Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Voss, Georg [Hrsg.]; Lehfeldt, Paul [Bearb.]
Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens (Band 1,1): Kreis Meiningen: Amtsgerichtsbezirk Meiningen (die Stadt Meiningen und die Landorte) — Jena, 1909

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.19308#0453
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
dann König Heinrich I. dem Orte Mauern und Burggerechtigkeit gegeben haben.
Herpf ist späterhin gewiss hennebergischer Besitz gewesen, wenngleich die Verhält-
nisse nicht ganz aufgeklärt sind. Es scheint mit Ostheim und Wilmars eine Zeit-
lang der hildenbergischen Nebenlinie zugehört zuhaben, die mit Albrecht
von Henneberg 1218 ausgestorben ist. Einem fuldaischen Eintrag im Chartularium
des 9. Jahrhunderts zufolge soll nun beim Tode Albrechts der Kaiser (Friedrich IL )
dem Abt Kuno von Fulda Lichtenberg mit den genannten Ortschaften übergeben
haben (Dronke, Tradit. Md., p. 63; Binder, Lichtenberg, S. 270). Dieser Eintrag wird in-
dessen von Binder für eine nachträgliche Geschichtsfälschung angesehen. Als
dann 1230 das Schloss von Fulda an Würzburg verkauft wurde, erhob Graf
Poppo VII. von Henneberg, Bruder des Minnesängers Otto v. Botenlauben, Ein-
spruch und machte mit gewappneter Faust eigene Rechte geltend, liess sich aber
im Mai 1232 durch die Belehnung mit der Hälfte des mitverkauften Dorfes Herpf
und der dazu gehörigen Gefälle abfinden. Vermuthlich hat dann Graf Poppo in-
folge der späteren siegreich durchgeführten Fehden mit Würzburg (Neue Landesk.,
S. 508) auch die andere Hälfte von Herpf erworben. Jedenfalls ist der Ort von
dieser Zeit ab hennebergisch. 1389 tritt Graf Heinrich von Henneberg die Ein-
künfte von Herpf und Stepfershausen an Heinx und Fritz v. d. Tann ab. 1495
belehnt Graf Wilhelm Karl Marschalk-Oberstadt mit dem Gute zu Herpf. 1530
bestätigt Graf Wilhelm von Henneberg eine letztwillige Stiftung Kaspar Weichslers,
Domherrn zu Merseburg, für die Pfarrkirche zu Herpf, bestehend in Kelch, 2 Mess-
kännchen und 1 Pacificale (Kreuz mit Reliquien, das bei feierlichen Messen zum

Kusse gereicht wird), sowie einer Geldsumme (R. Do ebner, Meininger Eegesten, 1878,
70; E. Koch, Eine vergessene Stiftung, Mein.Tgbh, 1905, Nr. 48. 53). Der hennebergische Hof

zu Herpf, früher zur Vicarei Benshausen zinsend, wurde 1543 bei Einführung der
Reformation an die Pfarrei Schleusingen übertragen (Schultes, Beschreibung, S. 218).

1660, nach Aufhören der hennebergischen Gemeinschaftsregierung, wurde Herpf
mit Stepfershausen zum gothaischen Amt Wasungen geschlagen, nach dem An-
fall der Aemter Meiningen und Massfeld an Herzog Ernst den Frommen (1672)
indessen wieder mit dem Amt Meiningen verbunden.

Die jetzige Kirche ist 1611 erbaut; der Thurm aber gehört einem früheren
Bau an. — Das Gründungsjahr des Pfarrhauses ist 1582; ein früheres muss
schon um 1460 erbaut worden sein (Pfarrbuch, Urk., 186). - - Der alte Friedhof lag
unmittelbar an der Kirche; der neue, hinter dem Pfarrgarten, ist im Jahre 1627
angelegt.

Litteratur: Bergner, Befestigte Kirchen, Zeitschr. f. christl. Kunst, 1901, S. 213. 217.
Brückner, Landeskunde II, S. 145. — Fritze, Dorfbilder, S. 14. 36. 94. — Maaser, Burg-
rechte, Archiv d. H. A. V. III (1839), S. 72—77. L. H.

Die Kirche ist ein Beispiel dafür, wie eine ursprüngliche Burganlage im
Laufe der Jahrhunderte in eine Kirche verwandelt ist. Sie liegt auf einer kleinen
Anhöhe, innerhalb der steinernen Mauer, welche das ganze Dorf umschliesst. Von
der Burg aus der Zeit des Mittelalters, steht noch jetzt der Bergfrit, der beim
Bau des Gotteshauses als Kirchthurm verwendet worden ist. Auch die alten Ring-
mauern der Burg mit den drei Eckthürmen, Zwinger und Burggraben sind noch
grossentheils vortrefflich erhalten. Der ursprüngliche Burgcharakter dieser Anlage
 
Annotationen