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Münchner kunsttechnische Blätter — 6.1909/​1910

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Nr. 21
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Nochmals Rubens und Tschudi
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Bronzemalerei auf Papier
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Berger, Ernst: Neue Stuccolustro-Malereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.36592#0088

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84

Münchner kunsttechnischc matter.

Nr 2!.

Kunstkommission das Recht zugebilligt werden kann,
auf Grund ästhetischer Anschauungen die Formate un-
ersetzlicher Meisterwerke abzuändern.
Herr Geheimrat v. Tschudi hat meine Beweise
sachlich nicht widerlegt; ich halte deshalb meine in
dieser Sache erhobenen schweren Vorwürfe in ihrem
vollen Umfange aufrecht.
In vorzüglicher Hochachtung
Paul Kaemmerer.
Nachschrift.
Die Angelegenheit ist nunmehr auch im bayerischen
Landtag (Sitzung vom 27. Juni) zur Sprache gebracht
worden. Die Redner sämtlicher Parteien sprachen
sich gegen das Vorgehen des Generaldirektors und
der Kunstkommission aus. Minister von Wehner gab
die beruhigende Versicherung, dass die verkleinerten
Rubensbilder „jederzeit in den alten Zustand
zurückversetzt werden könnten", mithin also
die Satyrn nicht abgesägt und „Meleager" durch das
Umbiegen nicht beschädigt ist.
Für Tschudi tritt in Heft :2 des „Cicerone"
Dr. W. Gräff (München) in ausführlichem Aufsatz ein,
worin er von früheren willkürlichen Aenderungen an
Bildern ausgeht, die zu beseitigen man allen Grund
habe. Als Nachweis der nachrubensschen Anstückelung
des „Meleager" führt er aus den älteren Schleissheimer
Inventaríen die verzeichneten Grössen an, wonach
eine Anstückelung der linken Partie (mit den Hunden)
zwischen :77g und 1800 erfolgt sein müsse. Gegen
die Echtheit der rechten Seite spreche das Stilgefühl,
das hier eine straffe Zusammenfassung aller Linien
und Kräfte, die bei Rubens Prinzip war, vermissen lasse.
Darauf hat Herr Kaemmerer in Nr. 313 derselben
Zeitung vom 8. Juli ausführlich erwidert.
BronzemaJerei aui Papier.
Bei den verschiedenen Malereien wird nicht selten
auch die Goldbronze verwendet, hauptsächlich dann,
wenn es sich um bunte Entwürfe für Reklame oder
um kalligraphische Arbeiten handelt. Die Goldbronze
wird gewöhnlich mit etwas Gummiwasser angerieben
und vielleicht noch eine Wenigkeit Ochsengalle zu-
gefügt, um sie leichter verarbeiten zu können, da sie
sonst überhaupt nicht glatt aus dem Pinsel läuft und
gleichmässige Flächen schwer zu erhalten sind. Um
mir diese Arbeit zu erleichtern, habe ich bei starkem
Karton oder Papier den folgenden Weg eingeschlagen,
der, ähnlich wie beim Druck für Bronzen, eine viel
glättere Fläche, hohen Glanz und leichteres Schaffen
ermöglicht.
In einem weithalsigen Glase löse ich Kanadabatsam
mit der gleichen Menge rektifiziertem Terpentinöl auf
und setze eine Spur echt venetianisches Terpentin
dazu. Ferner, um die Striche, die mit dem Harz-
gemisch gemalt werden, besser zu sehen, kommt noch
eine Wenigkeit roter oder brauner Oelfarbe dazu, und
wenn alles gelöst ist, kann mit dem Untermalen für
die Bronzen begonnen werden. Sobald diese Unter-
malung fertig ist, wird sie auf eine bis zwei Stunden
auf die Seite gelegt, damit das Terpentinöl ziemlich
verflüchtigen kann, und wenn nur noch eine zähklebrige
Schicht sich zeigt, dann wird mit weicher Watte oder
noch besser mit einem grossen Pinsel das Bronze-
pulver satt und voll aufgestaubt, ohne dass dabei die
Watte oder der Pinsel die klebrige Fläche berühren
darf. Durch entsprechende Bewegung des Papiers
sucht man die Bronze nach allen Seiten zu verteilen,
damit sich die Malerei gründlich sättigen kann, worauf
der Ueberschuss vorsichtig abgeschüttet, und die
Malerei auf einige Stunden ruhig liegen bleibt, damit
die Harzmischung mit der Bronze etwas eintrocknen
kann. Das gänzliche Trocknen ist dagegen wenig emp-
fehlenswert, indem durch das Abreiben kein richtiger

