11.1 Gerichtshoheiten
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zen hat diese Gratwanderung nun für den Umgang mit dem gerichtlichen Zweikampf,
der idealiter bereits seit frühester Zeit an das Königsgericht gebunden werden sollte?
Die Quellen liefern ein ambivalentes Bild.
Im Jahre 1205 verleiht Philipp von Schwaben Bischof Humbert von Valence nach
Leistung von Treueschwur und Mannschaft neben Besitzungen und zahlreichen Privi-
legien auch das Recht, eiiie/ie? vor sich austragen zu lassen;*" Otto IV. nimmt 1210 die
Grafen von Castello in den Schutz seines 77tM72<ü'&Mnü'M7?t und verleiht ihnen unter ande-
rem ein Duellprivileg;*"' Alfons von Kastilien belehnt Herzog Friedrich von Lothringen
1259 mit fünf Fahnenlehen, darunter auch das Duellrecht als 770M7M777 co77!77!07W7h'M77!
777167* R1767777777 ei M0S77777.*" - In diesen Fällen ist die Bindung des gerichtlichen Zweikamp-
fes an das Königsgericht also wieder rückläufig; das 7iMeiiM777 erscheint als ein Teil der
königlichen >Verhandlungsmasse<, als Regal, das bei entsprechenden Gegenleistungen
an geistliche und weltliche Größen verliehen wird. Gewinnen sollten im Idealfall beide
an diesem Geschäft Beteiligten: Der Belehnte erlangt größere rechtliche Kompetenzen
und der Verleiher baut darauf, dass er diese Kompetenzen in den Dienst der Herr-
schaftsordnung stellt. Und diese Herrschaftsordnung wird wiederum durch die Verga-
be des Duellrechts abgebildet. Der gerichtliche Zweikampf erweist sich also einmal
mehr als Herrschaftsinstrument. Die Entscheidung, wer dieses Herrschaftsinstrument
verwalten darf, dient jedoch nicht allein politisch-rechtlichen Interessen, sondern för-
dert auch das Ansehen des >Verwalters<, der in einer quasi-königlichen Stellung erwei-
terte Kompetenzen und auch einen erheblichen Prestigegewinn verzeichnen kann. Das
&7eH77777 avanciert damit auch zu einem Statussymbol.
In welchem Maße dies auch für die Partikulargewalten gilt, illustrieren deren Re-
aktionen, wenn das Duellrecht nicht zugestanden, sondern entzogen werden soll: Das
Zweikampfverbot Ludwigs des Heiligen scheitert, wie bereits skizziert, auch an den
Widerständen der Gerichtsherren. Und in England wollen es sich die Barons in der Re-
gel nicht nehmen lassen, ihre Untergebenen in Streitfällen, beispielsweise über Steuer-
zahlungen, TiMeiio ausfechten zu lassen.*" Die einmal zugestandenen Kompetenzen wer-
den also hartnäckig verteidigt. Doch bedeutet der Verzicht auf den gerichtlichen
Zweikampf zugunsten weniger blutiger Verfahrensformen wirklich einen Kompetenz-
verlust für den Gerichtsherrn? Was verliert er, wenn seine Leute sich gütlich einigen
und eben nicht aufeinander einschlagen? Der finanzielle Verlust wird sich in Grenzen
gehalten haben;*" Gerichtsgefälle wären so oder so zu zahlen gewesen und der Ge-
215 Vgl. RI* V.l.l, Nr. 96. - Philipp erneuert damit ein Privileg, das dem Bischof von Valence von
Friedrich I. verliehen wurde; vgl. MGH DD FI Nr. 196, S. 328-329.
216 Vgl. RP V.l.l, Nr. 379.
217 Vgl. RI* V.1.2, Nr. 5501.
218 Vgl. HYAMs: Trial by Ordeal, S. 113.
219 Generell ist die Frage nach den (finanziellen) Gewinnern und Verlierern am gerichtlichen
Zweikampf jedoch ein wichtiger Aspekt in den Rechtsquellen, der umfassendere Aufarbei-
tung verdiente. Besonders in den Weistümern finden sich zahlreiche solcher Bestimmungen;
hier nur zwei Beispiele: Der Kampf soll vor dem Propst und dem Vogt stattfinden und die
>Besserung< fällt zu zwei Teilen an den Propst, der dritte Teil soll eiern royf 7777'f eiern iii? e?/seien
verjäiie77 (vgl. GRIMM: Weisthümer 1, S. 305 und 5, S. 50-53, Dinghof zu Bülbenken/Bielben-
ken). Andersherum geregelt ist es dagegen in Kotzingen: f. ..J, non so/eisern /eeempf es/ eie?* ztoeni-
iseii ei77s royfs, 77777! i^iüiffiseii ei77es ii77i777 p7*oFsis 777 eie777 iio7yLofz777ye77 (vgl. GRIMM: Weisthümer 1,
S. 663). - Vgl. NicoDEME: Enquete sur le duel judiciaire; NoTTARP: Gottesurteilstudien, S. 238-
246; SCHREIBER: Kirchliches Abgabewesen.
