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Münchner kunsttechnische Blätter — 6.1909/​1910

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Nr. 20
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Marmor-Imprägnierung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36592#0084

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So

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr 20

Denkmalpflege (Braunschweig 1906) abgedruckt finden.
Der Berichterstatter über „Bemalung und Konser-
vierung mittelalterlicher Holz- und Steinüguren", Kon-
servator Dr. Hager-München, hatte auf die Schwierig-
keiten hingewiesen, die sich bei der Erhaltung der
alten Skulpturen geltend machten und dabei unter den
verschiedenen Methoden der Tränkung von porösem
Kalkstein, Marmor u. a. auch die Behandlung mit sehr
verdünnter Wasserglaslösung (r : 1000) sowie die Fiua-
tierung erwähnt. Prof. Dr. Rathgen äusserte sich über
die bei diesem Anlasse an ihn gerichteten Fragen
wie folgt:*)
„Der Aufforderung des Herrn Konservators Dr.
Hager, das Wort zur Fluatfrage zu ergreifen, Folge
leistend, muss ich Ihnen mitteilen, dass ich Ihnen kaum
etwas Neues mitteilen kann. Zuerst möchte ich hervor-
heben, dass Wasserglas von mir als Konservierungs-
mittel nicht empfohlen ist. Ich habe in dem [905
erschienenen Nachtrag zu dem Handbuche der König-
lichen Museen zu Berlin, „Die Konservierung von
Altertumsfunden", nur die Anwendung einer sehr ver-
dünnten Wasserglaslösung von seiten des Herrn Prof.
Rhousopoulos in Athen zitiert. Es ist sehr wohl
möglich, dass in der starken Verdünnung ein Vorzug
besteht, da die früheren schlechten Erfahrungen mit
Wasserglas sich wohl durchgehends auf konzentriertere
Lösungen beziehen.
Zu den Fluaten übergehend, darf ich vielleicht
hervorheben, dass zwischen der Wirkungsweise der
Fluate und der der meisten anderen Steinkonservierungs-
mittel ein prinzipieller Unterschied besteht. Die Fluate
bewirken eine chemische Veränderung der OberHäche
der Kalksteine oder der kalkhaltigen Sandsteine,**)
verstopfen aber die natürlichen Poren des Steines
nicht völlig und geben so der etwa noch im Stein be-
findlichen Feuchtigkeit Gelegenheit zur Verdunstung.
Im Gegensatz zu den Fluaten verstopfen andere
Tränkungsmittel die Poren des Steines gänzlich; sie
sollen daher nur bei möglichst trockenen Steinen ver-
wendet werden, weil etwa noch im Innern des Steines
vorhandene Feuchtigkeit keinen Ausgang mehr findet.
Zu diesen Mitteln gehören Harzlösungen, trocknende
Oele, ferner das bekannte Testalin, bei dem durch
die aufeinander folgende Behandlung von ölsaurem
Kalium (alkoholische Seifenlösung) und essigsaurer
Tonerde eine in Wasser unlösliche Tonerdeseife
entsteht, auch das in Deutschland bisher weniger be-
nutzte Szerelmay-Tränkungsmittel, das mir nach einer
Süchtigen Untersuchung einer älteren Probe aus einem
paraffinhaltigen Gemenge von Mineralöl und Leinöl zu
bestehen scheint.
Ob die durch die Fluatierung bewirkte Härtung
der Steinoberfläche immer auch eine Konservierung
bedingt, lässt sich nicht ohne weiteres sagen, besonders
nicht bei solchen Steinen, die z. B. durch den Gehalt
wasserlösslicher Salze schon Zersetzungserscheinungen
aufweisen.
Wie Herr Dr. Hager erwähnte, hat die Behandlung
von mit Oelfarbe bemalten Skulpturen keinen Zweck,
falls nicht etwa die Oelfarbe so zersetzt ist, dass alle
Oelteile verwittert sind und nur noch der Mineralfarb-
stoff erhalten ist. Ob in diesem Falle oder dort, wo
wasserlösliche Farbbindemittel vorhanden , eine Flua-
tierung angebracht ist, kann nur der Versuch ent-
scheiden. Ich habe bisher kaum Gelegenheit gehabt,

*) Sonderabdruck aus den Verhandlungen am
27. Sept. ¡906 (C. F. Müllersche Hofbuchdruckerei,
Karlsruhe), S. 25.
**) Näheres hierüber, wie auch über die durch
die nötigenfalls erforderliche AvantHuatbehandlung
bewirkten chemischen Vorgänge siehe Hans Hauen-
schild, Die Keplerschen Fluate, Berlin 1895.

