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Münchner kunsttechnische Blätter — 6.1909/​1910

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Nr. 10
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Aus der alten Pinakothek
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Mai, Johann: Eine wichtige Vereinfachung des Nachzeichnens photographischer Vorlagen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36592#0042

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38

Münchner kunsttechnische matter.

Nr. to.

den Linienzug im Rubensschen Sinne begreift,
muss doch sehen, wie alies auf dem Biide zur
genauest abgewogenen Einheit zusammengehört,
wie die Gruppe iinks mit dem Baume die Höhen-
iinie biidet, zu der alie Gegeniinien wohi über-
legt angebracht sind, die kühne Linie des bis in
die Biidecke reichenden Speeres, die das Gelände
schroff überschneidende Baumgruppe, die Hunde
usw. einschiiessiich der in den Woiken erscheinen-
den aiiegorischen Figuren. Jetzt sieht man nur
eine dieser Figuren in der rechten oberen Ecke,
ganz unorganisch, sinn- und zwecklos! Von den
fünf Hunden ist nur einer übrig gebiieben. Rubens
dagegen hatte dem Meieager in voiier Absicht
eine grössere Meute mitgegeben, um den ge-
fürchteten Eber zu eriegen! Mit wie feiner Emp-
findung ebenfaiis die Verteilung von Hell und
Dunkel abgewogen war, ist auch aus der beige-
fügten Photographie ersichtlich. So bedeutet
dieser Eingriff nicht nur ein Verletzen des künst-
lerischen, sondern auch des gedanklichen Inhaltes
des Gemäldes.
Es besteht eine Galeriekommission, welche die
Entscheidung für Restaurierungen usw. zu treffen
hat. Geschah dieser Eingriff mit ihrer vollen Zu-
stimmung? An der Beantwortung dieser Frage
haben Künstler wie Kunstgelehrte das lebhafteste
Interesse.
Nachschrift.
Dem Artikel lag die Photographie des Bildes
mit Angabe des nunmehrigen Ausschnittes bei. Dem-
nach ist das Gemälde jetzt um etwas mehr als die
Hälfte kleiner! Leider hätte die Hersteliung eines die
obigen Ausführungen unterstützenden Kiischees, wie
es der Autor, dessen Namen der Schriftieitung als
Kenner der alten Meister längst bekannt ist, gewünscht
hatte, allzulange Zeit in Anspruch genommen, so dass
wir davon Abstand nehmen mussten.
Die Schriftleitung.
Eine wichtige Vereinfachung des Nach-
zeichnens photographischer Vorlagen.
Von Johann Mai. (Schluss.)
In dem darauffolgenden Fixierbade geht die
Kopie wesentlich zurück, d. h. sie wird hellbräunlich
wie eine blasse Tonfarbe von Terra di Siena, so dass
man beim späteren Zeichnen jeden mit chinesischer
Tusche gezogenen Strich sehr gut unterscheiden kann,
und dient, wie schon erwähnt, diese blasse Kopie als
Pause, nach welcher alle Konturen, Schattierungen usw.,
ebenso Ergänzungen, Veränderungen, Schriften, Staf-
fagen usw. je nach Wunsch des Zeichners angebracht
werden können, und spielt die Tüchtigkeit und künst-
lerische Befähigung hierbei eine grosse Rolle. Demnach
lassen sich z. B. aus einfachen Landschafts- oder Ge-
bäudeaufnahmen sehr leicht allerlei markante Reklame-
oder Inseratkiischees oder Illustrationszeichnungen her-
steilen, worauf ich nur nebenbei aufmerksam mache.
Nach dem Kopieren wässert man die Bilder etwa
to—: 5 Minuten in oft gewechseltem Wasser aus und
gibt dem vorletzten Waschwasser eine Wenigkeit Koch-
salz zu, um das Auschloren zu unterbrechen. Nach der

