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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0256

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Krönung

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lässt, dass das mit dem Tragen der Krone verbundene Besteigen des Throns als Herr-
schaftsantritt verstanden werden konnte. Vergegenwärtigt man sich, dass Wenzel zwar
bereits 1376 gekrönt worden war, jedoch erst seit dem Tod seines Vaters die tatsächliche
Herrschaft inne hatte, so wird man in jenem Akt tatsächlich den rituellen Abschluss
des 1376 begonnenen Prozesses zu sehen haben. Wohl ohne zu wissen knüpfte Wenzel
damit - wenn auch etwas weniger eilig - an das bei seinen salischen Vorgängern be-
legte Vorgehen an, hatten doch mehr als zweihundert Jahre zuvor Heinrich III. sowie
Heinrich IV. unmittelbar nach dem Tod ihrer Väter die eigenständige Herrschaft eben-
falls durch eine erneute Thronbesteigung eingeleitetV"
Die nachträgliche Thronbesteigung Ruprechts von der Pfalz findet nicht nur eine
hochmittelalterliche Parallele in den nachgeholten Inthronisationen Heinrichs II. und
Konrads II., sondern ähnelt in ihren Umständen auch derjenigen Karls IV., da beide als
Gegenkönige erhoben worden waren und erst nach einigen Jahren in Aachen einziehen
konnten. Was für 1349 und 1380 wahrscheinlich gemacht werden konnte, wurde nun
aufgrund im Vorfeld aufgetretener Irritationen eindeutig festgehalten: wann wir zn Ad-
elte innri/Yen, das wir dann nj^den icnni^sfnie daselbs siezen sollen etc., das doed iceine cronnnge
ist. Da die sonstigen zur Krönung gehörenden rituellen Handlungen (segen gefeit /oi'c-
sanr salbe nnd anders) bereits in Köln vollzogen worden waren, konnte in Aachen keine
Krönung, sondern nur Einzug und Inthronisation stattfinden. Deutlich brachte Rup-
recht auch die Gefahr eines abweichenden Vorgehens zum Ausdruck, wären doch alle
bisher geschehenen Belehnungen und Huldigungen in Frage gestellt worden, wenn
sich durch die vollständige Wiederholung der Weihe die vorangehende Krönung in
Köln als nicht mehr /(rc)Jhg and meedhg erwiesen hätte. Damit der König dennoch in
Aachen den Thron Karls des Großen besteigen konnte, wurde der Charakter dieser
Handlung genau bestimmt: Krönung war eben nicht gleich Krönung, eine vollständige
Königsweihe eben mehr als die mit dem Aufsetzen der Krone verbundene Inthroni-
sation.
In Verbindung mit den früheren Thronbesteigungen von 1349,1357 und 1380 wird
gleichzeitig aber deutlich, welche Anziehungskraft der in Aachen stehende Karlsthron
nicht nur auf die ottonischen und sali schert,'^' sondern auch auf die spätmittelalter-
lichen Herrscher ausübte. Die dortige Inthronisation stellte den angemessenen Ab-

130 Siehe zu 1039 u. a. Annales Hildesheimenses ad a. 1039, S. 44: Sed/z'iz'as ez'zzs dozzzzzzzs Hez'zzrz'c/zas,...
azzU sczlz'cef z'zz speczalezzz regzzz zzzozzarc/zz'azzz gezzeralz ckrz popaiz'tyae prededz'ozze corozzafas, zzzzzze aafezzz
sz'zze t?azwz's cozzfradz'cfz'ozzz's zzzdesfz'a, sazzzzzza c/zrz'sfz'azzz'szzzz cozzcozdz'a, solz'o pafrz's, Deogz*dz'as.' esf z'zzüozzz-
zaüzs. Vgl. zu Reise und Aufenthalt kurz MÜLLER, Itinerar Kaiser Heinrichs III., S. 18f. und STEiN-
DORFF, Jahrbücher des Deutschen Reichs unter Heinrich III., Bd. 1, S. 51f., beide ohne Kenntnis
der Quellenstelle, sowie zur Sache Bosrrop, Aachen und die Thronerhebung des deutschen Kö-
nigs, S. 19. In der am 8. August 1039 in Aachen ausgestellten Urkunde wird Erzbischof Hermann
von Köln als Petent genannt (MGH D H III. 4), so dass es nahe liegt, dass er das Aufsetzen der
Krone übernahm. Von dessen Vorgänger Pilgrim war Heinrich III. mehr als zehn Jahre zuvor
am selben Ort zum König gekrönt worden. Zu 1056 siehe Annales Altahenses maiores. II Pars
altera auctore monacho Altahensi, ad a. 1056, S. 808: Rex zwo Hezzrz'cas per dozzzz'zzzzzzz papazzz ad
A^az'sgrazzz dedaczYar ei z'zz sede regdz codocdar. Vgl. zu beidem auch SCHRAMM, Krönungen in
Deutschland, S. 301 mit Anm. 2, wiederholt bei SCHRAMM, Königskrönungen der deutschen
Herrscher, S. 130 mit Anm. 95, zu 1056 außerdem ScHEiBELREiTER, Regierungsantritt, S. 3f.
131 Vgl. die obige Anmerkung 130 sowie zu den nachgeholten Inthronisationen Heinrichs II. und
Konrads II., die beide zuvor in Mainz gekrönt worden waren, ScHREUER, Die rechtlichen Grund-
gedanken der französischen Krönungsordnung, S. 134.
 
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