Inhatt: Anatomische MisceHen III: Das Wachstum des menschiichen Schädels. (2. Nachtrag.) Von A. Friede!. —
Vergieichende Prüfung verschiedener Pigmentfarben auf ihre Brauchbarkeit in der Malerei, insbeson-
dere in der Kunstmalerei. Von Prof. Ernst Täuber. (Schluss.) — Nochmals Rubens und Tschudi.
— Bronzemalerei auf Papier. — Neue Stuccolustro-Malereien. Von E. Berger.
Anatomische MisceHen HI: Das Wachstum des menschlichen Schädels.*)
Von A.
Erscheint beim Lebenden das Gesichtsprofil
von überragender Bedeutung am Kopfe, so spricht
am nicht mit Haaren bedeckten Schadet das
ganze Schädetrund, auch der Hinterkopf, ebenso
stark, vor atlem bei Attersveränderungen. Die
Stettung des Hinterhauptsbeines ist dafür von Be-
deutung. An ihm spricht sich am stärksten von
den Schädetknochen die Tendenz zur aufrechten
Körperhaltung aus, für die das Kind absolut nicht
geboren ist, sondern in die es erst hineinwächst.
Man denke da an die Beschaffenheit kindlicher
Gliedmassen, an die gerade gestreckt vertaufende
Wirbelsäule, die erst im Laufe der Jahre ihre
etastische Schwingung erhält! Auf ihr sitzt der
Schadet vermittelt zweier GelenkHächen des
Hinterhauptsbeines. Diese kann man auch am
Lebenden in ihrer Lage bestimmen, wenn man
sich eine Linie vom hinteren Rande der einen
Gehöröffnung zur anderen gezogen denkt; eine
solche Linie ginge über die Mitte beider Getenk-
Hächen und bildete die Achse, um die sich der
Kopf auf der Wirbelsäule bewegt; dabei ist zu
beachten, dass die äussere Ohröffnung der am
Schädei nur dann entspricht, wenn man die Ohr-
muschel ein wenig nach hinten und oben zieht.
Beim Kinde mit seinem kleinen Gesichtchen,
das zur Hattung des Gleichgewichtes noch keiner
starken Nackenmusketn bedarf, liegt diese Achse
gerade in der Mitte; infolge der schwachen Nacken-
muskeln tritt der Hinterkopf auch viel stärker in
Erscheinung, während beim Erwachsenen oftmals
eine plumpe Linie vom Schädel zum Nacken
herabfällt. Beim Kinde balanciert also der Kopf
auf der Wirbelsäule, dabei fällt er leichter nach
*) Vgl. Nr. 13, 14 u. 16 dieses Jahrgangs.
riedel. (2. Nachtrag.)
hinten denn nach vorn über; beim Erwachsenen
umgekehrt, wenn die Nackenmuskeln im Schlafe
erschlaffen; denn bei diesen ist die vor der Ohr-
öffnung gelegene Gesichtshälfte des Kopfes be-
deutend schneller gewachsen als die hinter der
Ohröffnung gelegene Schädelhälftc.
Das in der Profilmitte gelegene Ohr ist also
gewissermassen nach hinten gewandert. Ein an-
deres Charakteristikum des kindlichen Ohres er-
schliesst die Vorderansicht. Es zeigt sich da
stärker nach vorn stehend als beim Erwachsenen,
wo die Muschel sich mehr an den Schädel an-
legt; ausserdem neigt sich auch der obere Rand
der Muschel stärker nach aussen. Auch hierfür
selbst liegen die Ursachen im Wachstum des
knöchernen Schädels, insonderheit des Schläfen-
beines. Dieses führt eine Drehung aus, indem
zuerst dqr untere Rand der Halbierungsebene des
Schädels näher steht als der obere, ferner der
vordere Rand näher als der hintere. Da die
Schädelbasis schneller wächst als das Schädcl-
gewölbe, wird der vordere und untere Rand
nach aussen gedrängt gegenüber dem hinteren
und oberen Rand der Knochen, der also im An-
fang der mittleren Halbierungsebcne des Schädels
seine vordere untere Kante zuneigte, stellt sich
später mehr parallel dieser Ebene. Dass diese
Drehung auch am Schädel selbst zum Ausdruck
kommt, zeigt vor allem die Dreiviertelansicht, bei
der die hintere Kontur beim Kinde mehr geneigt,
beim Erwachsenen steiler erscheint.
Es bleiben noch die Veränderungen am Scheitel-
bein wie am Jochbein zu betrachten. Ersteres,
das im Profil die Mitte des Schädelgewölbes bildet,
spielt in den ersten Jahren eine grössere Rolle
für die Schädelfiguration durch den Scheitelbein-