letzten Waschung ohne Kochsalzbeigabe kommen die
Bilder direkt in das Fixierbad, in welchem sie etwa
15 Minuten verbleiben müssen, wobei ein ziemlich
starkes Zurückgehen der Kopie eintritt.
Das frisch anzusetzende Fixierbad besteht aus to
Teilen Fixiematron und too Teilen Fluss-, Regen- oder
destilliertem Wasser und darf dieses nur so oft ge-
braucht werden, als es noch klar und rein, d. h. un-
getrübt ist.
Das Vergolden oder Platinieren in den üblichen
Ton- oder Tonfixierbädern fällt dagegen ganz fort,
denn es handelt sich darum, dass die Halbtonkopien
bezw. das Bild selbst keine Dauerhaftigkeit aufweist
und durch das Sublimatbad wieder zum Verschwinden
gebracht werden kann.
Ist die Fixierung beendigt, so muss das Bild we-
nigstens eine halbe Stunde oder noch länger im oft
gewechselten Wasser gründlich gewaschen werden,
damit jede Spur des Fixiernatrons entfernt wird. Nach
der Wässerung legt man die Kopie zwischen reines,
weisses, dickes Fliesspapier zum völligen Austrock-
nen, worauf mit Feder und Tusche Hott gezeichnet
werden kann, denn die Tusche Hiesst nicht aus, wenn
das Papier trocken ist, und jeder Strich steht tadellos
gut, so, wie auf dem besten Zeichenpapier.
Es muss jedoch darauf aufmerksam gemacht
werden, dass man jeden Fehler vermeiden soll, weil
durch das Abradieren die Papierschicht verletzt, die
nachfolgenden Striche unscharf und bei der weiteren
photographischen Strichaufnahme der chemigraphischen
Anstalt Schwierigkeiten bereitet werden.
Als ganz besonders wichtig ist die chinesische
Tusche zu betrachten, denn hierzu eignen sich die
selbstangeriebenen oder die Hüssigen käuflichen ge-
wöhnlichen und billigen Sorten nicht, weil sie viel zu
wenig intensiv tiefschwarz und ausserdem nicht wasser-
unlöslich sind, so dass die Zeichnungen bei der Behand-
lung im Sublimatbade sich verwischen oder wegschwem-
men lassen würden. Selbst die käuflichen unverwasch-
baren chinesischen Tuschen sind nicht zu empfehlen, da
sie wohl genügend widerstandsfähig gegen die erwähnte
Bäderbehandlung sind, doch sind die Striche nicht
intensiv schwarz genug, wodurch nicht einwandfreie
Zeichnungen entstehen, welche keine guten Strich-
negative für photolithographische oder chemigraphische
Zwecke ergeben können.
Bei dem Zeichnen muss demnach sehr darauf geachtet
werden, dass jeder, und selbst der feinste Strich oder
Punkt satt und tiefschwarz ausfällt, dass also stets mit
verhältnismässig voiier Feder gearbeitet wird, denn
graue durchsichtige Striche erfüllen den Zweck nicht,
ferner darf die Kopie nicht mit fettigen, schweissigen
Fingern verunreinigt werden, weil solche Stellen sich sehr
schwer ausbleichen lassen. Um nun ohne viele Mühe
tiefschwarze Striche zu erzielen, kann ich aus Ueber-
zeugung die konzentrierte Perltusche von Günther
Wagner, Hannover und Wien, empfehlen, die gegen-
über der gewöhnlichen und wasserunlöslichen Auszieh-
tusche farbstoffreicher und demnach dickHüssiger ist,
wodurch eine wesentlich bessere Deckkraft in den
Strichen erhalten wird. Diese konzentrierte Perltusche
ist unverwaschbar und hält die Ausbleichung des Halb-
tonbildes sehr gut aus, so dass die Tuschzeichnung in
ihrer vollen Kraft gewahrt bleibt.
Sobald die Zeichnung vollendet ist, lässt man die
zuletzt gezogenen Striche erst trocknen und legt das
Bild einige Zeit in das direkte Tageslicht, dann gibt
man es in eine Schale, in welcher sich die Bleichungs-
lösung befindet. Diese besteht aus zirka 20 g Queck-
silberchlorid und zirka r$o ccm Alkohol nebst 2—3
Tropfen chemisch reiner Salzsäure. Die Schale muss
natürlich vorher sehr rein ausgewaschen sein; es dürfen
sich keine Entwicklerreste oder Fixiernatron usw. darin
befinden, und eignet sich eine entsprechend grosse,
 
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