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Burkhardt, Julia; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Reichsversammlungen im Spätmittelalter: politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland — Mittelalter-Forschungen, Band 37: Ostfildern, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.34753#0087

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86

B. Polnische Reichsversammlungen

Bezug auf die königliche Steuerpolitik pointierter und angemessener zu sein.
Um die Unterstützung der Landesvertreter für die Erhebung außerordentlicher
Steuer zu erlangen und somit einen breiten conscnsMS in der einfachen Szlachta
zu gewinnen, wandte sich Kazimierz IV. vermehrt direkt an die (Provinzial-)
Landtage.^ Gegen die Interpretation der königlichen Haltung gegenüber dem
Sejm als programmatisch autoritär spricht auch dessen wiederholte Bezugnah-
me auf die große Bedeutung gemeinsamer Entscheidungen.^
Die Reichsversammlung fungierte zudem als Bühne zur Vorstellung und
Behauptung von Machtansprüchen im Ordnungsgefüge des Königreichs. Wel-
che Bedeutung dem Sejm als Forum für die Präsentation politischer Ambiti-
onen zukam, wird am Beispiel des vehementen Königskritikers Jan Rytwianski
besonders deutlich. Seine verbale Attacke gegen den König während des zwei-
ten Sejms im Jahr 1459 schadete der Karriere des Krakauers nämlich durchaus
nicht - Rytwianski wurde nur drei Jahre später von Kazimierz IV. zum Kron-
marschall ernannt.^ Der König indes - im Laufe des Jahres 1459 mehrfach
zur Stabilisierung und Verbesserung der Verhältnisse im Reich aufgefordert -
hatte sich auf eben dieser Zusammenkunft um eine besonders eindrückliche
Demonstration seine Macht bemüht. Er ließ Höflinge, königliche Diener und
einen Großteil der Würdenträger bewaffnet erscheinen, weil er, so beschrieb
es Jan Dlugosz, fürchtete als schlechter Herrscher abgesetzt zu werden.^ Das

grammatik interpretiert werden, suchte Kazimierz IV. auf diesem Wege doch die Vertreter
der preußischen Stände dazu zu bewegen, politische Entscheidungen mit zu treffen und die
folgenden Kosten mit zu tragen.
233 Vgl. BARDACH, O stawaniu si§, S. 33. Tadeusz Szulc zeigte mit der Untersuchung der außer-
ordentlichen Steuererhebungen einen möglichen Grund für den königlichen Pragmatismus
deutlich auf. Von den unter der Herrschaft Kazimierz' IV. zwischen 29 und 32 beschlossenen
außerordentlichen Steuern wurden nur vier Beschlüsse zwischen 1447 und 1455 gefasst. Die
deutliche Mehrheit der Steuerbeschlüsse wurde während und nach dem Dreizehnjährigen
Krieg erlassen. Vgl. SzuLC, Uchwaly podatkowe, S. 149.
234 1460 etwa versicherte Kazimierz IV. dem Bischof von Przemysl brieflich, dass die auf dem
Sejm von allen Teilnehmern einträchtig beschlossene (coMCord; uofo) Steuer keine dauerhafte
Belastung für die zum Bistum gehörenden Städte sein werde: Mt HMfem ins rcmcd;MW cf pafro-
chÜMm uafcaf saM;re /crr; cowwMMC ;'n /cf;c; sfafM perseuerefMr, prcfaf;', Iwroncs, proceres,
fcrrfgcMC, cf woMcs regm nosfr; in present; general; conuencione Ppofrlcounens; coMgrcgaf; zeio cf
/ä^orc ac commodMW cf nfierfafem nniuersaiis Ion; scienfes ... concord; uofo adwisernnf ac eornw
assensnw parffcr cf consensn, dedernnf cf porrexernnf. Schreiben vom 4. Mai 1460, in: Akta grodz-
kie i ziemskie 8, Nr. 82, S. 129f. Die Zusammensetzung oder das Fungieren der allgemeinen
Versammlung wurde mehrheitlich von Adeligen, nicht aber vom König selbst kritisiert; er
erlangte (häufig im Gegenzug für Privilegien, Güter- oder Rechtsvergaben) in den meisten
Fällen die Zustimmung des Adels zu seinen militär- oder finanzpolitischen Vorhaben. Einen
Eindruck von diesem Balanceakt aus dem Handlungsspielraum des Königs und den >Kon-
trollinstanzem des Adels gibt am Beispiel von Verpfändungen der Krongüter MATuszEwsui,
Verpfändung der Krongüter.
235 Vgl. dazu FALKOwsKi, Elita wladzy, S. 92.
236 fniecfns eniw eraf Casimiro reg; sernpnins desfifMcionem snaw, ueinf praue regnnw adwinisfranfis,
nonnniios Mroncs woilri. Annales seu cronicae XII, S. 329. Bereits zwei Jahre zuvor war Kazi-
mierz IV. auf dem kleinpolnischen Provinziallandtag mit heftiger Kritik konfrontiert worden.
Angesichts der beständigen Angriffe auf das Reich hatten ihn die dortigen Anwesenden öf-
fentlich für die Vernachlässigung seiner genuinen Herrscherpflichten, für eine schlechte Re-
gierung und den mangelnden Schutz des Reichs (innfilis Regn; adrr;;'r;;'sfrac;'o, conflnna 4;'sfr;;cf;'o
 
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