Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Voss, Georg [Hrsg.]; Lehfeldt, Paul [Bearb.]
Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens (Band 1,1): Kreis Meiningen: Amtsgerichtsbezirk Meiningen (die Stadt Meiningen und die Landorte) — Jena, 1909

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.19308#0516
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
428

Leutersdorf.

Meiningen. 428

Abbruch der alten Kirche erbaute Langhaus zeigt an der Ostseite Spuren älteren
Mauerwerks. Spuren einer ehemaligen weiten Oeffnung sind in der Ostmauer zu
erkennen. Nach einer örtlichen Ueberlieferung sollen an dieser Stelle ehemals
Mauern vorhanden gewesen sein. Rück er t vermuthet, dass hier eine Kemnate
gestanden habe. Zu beachten sind auch Spuren in dem Rasen des Friedhofs an
dieser Stelle. Sie zeigen die Formen eines Halbkreises, dessen Durchmesser sich
an die Ostwand der Kirche anlehnt. An diesen Stellen scheint Mauerwerk unter
der Erde zu stecken, vielleicht von einer ehemaligen romanischen Apsis.

Die Aussenseiten des Langhauses der Kirche sind völlig schmucklos. Die
schlanken, hohen, rechteckigen Fenster entsprechen der Bauart um die Mitte des
18. Jahrhunderts. Das Innere der Kirche ist ein rechteckiger Saal, bis zur Decke
hinauf durch die zweigeschossigen Emporen bedeckt. Diese befinden sich an
der Nordseite, an der Westseite und an einem Theil der Südseite. Die Emporen
ruhen auf starken hölzernen Rundsäulen, drei Säulenreihen über einander. Ausser-
dem befindet sich ein reich ausgestatteter Herrschaftsstand mit einer Bogenhalle
und ionisirenden Pilastern an der Nordmauer der Kirche. Die Jahreszahl der Er-
bauung der Kirche, 1758, ist an dem Treppengeländer geschnitzt, welches zur
obersten Empore führt.

Die Kanzel ist aus Holz geschnitzt, sie ruht auf einer Säule, deren Capitell
an den Ecken mit Voluten verziert ist. Die aus dem Achteck gebildete Brüstung
ist mit geschnitzten Umrahmungen und Füllungen verziert. Der achteckige Schall-
deckel wird von sechs Voluten bekrönt. Auf diesen steht ein fast lebensgrosser
Engel, der einen Palmenzweig in der Hand hält.

Vor dem Altar steht ein Brüstungsgeländer aus durchbrochener Laubsäge-
arbeit. In der Mitte dieses Geländers befindet sich die Nische für das Lesepult.
Die Altarplatte zeigt Spuren der ehemaligen Weihekreuze. Die Platte hat
dieses Profil: ^. Hinter dem Altar erhebt sich ein reicher Säulenaufbau. Auf
jeder der beiden Seiten stehen zwei über Eck gestellte korinthische Säulen,
welche von einem reichen, mehrfach verkröpften Gebälk bekrönt sind. An diesem
ist das sächsische Wappen in einer Roccoco-Umrahmung angebracht, welche von
zwei Engeln gehalten wird. An jeder Seite der Altarwand steht eine überlebens-
grosse Holzfigur, links Maria, rechts der Evangelist Johannes. Die leidenschaft-
lich bewegte Haltung dieser beiden Figuren zeigt die charakteristischen Züge des
späten Barockstils. In der Mitte der Altarwand ist ein Gemälde des heiligen
Abendmahls (von 1765) und ein hohes Crucifix, aus Holz geschnitzt und aus der-
selben Zeit, aufgestellt. An die Ecksäulen der Altarwand ist auf jeder der beiden
Seiten eine ornamentale Schnitzerei mit stark bewegten Voluten und einem ge-
schnitzten Engelskopf angesetzt. Diese Ornamente sind im ausgesprochenen Roccoco-
stil gehalten (Abbildung auf S. 429).

Die Orgel ist ebenfalls reich geschnitzt mit Ornamenten und musicirenden
Figuren im spätesten Barockstil. Einzelne Ornamente sind auch hier schon im
Roccocostil ausgeführt. Die Schnitzerei ist reich vergoldet und versilbert. Die
Orgel steht auf einer Empore, oberhalb des Altars.

Ein grosses Gemälde der Verkündigung befindet sich an der wagerechten
Holzdecke über der Orgel.

An Altargeräthen sind vorhanden:
 
Annotationen