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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0081

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Herrschererhebungen des Spätmittelalters

kommen bei Einzug, Wahl und Altarsetzungen für die Zukunft schriftlich fixierten.'^'
Da die Ableistung des Eides und die Modalität der Stimmabgabe in der Goldenen Bulle
geregelt waren, überging der mit ordo betitelte Text diese mit einem kurzen Ver-
weis Hdü GMrcc). Die eher verfahrenstechnischen Bestimmungen der Gol-
denen Bulle wurden so vor allem um die rituellen Elemente der Wahl ergänzt, von de-
nen besonders die als achis regads bezeichnete Altarsetzung ausführlichere Behandlung
fand. Daneben wurde die Sonderstellung der Kurfürsten besonders betont, sie allein
sollten den König bei der Altarsetzung berühren. Entgegen einer früheren Fassung tra-
ten sie nun außerdem bei den Gebeten gemeinsam als Antwortende auf.
Vergleicht man insgesamt die drei Wahlen der Jahre 1410 und 1411, so zeigt sich,
dass verschiedene Forschungsmeinungen und -urteile gerade jüngeren Datums zu mo-
difizieren und zu präzisieren sind. Zunächst einmal gilt es zu betonen, dass die Kur-
fürsten, wie auch Frankfurt, stets bemüht waren, die Regelungen der Goldenen Bulle zu
befolgen.'^' Auf beiden Seiten berief man sich 1410 auf entsprechende Passagen, um die
jeweilige Parteimeinung als die rechtmäßige darzustellen. Waren durch die Abwesen-
heit mancher Wähler oder die verschlossene Bartholomäuskirche gewisse Abweichun-
gen bei der Durchführung notwendig, so geschahen diese bei möglichst exakter Befol-
gung des eigentlichen Ablaufs und unter ausdrücklichem Verweis, dass dieser unter
normalen Umständen beachtet worden wäre.
Welche Auswirkungen diese Missachtung der Norm hatte, wurde naturgemäß im
jeweils eigenen Sinne interpretiert und ausführlich zu rechtfertigen versucht. Die Tat-
sache, dass der sächsische Hofmeister der Wahl Jobsts zwar beiwohnte, jedoch erst nach
Eintreffen der Bevollmächtigung den Wahleid leistete und seine Stimme abgab, zeigt
ebenfalls deutlich, welcher Wert auf die exakte Befolgung der vorgeschriebenen Form
gelegt wurde. Darüber hinaus muss auffallen, dass die Wahl unter vorheriger An-
hörung der kurfürstlichen and dienern (Sigismund 1410) beziehungsweise die
Stimmabgabe im Chor zwar in dcnniir/Acii, aber unter Zeugenschaft der grauen Herren
nnd andern reden nnd mit noiaricn (1411) geschah. In beiden Fällen wurden neben den
Kurfürsten also auch weitere Personen in die Entscheidungsfindung einbezogen, wozu
auch eine inszenierte Beratung über den tatsächlich ja bereits feststehenden Kandida-
ten gehörte.
Was die Frage der Rechtmäßigkeit der beiden Wahlen vom Herbst 1410 angeht, so
neigt die Forschung in der Regel dazu, die Argumente der Partei Jobsts von Mähren
höher zu bewerten und die erste Wahl Sigismunds als höchst problematisch anzusehen.
Dessen letzter Biograph, Jörg K. Hoensch, ging sogar so weit, von der »spektakulärstejn]
und armseligstejn] Wahl eines Römischen Königs seit dem Vorliegen gesetzlicher Rege-

1826 Diese legen außerdem nahe, dass die bei früheren Wahlen mehrfach belegte Anrufung des Hei-
ligen Geistes (z'wpocafa sawch Spz'n'fMS gracz'a) nicht notwendigerweise auf eine solche Messfeier
bezogen werden muss, sondern mit der unmittelbar vor der Stimmabgabe angestimmten Anti-
phon Venz' sawcfc spz'rzf MS zu identifizieren sein könnte.
1827 Dies gegen RoGGE, Die deutschen Könige im Mittelalter, S. 72-79, der die Wahlen Wenzels, Rup-
rechts und Sigismunds irrig unter die Überschrift »>Wahlen< ohne Rezeption der Goldenen
Bulle« stellt. Zwar wurden in allen Fällen gewisse Bestimmungen missachtet, doch war man
stets um die möglichst genaue Befolgung der vorgeschriebenen Abläufe und rituellen Formen
bemüht.
 
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