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Voss, Georg [Hrsg.]; Lehfeldt, Paul [Bearb.]
Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens (Band 1,1): Kreis Meiningen: Amtsgerichtsbezirk Meiningen (die Stadt Meiningen und die Landorte) — Jena, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.19308#0470
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394

Jüchsen.

Meiningen. 394

Im frühen Mittelalter benannte sich ein adliges Geschlecht, jedenfalls henne-
bergische Vasallen, nach dem Orte: um 1150 ist bezeugt Konrad v. Jüchsen und
dessen gleichnamiger Sohn (Dobenecker, Reg. II, 189), 1182 der Ministeriale Mane-
golcl v. Jüchsen, 1235 Ludwig v. Jüchsen (Dobenecker, Reg. III, 586). 1407 ist
Henne v. Jüchsen Vogt auf dem gräflichen Schloss Mainberg (Henneb. Urk. IV, 116),
derselbe 1428 im Besitz eines Burggutes zu Henneberg und zweier Höfe zu
Jüchsen mit einer Behausung am Kirchhof zu Jüchsen (Henneb. Urk. VII, 79).
Das Geschlecht starb erst im 16. Jahrhundert mit Eucharius v. Jüchsen aus. —
Aber auch andere adlige Geschlechter verfügten hier über eigene oder Lehngüter.
So vermacht Albert v. Droissig 1217 dem Kloster Wächterswinkel Güter zu Juchese
und übergiebt sie dem Schutze des Herrn v. Hildenburg (Dobenecker. Reg. II, 1737).
So wird 1384 dem Edlen Siegfried v. Stein von Graf Heinrich von Henneberg, der
ihm 1100 Goldgulden schuldete, der Zehnte, das Vorwerk, der Kirchhof und die
Vogtei zu Jüchsen eingeräumt, aber schon vier Jahre später dem Ritter Heinrich
Steinrück, wahrscheinlich weil ihm der Letztere günstigere Bedingungen stellte.
Doch scheint der Graf später die Pfandschaft wieder eingelöst zu haben. — Um
diese Zeit war indes in der Oberhoheit des Ortes ein bedeutsamer Wechsel vor
sich gegangen. Im Jahre 1411 ging die Lehnsherrlichkeit über den Ort infolge
eines Umtausches von den Henneberger Grafen an das Stift Würzburg über;
dieses überliess damals dem Grafen Wilhelm das Dorf Jüchsen mit allen seinen
Zubehörungen als Söhn- und Töchterlehen (Schu ltes, Dipl. II, S. 208. — Schult es, Stat.
Beschr., S. 60). 1465, als Graf Johann von Henneberg seinem Erbfolgerecht ent-
sagte, wurde er von seinem Bruder, dem regierenden Grafen, unter anderem auch
mit Gülten in Jüchsen abgefunden. Noch 1520 belehnt aber Bischof Konrad zu
Würzburg den Grafen Wilhelm von Henneberg, seinen Marschall, unter anderem
mit Schloss Hutsberg und Dorf „Juchßheimu mit ihren Zugehörungen, „wie er
solches von Bischof Rudolf und Bischof Lorenz also empfangen hat". Diese Lehns-
herrlichkeit Würzburgs fiel erst 1808 an Meiningen, den Rechtsnachfolger Henne-
bergs, zurück.

Im 18. Jahrhundert gab es in Jüchsen vier grössere Güter: 1) das alte henne-
bergische Kammergut, 2) das Ottosche Rittergut, früher im Besitz
adliger Familien (v. Schimm, v. Ponikau, v. Herda, Butler, Witxleben, Diemar),
3) der Schrickeische Freihof, ursprünglich den Herren v. Jüchsen, dann der
Familie v. ünrath, endlich den Schrickeis zu eigen, 4) der Todten wart sehe Frei-
hof, vormals Bibraisch, seit 1554 an die Todtenwarte übergegangen.

Die Kirche erhebt sich auf dem Tannenberg inmitten des Dorfes. An die
Stelle des ältesten, 1361 bezeugten und den Aposteln Paulus und Petrus geweihten
Gotteshauses trat 1497 ein neues. Als dieses, wie das ganze Dorf, 1621 ein Raub
der Flammen wurde, baute man 1628—1638 ein neues, das erst am 30. Juni 1661
eingeweiht werden konnte. Der Gottesacker wurde 1594 ummauert und 1608
mit einer Todtenkapelle versehen. Die Schule ist 1801 erbaut. Bis zur Refor-
mation wurde die Pfarrstelle von Bibra aus besorgt, seitdem wurde sie selbständig.

Litteratur: Brückner, Landeskunde II, S. 178. — Jacob, Ortsnamen, S. 68. 87. —
Hartmann, Bibra, Schriften des Vereins für mein. Gesch., Heft 13 (1892), S. 106. — Jakob,
Nachgelassene Aufsätze, Neue Beiträge des Henneb. alterthumsforsch. Ver., Brief 14.

L. Hertel.
 
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