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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0082

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Sigismund (1410-1414)

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lungen« zu sprechen.'^ Die Verurteilung der Anhänger Sigismunds, die auf die zügige
Vornahme einer Königswahl drängten und dafür auch gewillt waren, sich über formale
Anforderungen hinwegzusetzen, übersieht allerdings, dass die anschließende Mehr-
heitswahl Jobsts durch fünf der sieben Kurstimmen erst durch die Wahl Sigismunds
überhaupt möglich wurde: Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die drei östlichen Kurfürs-
ten stets an Wenzels Königtum festgehalten, während die Erzbischöfe von Mainz und
Köln offenbar zunächst gewillt waren, der von ihnen wenig später als unrechtmäßig
eingestuften Wahl Sigismunds beizutreten. Das Ursache und Wirkung übersehende
Urteil der Historiker wäre wohl sehr viel milder ausgefallen, wenn es nicht als Reaktion
auf die Erhebung Sigismunds zur Wahl dessen Vetters gekommen wäre, wodurch aus
einer drohenden längeren Reichsvakanz schließlich eine Doppelwahl wurde.
Auch die Nachrichten der gemeinhin vernachlässigten historiographischen Quel-
len sprechen für eine Modifizierung des bisher vorherrschenden Urteils: Unter Verweis
auf den bei Andreas von Regensburg überlieferten und angeblich »weitverbreiteten«
Spottvers zu Sigismunds erster Wahl (In Hanicn/nU /ün&nn dm?; ein /(nnzg
ein ciünd nnd ein ist vorgebracht worden, es habe »allgemeinejn] Zweifel an der
Korrektheit und Rechtsgültigkeit des Wahlaktes« gegeben.'^" Zwar übergehen in der
Tat manche Quellen diese Wahl wortlos,'^' doch werden in der Regel beide Wahlen
gleichberechtigt nebeneinander erwähnt '^ oder es wird sogar eindeutig für Sigismund
Position bezogen.'^ Sicherlich dürften Jobsts baldiger Tod und die allgemeine Aner-
kennung Sigismunds wenig später diese Darstellungen beeinflusst haben, doch wird
man gut daran tun, nicht aus einer zwar einprägsamen, aber doch vereinzelt dastehen-
den Nachricht, eine generelle Ablehnung der ersten Wahl Sigismunds zu konstatieren.
Sigismund selbst erachtete diese für vollkommen rechtsgültig, was an seiner An-
nahme der Wahl, der Ankündigung eines Königslagers und der ab diesem Tag gerech-
neten Regierungsjahre erkennbar ist. Der baldige Tod Jobsts machte allerdings Zuge-
ständnisse gegenüber dessen Wählern notwendig, was zu einer zweiten Wahl führte:
Sigismund entschied sich für den Weg einer konsensualen Lösung, statt mittels des von
seinen Wählern initiierten Königslagers seine Ansprüche unter Ausübung oder zumin-

1828 HoENSCH, Kaiser Sigismund, S. 151. Vgl. auch RoGGE, Die deutschen Könige im Mittelalter, S. 77:
»Mehr Verstöße gegen die Goldene Bulle als bei dieser Wahl sind kaum denkbar.«
1829 Andreas von Regensburg, Chronica pontificum et imperatorum Romanorum, S. 145: Ex ce-
pzf Mud commHMC poig;' prorvrMH??:.' In ErazAep/wf /zinderm c/zor, /zaNzzf gcwcP du Vzzzzg du c/zz'zzd und
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sezzz propfer sczzccfzzAzzz.
1830 HoENSCH, Kaiser Sigismund, S. 151.
1831 Johannes Latomus, Acta, S. 100; Oediger, Die geschichtlichen Notizen im »Liber albus«, S. 156.
1832 Fortsetzungen des Königshofen. Heidelberger Zusätze, c. 7 S. 261; Edmund de Dynter, Chronica
nobilissimorum ducum Lotharingiae et Brabantiae ac regum Francorum, 1. VI, c. 93 und 98,
Bd. 3, S. 189 und 201; Die Magdeburger Schöppenchronik, S. 330. Die Weltchronik des Mönchs
Albert 1273/77 - 1454/56, S. 313 berichtet fälschlich, der Erzbischof von Trier, der Pfalzgraf und
der Burggraf von Nürnberg hätten ursprünglich Jobst von Mähren gewählt, worauf nach des-
sen Tod Sigismund von allen cozzcordz'Ar gewählt worden sei.
1833 Gobelinus Person, Cosmidromius, c. 90, Rec. B, S. 188; Reinbold Siecht, Fortsetzung der Flores
temporum, S. 101f., wo die Wahl Jobsts nach Rhens verlegt wird. Auch Andreas von Regensburg
selbst lässt beide Wahlen am gleichen Tag stattfinden und berichtet, der Erzbischof von Mainz
habe die Kirchentüren verschlossen gehalten und damit die übrigen Wähler an der Teilnahme
gehindert (S. 145).
 
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