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zen hat diese Gratwanderung nun für den Umgang mit dem gerichtlichen Zweikampf,
der idealiter bereits seit frühester Zeit an das Königsgericht gebunden werden sollte?
Die Quellen liefern ein ambivalentes Bild.
Im Jahre 1205 verleiht Philipp von Schwaben Bischof Humbert von Valence nach
Leistung von Treueschwur und Mannschaft neben Besitzungen und zahlreichen Privi-
legien auch das Recht, eiiie/ie? vor sich austragen zu lassen;*" Otto IV. nimmt 1210 die
Grafen von Castello in den Schutz seines 77tM72<ü'&Mnü'M7?t und verleiht ihnen unter ande-
rem ein Duellprivileg;*"' Alfons von Kastilien belehnt Herzog Friedrich von Lothringen
1259 mit fünf Fahnenlehen, darunter auch das Duellrecht als 770M7M777 co77!77!07W7h'M77!
777167* R1767777777 ei M0S77777.*" - In diesen Fällen ist die Bindung des gerichtlichen Zweikamp-
fes an das Königsgericht also wieder rückläufig; das 7iMeiiM777 erscheint als ein Teil der
königlichen >Verhandlungsmasse<, als Regal, das bei entsprechenden Gegenleistungen
an geistliche und weltliche Größen verliehen wird. Gewinnen sollten im Idealfall beide
an diesem Geschäft Beteiligten: Der Belehnte erlangt größere rechtliche Kompetenzen
und der Verleiher baut darauf, dass er diese Kompetenzen in den Dienst der Herr-
schaftsordnung stellt. Und diese Herrschaftsordnung wird wiederum durch die Verga-
be des Duellrechts abgebildet. Der gerichtliche Zweikampf erweist sich also einmal
mehr als Herrschaftsinstrument. Die Entscheidung, wer dieses Herrschaftsinstrument
verwalten darf, dient jedoch nicht allein politisch-rechtlichen Interessen, sondern för-
dert auch das Ansehen des >Verwalters<, der in einer quasi-königlichen Stellung erwei-
terte Kompetenzen und auch einen erheblichen Prestigegewinn verzeichnen kann. Das
&7eH77777 avanciert damit auch zu einem Statussymbol.
In welchem Maße dies auch für die Partikulargewalten gilt, illustrieren deren Re-
aktionen, wenn das Duellrecht nicht zugestanden, sondern entzogen werden soll: Das
Zweikampfverbot Ludwigs des Heiligen scheitert, wie bereits skizziert, auch an den
Widerständen der Gerichtsherren. Und in England wollen es sich die Barons in der Re-
gel nicht nehmen lassen, ihre Untergebenen in Streitfällen, beispielsweise über Steuer-
zahlungen, TiMeiio ausfechten zu lassen.*" Die einmal zugestandenen Kompetenzen wer-
den also hartnäckig verteidigt. Doch bedeutet der Verzicht auf den gerichtlichen
Zweikampf zugunsten weniger blutiger Verfahrensformen wirklich einen Kompetenz-
verlust für den Gerichtsherrn? Was verliert er, wenn seine Leute sich gütlich einigen
und eben nicht aufeinander einschlagen? Der finanzielle Verlust wird sich in Grenzen
gehalten haben;*" Gerichtsgefälle wären so oder so zu zahlen gewesen und der Ge-
215 Vgl. RI* V.l.l, Nr. 96. - Philipp erneuert damit ein Privileg, das dem Bischof von Valence von
Friedrich I. verliehen wurde; vgl. MGH DD FI Nr. 196, S. 328-329.
216 Vgl. RP V.l.l, Nr. 379.
217 Vgl. RI* V.1.2, Nr. 5501.
218 Vgl. HYAMs: Trial by Ordeal, S. 113.
219 Generell ist die Frage nach den (finanziellen) Gewinnern und Verlierern am gerichtlichen
Zweikampf jedoch ein wichtiger Aspekt in den Rechtsquellen, der umfassendere Aufarbei-
tung verdiente. Besonders in den Weistümern finden sich zahlreiche solcher Bestimmungen;
hier nur zwei Beispiele: Der Kampf soll vor dem Propst und dem Vogt stattfinden und die
>Besserung< fällt zu zwei Teilen an den Propst, der dritte Teil soll eiern royf 7777'f eiern iii? e?/seien
verjäiie77 (vgl. GRIMM: Weisthümer 1, S. 305 und 5, S. 50-53, Dinghof zu Bülbenken/Bielben-
ken). Andersherum geregelt ist es dagegen in Kotzingen: f. ..J, non so/eisern /eeempf es/ eie?* ztoeni-
iseii ei77s royfs, 77777! i^iüiffiseii ei77es ii77i777 p7*oFsis 777 eie777 iio7yLofz777ye77 (vgl. GRIMM: Weisthümer 1,
S. 663). - Vgl. NicoDEME: Enquete sur le duel judiciaire; NoTTARP: Gottesurteilstudien, S. 238-
246; SCHREIBER: Kirchliches Abgabewesen.