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Voss, Georg [Hrsg.]; Lehfeldt, Paul [Bearb.]
Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens (Band 1,1): Kreis Meiningen: Amtsgerichtsbezirk Meiningen (die Stadt Meiningen und die Landorte) — Jena, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.19308#0574
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mingen.

eingeschult. — 1317 muss „Ruprechts" wüste gelegen haben, denn es wird in dem
bekannten Henneberger Lehensverzeichniss desertum genannt (Schultes, Diplom.
Gesch. II, S. 60); die Wüstung zerfiel in fünf Theile, von denen zwei an Albrecht
v. Äere, genannt v. Frankenberg, verliehen waren. Von der Kereschen Familie
kam der Gutshof zur Hälfte durch Kauf (1390), zur anderen durch Verpfändung
(1450) an die Herren v. Stein, die ihn von den Pfandinhabern, den Herren
v. cl. Tann, einlösten. Der Hof ist noch jetzt in gemeinschaftlichem Besitz der
Herren v. Stein v. Nordheim und Völkershausen. Die ehemalige Kemenate dient
gegenwärtig als Pachterswohnung; die Wirtschaftsgebäude sollen aus den Steinen
der zerstörten Peterskirche erbaut worden sein.

Litteratur: Brückner, Landeskunde II, S. 150. — Brückner, Pfarrbuch unter Stedt-
lingen und Nordheim im Grabfeld. L. H.

Die Kemenate, ein einheitlicher Bau aus der Zeit um das Jahr 1592, ist
in ihren Haupttheilen wohl erhalten, doch das oberste Geschoss ist abgetragen.
Der Grundriss hat die Form eines Hufeisens, beide Seitenflügel schliessen einen
schmalen Vorhof von 4,70 m Breite ein. Die Jahreszahl 1592 steht über der rund-
bogigen Kellerthür. Nahe den Thorpfeilern des Hofes sieht man im Obergeschoss
zwei rundbogige Thüröffnungen. Diese sind jetzt zugemauert. Sie sollen ehemals
durch einen hölzernen Gang verbunden gewesen sein. Zwei Räume mit weiten
Tonnengewölben liegen im Erdgeschoss des Westflügels. Iii den Zimmern des
Ostflügels sind die alten Stülpdecken erhalten. Dicht am Thor befindet sich im Ost-
fiügel eine Mauernische, im Grundriss von der Form eines Dreiviertelkreises. Darin
liegt ein Fenster, von dem aus man das Hofthor übersehen, auch durch Schiessen
vertheidigen kann. Möglich, dass in dieser Rundung der Mauer früher auch eine kleine
Wendeltreppe zu dem oben genannten, ehemaligen hölzernen Gang führte. Die wohl-
erhaltene steinerne Treppe des Schlosses liegt im Mittelbau, dem Hofthor
gegenüber. Der untere Theil ist eine Freitreppe. Ihr Vordach ruht auf einem
achteckigen Pfeiler aus Stein, der ganz in der Art hölzerner Pfosten gemeisselt
ist. An dieser Freitreppe ist ein gut gemeisselter Wappenstein in eine zu-
gemauerte Rundbogenpforte eingesetzt. Das Wappen ist ein Doppelwappen: rechts
das derer v. Stein, links ein Einhorn. Die Bekrönung bilden zwei sich umarmende
Meergötter. Die Köpfe sind abgeschlagen. Die Treppe führt in derselben Aus-
führung bis zum Boden hinauf. Hier lag früher noch ein Obergeschoss. Von
diesem ehemaligen Geschoss zeugen noch zwei Kragsteine eines ehemaligen Aborts,
der an der Ostseite hinausgebaut war. Ein wohl erhaltener Abortserker auf ge-
schweiften Kragsteinen befindet sich an der Nordseite. Seine Steinconstruction
ist ganz ähnlich wie die an der Burg Hutsberg. Die Kragsteine an der Westseite
und die dort befindliche Rundbogenöffnung in der Mauer deuten ebenfalls auf einen
ehemaligen Abort.

Die Kirche ist in einem Raum im Obergeschoss des Westflügels unter-
gebracht. Iu der dazu gehörigen Sacristei steht ein reich geschnitzter Altaraufsatz
mit Engelsfiguren aus der Zeit um 1720. Die alte A^ergoldung und die Bemalung
sind gut erhalten.

Ein Kriegs versteck liegt im Korridor des Obergeschosses unter der Diele.
Der Raum ist 1,50 m tief und 0,60 m breit.
 
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