerichtsbezirk Meiningen (die Stadt Meiningen und die Landorte) — Jena, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.19308#0344
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durch zwei Steinkreuze bezeichnetes vorgeschichtliches Hügelgrab, vermuthlich
aus der La-Tene-Zeit, aufgedeckt (Jacob, S. 20). Um 900 n. Chr. hat Graf
Boppo (II?) in Bettenhuson (d. i. den „Behausungen des Batto") Besitzungen, die
er (letztwillig?) dem Kloster Fulda überlässt (Dobenecker, Reg. I, 297). Von Fulda
gingen sie 1320 an die Propstei Neuberg (jetzt Domäne Neuenberg, dicht westlich
von Fulda, am linken Ufer des Flusses) über. Schon Graf Berthold III., des
Weisen Vater, suchte das Besitzrecht über Bettenhausen wieder an sein Haus zu
bringen (Henneb. Urk. IV, Nr. V), indessen erst dem Sohne gelang es, das Dorf, mit
dem in enger politischer und kirchlicher Verbindung stets das benachbarte S e e b a
gestanden hat, für 300 U Heller an sein Haus zurückzubringen, jedoch unter
fuldischer Lehnshoheit und unter der Bedingung, dass dem Kloster Neuberg das
Kirchenpatronat, der Fronhof zu Seeba und mehrere Gülten und Zinsen in beiden
Dörfern verbleiben sollten. In criminalgerichtlicher Beziehung gehörte Betten-
hausen mit dem Heftenhof zur Cent Friedeishausen, später zu Kaltennordheim. Es
hatte das Recht. Mauern und Gaden zu bauen, und genoss Befreiung von Handfrohnen
gegen die Verpflichtung zur Wehr. — Bettenhausen empfand im dreissigjährigen
Kriege die ganze Schwere der allgemeinen Drangsal: am 24. October 1634 wurde
es von den Kroaten geplündert; die zügellosen Horden lagen noch bis 17. December
d. J. in den dortigen Quartieren. Im nächsten Jahre fielen 126 Personen der Pest
zum Opfer, 1636/7 erlitten 133 Einwohner den Hungertod! — Die fuldische Lehns-
herrlichkeit währte bis 1808.

Die dem heiligen Geist gewidmete Kirche ist 1617 erbaut worden, das jetzige
Pfarrhaus 1769 erneuert; es steht angeblich auf den Fundamenten eines alten
„Bethauses", woher auch eine naive Etymologie den Ortsnamen ableiten möchte.
Die Schule stammt aus dem Jahr 1839.

Litteratur: Brückner, Landesk. II, S. 146. — Brückner, Pfarrbucb, S. 140—148. —
Bergner, Glocken des Herzogthums, Schriften d. Ver. f. meining. Gesch. Heft 33, S. 9. — Fritze,
Dorfbilder, S. 11. — Maas er, Burgrechte, Henneb. Beitr. III, S. 72—77. L. H.

Welche Gründe mögen die Veranlassung zur Anlage einer selbständigen Burg
inmitten dieser starken Dorfbefestigung gegeben haben? Stand auf diesem Hügel
die Kemenate eines adligen Geschlechtes oder ein Wartthurm, welcher den Weg
durch das Thal der Herpf zu beherrschen hatte? Oder war die Burganlage auf
dem höchsten Platze des Dorfes der letzte Zufluchtsort der Dorfbewohner in
Kriegsgefahren, wenn die Dorfmauer dem Feinde bereits preisgegeben war und
die Bevölkerung des Dorfes sich nur auf dem engen, hochgelegenen Burghügel in
wirksamer Weise vertheidigen konnte?

Von einer Kemenate eines adligen Geschlechts, welche auf dem Kirchhügel
gestanden hätte, wird nirgends berichtet. Auch aus dem Mauerwerk der Kirche
lassen sich derartige Spuren nicht nachweisen. Doch aus einer romanischen
Säule, welche abgebrochen auf dem Boden der Kirche aufgefunden worden ist,
geht hervor, dass wahrscheinlich schon im 12. oder 13. Jahrhundert ein steinernes
Gebäude mit ernsten künstlerischen Formen auf dem Kirchhügel gestanden hat.
Die romanische Säule ist auf dem Thurm der Kirche gefunden worden. Es ist
daher anzunehmen, dass sie in früherer Zeit als Pfeiler zwischen zwei ge-
kuppelten Fenstern des Thurmes stand, also in ähnlicher Weise, wie am Thurm
 
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