Mönchen, 27. Juni 1910.
Belage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint i4tägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.
YI. Jahrg. Nr. 20.
Inhait: Vergleichende Prüfung verschiedener Pigmentfarben auf ihre Brauchbarkeit in der Maierei, insbeson-
dere in der Kunstmaierei. Von Prof. Ernst Täuber. (Fortsetzung.) — Etwas vom Horizont in der
Maierei. Von Cari Reinhold. (Schiuss.) — Marmor-Imprägnierung.
Vergleichende Prüfung verschiedener Pigmentfarben auf ihre Brauchbarkeit in
der Malerei, insbesondere in der Kunstmalerei.
Von Prof. E
Ich habe auf meinen Wunsch von verschiedenen
Teerfarbenfabriken und von Lackfarbenfabriken,
weiche Teerfarbstoffe auf Lacke verarbeiten, Prä-
parate zur Untersuchung erhatten, die dort ais
reiativ echt erkannt waren und kann berichten,
dass darunter sich auch einige rote Produkte be-
finden, die bei gut brauchbaren Farbentönen eine
ausreichende Lichtechtheit aufweisen; es sind dies
folgende: Permanentrot 2G extra der A.-G.
für Anilinfabrikation zu Beriin, das auf Zinkweiss
und Schwerspat oder auf Tonerde niedergeschlagen
eine lebhaft rote Pigmentfarbe darsteilt von etwas
gelberem Farbenton ais iichter Zinnober. Der
Tonerdeiack ist iasierend, der Zinkweiss-Schwer-
spatiack natürlich mehr deckend.
Ungefähr gleichwertig in der Lichtechtheit ist
das Indanthrenbordeaux der Bad. Anilin- und
Sodafabrik, das in der Form seines Tonerdeiacks
zunächst nur ais Oeifarbe untersucht wurde, und
als drittes ist endlich Pigmentschariach g B
der Farbwerke Höchst zu nennen, in Oei eine
prachtvoiie Lasurfarbe von ganz reinem, etwas
blaueren Ton ais reiner Aiizarintonerdeiack und
von überlegener Lichtbeständigkeit in Mischung
mit Weiss. Ais reine Lasurfarbe zeigte sich sein
Ton durch Belichtung ein wenig nach Biau ver-
ändert. Ais Wasserfarbe schien es mir nicht ganz
so lichtecht wie ais Oeifarbe. Dagegen ist ais
Wasserfarbe von kaum übertreffbarer Lichtecht-
heit das noch biauere Thioindigorot, das von
der Firma Kalie & Co. in Biebrich zuerst in den
Handei gebracht worden ist Dieser schöne Farb-
stoff ist dagegen ais Oeifarbe gar nicht zu ge-
brauchen, weit er in Mischung mit anderen Oel-
farben auch ohne Mitwirkung des Lichtes voil-
ständig verbiasst, und zwar im Laufe von kurzer Zeit.
st Täuber. (Fortsetzung.)
Eine gute, aber für die Zwecke der Kunst
nicht ausreichende Lichtechtheit wiesen noch aus
Permanentrot R der A.-G. für Aniiinfabrikation
zu Beriin und aus Heiioechtrot der Farben-
fabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. hergesteiite
Lackfarben und das Pigmentechtrot der Farb-
werke Höchst auf.
Ehe ich die Gruppe der roten Farben schtiesse,
wiil ich noch der Mennige gedenken, die ais
Künstierfarbe in Oei kaum noch Anwendung findet,
ohne dass die Gründe dafür allgemeiner bekannt
wären. Ich bin der Ansicht, dass man Mennige
ais aufgesetztes reines Rot für sich allein unbe-
denklich verwenden könnte, dagegen soll man es
weder ais untergeiegte Farbe noch in Mischung
mit Bieiweiss oder Zinkweiss in Oei benutzen.
Könnte man Mennige als Leinöifarbe in Tuben
vorrätig halten, so würde sie allerdings den dar-
über geiegten Farben keine wesentliche Gefahr
bringen, da sie aber in Leinöi gerieben auch in
geschiossener Tube sehr baid erhärtet, so muss
man Mohnöl als Bindemittel anwenden, und Men-
nige in Mohnöl ist die gefährlichste Unterlage für
andere Farben, die ich überhaupt kennen geiernt
habe. Die Mischung von Mennige mit Bieiweiss
in Oei endlich wird durch Licht vollständig weiss.
Man wird unter diesen Umständen von der Be-
nutzung der Mennige als Künstleröifarbe in der
Regel abzusehen haben. Ueber ihr Verhalten als
Wasserfarbe habe ich bisher nur ganz wenige Be-
obachtungen zu verzeichnen; sie nahm dabei durch
längere Belichtung einen etwas grauen Ton an.
Ausgesprochen violette Körperfarben besitzen
wir in dem Kobaltviolett und dem Ultra-
marinviolett. Ich habe bisher ersteres nur als
Wasserfarbe, letzteres nur als Oeifarbe geprüft