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Voss, Georg [Editor]; Lehfeldt, Paul [Oth.]
Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens (Band 1,1): Kreis Meiningen: Amtsgerichtsbezirk Meiningen (die Stadt Meiningen und die Landorte) — Jena, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.19308#0531
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442

Nordhpjim im Grabfeld, Kirche.

Meiningen. 442

im Meininger Unterland; viele ihrer Glieder haben sich in Staat und Kirche ausge-
zeichnet. Eine hervorragende Thätigkeit entfaltete unter ihnen namentlich Georg
Freiherr v. Stein-Nordheim zu Anfang des 19. Jahrhunderts, eine imponirende
Persönlichkeit, die selbst den zügellosen Kosaken Respekt einflösste. (Vgl. Müller,

Freiherr Georg v. Stein auf Nordheim, eine Lebensskizze, Nekrolog der Deutschen, 29. Jahrg.,

Weimar 1853, Sonderabdruck.) Sie schlössen sich der Reichsritterschaft an und fielen
mit deren Auflösung an Würzburg zurück; der Ort ist seit dem Staatsvertrag von
1808 meiningisch geworden.

Litteratur: Binder, Lichtenberg (1897), S. 239 (auf Grund von Akten aus dem Freih.
v. Steinschen Familienarchiv zu Nordheim i. Gr.). — Brückner, Landesk. IT, S. 186. — Hart-
mann, Marktflecken Bibra (1892), S. 111. L. Hertel.

Die Kirche ist in den Jahren 1710—1711 angeblich an der Stelle einer
älteren Kirche erbaut. Die Architektur ist von der grössten Einfachheit, die innere
Ausstattung dagegen gehört durch die Fülle von Grabsteinen mit lebensgrossen
Porträtfiguren und durch Epitaphien aus farbigem Marmor zu den reichsten der
ganzen Gegend. An dem schlichten Aeusseren ist bemerkenswerth die Vorhalle
auf vier hölzernen Rundsäulen an der Westseite. Die lebendige Gliederung der
Säulen ist auf unserer Abbildung S. 443 dargestellt. Die Schäfte sind auf der
Drehbank gemacht. Die Capitelle mit zwei stark geschwungenen Blattreihen über-
einander sind geschnitzt. Von dieser Vorhalle führt eine Thür mit wenig verkröpfter
Umrahmung in den Hauptraum der Kirche, ilusserdem führt von dieser Vorhalle
eine zweiarmige Treppe hinauf zur Empore der Kirche. Gute Ornamente aus
Schmiedeeisen zeigt das Band der Kirchthür. (Abgebildet in den Aufnahmen alt-
bäuerlicher Gehöfte der Schüler des Technikums in Hildburghausen, Blatt 9.) Der
einzige sonstige künstlerische Schmuck des Aeusseren ist das Doppelwappen
der beiden Familien v. Stein und v. Rosenberg in einer in Sandstein ge-
meisselten Umrahmung des 16. Jahrhunderts, ohne Jahreszahl, an der Südmauer
der Kirche.

Das Innere der Kirche ist ein lang-rechteckiger Saal, welcher sich durch
einen rundbogig überwölbten Chorbogen nach dem rechteckigen Chor öfihet. Ueber
diesem Chorraum steht der Thurm der Kirche. Der Hauptraum der Kirche und
der Chor ist flach gedeckt. An der West- und der Nordseite befindet sich eine
eingeschossige Empore, welche auf gedrehten hölzernen Rundsäulen ruht. Diese
Säulen haben geschnitzte Capitelle mit zwei über einander liegenden Blätterreihen,
ganz ähnlich wie die Säulen der Vorhalle. Auf dem Capitell liegt ein mit derben
consolartigen Voluten geschnitztes Sattelholz, in dessen Mitte der Wappenschild
der Familie v. Stein dargestellt ist. (Abbildung auf S. 444.)

Der Altar hat eine sehr reich geschnitzte Rückwand. Auf jeder Seite stehen,
mit den Ecken an einander gestellt, zwei Säulen, welche das reich geschnitzte,
dreifach verkröpfte Gebälk tragen. Die beiden äussersten Säulen haben schrauben-
förmig gewundene Schafte, die beiden inneren Säulen glatte Schafte. Die Capi-
telle sind römisch-korinthisch mit doppelten Reihen von Akanthusblättern, aus denen
an den Ecken und in der Mitte der Seiten spiralförmig gewundene Stengel heraus-
wachsen. Zwischen den beiden Säulenpaaren ist ein Gemälde, „Christus am Kreuz",
eingesetzt. Die obere Bekrönung des Altars wird durch einen langrunden ge-
 
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