darüber Erfahrungen zu sammeln, nur einmal konnte
ich bei einem Kalksteine ägyptischer Herkunft fest-
stellen, dass eine Fluatierung Reste gelber Farbe
wenigstens etwas festigte. Denn bei dem wegen des
Salzgehalts erforderlichen Auslaugen des Steines blieb
die gelbe Farbe an den Huatierten Stellen besser als
an den nicht getränkten haften.
Auf dem Denkmaltage in Düsseldorf*) hatte ich
Gelegenheit, kurz über eine Arbeit zu berichten, die
die Konservierung von Marmor durch Tränkungen mit
Fluat, Testalin und Wachsbenzinlösung zum Gegenstand
hatte. Die getränkten Proben wurden nach dem
Vorgänge von Prof. Seipp**) der Verwitterung aus-
gesetzt, und zwar an drei verschiedenen Stellen in
Berlin, auf dem Dache des Neuen Museums, auf dem
des Völkerkundemuseums und an einer dem Publikum
nicht zugänglichen Stelle des Tiergartens. Nach ein-
jähriger und nach zweijähriger Auslage wurde der Grad
der Verwitterung mit Hilfe der Wage und photo-
graphischer Aufnahmen festgestellt. Von den Ergeb-
nissen dieser Versuche will ich nur zweierlei kurz er-
wähnen, erstens die von vornherein erwartete Tatsache,
dass die Verwitterung der auf den Museumsdächern
ausgelegten Marmorstücke in viel stärkerem Masse
vorgeschritten war als bei den im Tiergarten auf-
gestellten, und dass zweitens die jetzt übliche Tränkung
der Denkmäler mit einer Wachsbenzinlösung nur dann
völlig wirksam ist, wenn sie alle zwei Jahre und nicht,
wie jetzt, alte fünf Jahre erfolgt. Aus Gründen, deren
Erörterung hier zu weit führen würde, sind diese Ver-
suche abgebrochen, aber jetzt mit pekuniärer Unter-
stützung von seiten der Königlichen Ministerialbau-
kommission und durch Beihilfe einer Reihe von Firmen
durch kostenlose Lieferung von Materalien, in grösserem
Masstabe wieder aufgenommen worden. Ausser einer
Sorte Carrara-Marmor werden jetzt Kirchheimer, Krenz-
heimer und Hardheimer Kalkstein sowie roter Main-
taler, Plagwitzer, Cudowaer, weisser und gelber Cottaer,
Rackwitzer und Wartauer Sandstein der Verwitterung
ausgesetzt werden, nachdem sie mit Fluaten, Testalin,
Szerelmay und anderen Mitteln getränkt worden. Ob
und bei welchen Sandsteinen der Fluatbehandlung eine
Tränkung mit AvantHuat vorherzugehen hat, ist noch
nicht entschieden, da sich die ganze Arbeit noch im
Anfangsstadium befindet. Nach Verlauf je eines Jahres
wird bei den ingesamt 274 Proben der Grad der
Verwitterung wiederum durch Wägung festgestellt
werden; ausserdem wird er allerdings auch durch sub-
jektive Beobachtung kontrolliert und durch eine kurze
Beschreibung festgehalten werden müssen. Ich darf
wohl noch hervorheben, dass es sich bei diesen Ver-
suchen durchaus nicht darum handelt, welches Stein-
material von den Kalk- und Sandsteinen das beste sei,
sondern es sollen nur die für unser Klima besten
Schutzmittel für die erwähnten Steinarten festgestellt
werden.
Zum Schlüsse möchte ich die Hoffnung aussprechen,
dass ich in einigen Jahren imstande bin, den heute
auf die Zukunft ausgestellten Wechsel einzulösen,
indem ich später einmal auf einem Denkmaltage die
Ergebnisse der Verwitterungsversuche mitteilen darf.
Allerdings werden diese Versuche zur Lösung der
Frage, ob und in weichem Masse Fluate bei schon in
starker Zersetzung begriffenen Steinen von Nutzen
sind, ja nur mittelbar beitragen können."

*) Stenographischer Bericht vom Dritten Tag für
Denkmalpflege zu Düsseldorf, S. 31.
**) Seipp, Die Wetterbeständigkeit der natürlichen
Bausteine usw., Jena 1900.
 
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