Glanz erzielt wird, denn wenn vermittels weicher Watte
der Bronzeüberschuss entfernt und gleichzeitig durch
gelindes Aufdrücken eine Art Politur vorgenommen
wird, erhält man eine gleichmässig glänzende Bronze-
wirkung so ähnlich, als wäre sie vermittels des Druckes
erzielt worden.
Es sei noch darauf aufmerksam gemacht, dass die
Harzmalerei nicht zu dick ausfällt, denn es genügt,
wenn die Striche recht gut gedeckt, aber niemals
überladen sein dürfen, und lehrt ein Versuch, wie ge-
arbeitet werden soll. Ferner darf die Harzlösung nicht
etwa recht dünnflüssig gemacht werden, denn sie
schlägt dann zu sehr in das Papier, d. h. sie breitet
sich leicht aus oder schlägt durch, wenn rauhe Papiere
genommen werden.
Die Bronzemalereien können noch vermittelst eines
Falzbeines und übergelegten glatten Papiers (Gtace-
papier) geglättet werden, worauf die weitere Ausführung
vor sich gehen kann. Die Bronzemalerei ist selbst-
verständlich sehr widerstandsfähig, und soll man recht
fein, d. h. schmierig gemahlene Bronzen verwenden,
die eine höhere Glätte und guten Glanz ergeben.
J. M. C.
Neue Stuccolustro-Maiereien.
In dem kürzlich eröffneten Erweiterungsbau der
Firma L. Bernheimer in München, dessen Etablisse-
ment bekanntlich zu den Sehenswürdigkeiten der
bayerischen Kunstmetropole gezählt werden muss, hat
der leitende Architekt, Geheimrat Prof. Friedr. von
Thiersch, einen kleinen Raum des Zwischengeschosses
im antik-römischen Stil und in Stuccolustro-Technik
ausführen lassen.
Wenn in diesen Blättern auf diese Arbeit besonders
aufmerksam gemacht wird, so geschieht dies aus
zweierlei Ursachen. Erstlich deshalb, weil die ge-
lungene Ausführung zeigt, wie vorzüglich sich die
Stuccolustro-Manier in eine modern-vornehme Archi-
tektur einordnen lässt, und zweitens, weil dadurch die
wiederholt erörterte Streitfrage: „Ist Stuccolustro eine
antike Technik" vom rein praktischen Standpunkte
einer Lösung entgegengeführt wird. Als ich vor Jahren
und dann wiederholt in meiner „Maltechnik des Alter-
tums" auf die Wahrscheinlichkeit, in dem Stuccolustro
der Italiener eine antike Tradition zu erblicken, hin-
gewiesen hatte und in meinen Rekonstruktionsversuchen
auch die Beweise dafür zu erbringen trachtete, sind
von „Fachgelehrten" Zweifel an der Richtigkeit meiner
Annahmen ausgesprochen worden. Man gab wohl die
Möglichkeit zu, dass in dieser Manier bestenfalls eine
„Imitation", nicht aber die eigentliche antike Wand-
mattechnik erblickt werden könne, die einzig in der
reinen Freskomalerei bestanden haben müsse.
In dem obenerwähnten neuesten Versuche hat Prof,
von Thiersch die antik-römische Manier und Technik so
vollkommen wieder erreicht, dass jeder, der einmal die
Malereien im Hause der Livia, im Thermenmuseum zu
Rom oder die herkulanischen Dekorationen in Neapel
aus eigener Anschauung genauer studiert hat, von der
absoluten Uebereinstimmung geradezu überrascht sein
wird: Die nämliche Erscheinung, die durchaus ge-
glättete Malerei, bei der man keinen Ansatz sieht,
wie sie bei den Beispielen des sog. Architekturstiles
beobachtet werden kann und wie es nur in Stucco-
lustro-Manier herzustellen möglich ist!
Dass Stuccolustro eine der antiken Tech-
niken gewesen sein muss, wird jedenfalls durch
den Thierschschen Versuch bestätigt.
Der Besuch des Bernheimerschen Neubaues ist
deshalb allen jenen zu empfehlen, die für antike
Technik Interesse haben. E. Berger.
 
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