Nr. ,3.
Münchner kunsttechnische Biätter.
5f
sonders grossen Verschwendung dieses Brennstoffes
führen, ist diese Art der Luftverschiechterung beson-
ders stark entwickelt; und die berüchtigten Londoner
Nebei rühren nicht zum wenigsten von dem Schwefei-
dioxyd der Steinkohie her, das die Nebeibiidung ganz
besonders begünstigt.
Nun sind die traditioneiien Materialien für monu-
mentaie Gebüde kohiensaurer Kaik und Bronze,
eine Kupfertegierung. Beide sind ganz indifferent dem
aiten Kohlendioxyd gegenüber, sie werden aber von
der Schwefeisäure ohne weiteres angegriffen. Der
kohiensaure Kaik dient ais Marmor für piastische
Monumentaiwerke, ais Bindemitte] der Fresko-
maierei für maierische. Während sich die Fresko-
biider in den früheren Jahrhunderten sehr gut gehaiten
haben, verfaiien sie gegenwärtig binnen wenigen Jahren
unrettbar dem Untergang. Man braucht nur einen
Biick auf die unentzifferbaren Ueberreste am aiten
Museum zu werfen, um sich hiervon zu überzeugen.
Dem Chemiker ist die Notwendigkeit, das Fresko
durch eine andere Technik zu ersetzen, angesichts
dieser Verhäitnisse, die jedenfaiis noch einige Jahr-
hunderte andauem werden, seibstverständiich; dem
Kunstgeiehrten erscheint diese auch noch in vieien
anderen Hinsichten sehr unzuiängiiche Technik ais die
einzig monumentaie.
Wenn ich mit Künstiern über die Sache sprach,
so fand ich meist trotz jener Erfahrungen ein achsei-
zuckendes: es wird nicht so schiimm sein. Und wenn
ich dann weiter behauptete, dass der beste Ersatz für
das Fresko eine monumentaie Pasteiitechnik sei,
so iiess man mich höfiich reden, suchte sich aber
baid eine vernünftigere Geseiischaft. Wie soii eine
Technik, deren Beschaffenheit mit der des Schmetter-
iingsstaubes vergiichen wird, monumentai sein können?
Das erschien so undenkbar, dass es sich überhaupt
nicht iohnte, derartiges anzuhören.
Nun aber kiagte mir vor Jahr und Tag Sascha
Schneider, der monumentaie, seine Not, ais er mit
einem doppeiiebensgrossen Werk für die Jenaer Uni-
versität beschäftigt war. „Wenn ich", sagte er, „eine
schöne Linie vom Oberschenkei bis zum Knöchei mit
dem Pinsei ziehen wiii, so versagt er mir in der Mitte,
und um den Schwung ist es geschehen. Und nehme
ich den Pinsei voii genug, so kiext er." — „Sie sind
mein Mann für meine neue Technik", sagte ich. „Was
meinen Sie, wenn ich Ihnen ein Materiai in die Hand
gebe, das nie aussetzt?" Er griff zu, und so siedeite
ich auf einige Tage nach Weimar über, wo er damais
war, um unter seinen Augen und nach seinen Bedürf-
nissen die neue Technik zu entwickein. Denn ihre
chemischen Grundiagen standen mir aiierdings fest;
ich brauchte aber einen tätigen Künstier, um die viel-
fach noch freien Einzeiheiten so zu gestatten, dass sie
genau den Bedürfnissen des Künstiers entsprachen.
Ich muss mir versagen, die ungemein reizvoiien
Tage dieser gemeinsamen Arbeit zu schiidern. Genug,
dass nach einigen Tastversuchen sehr baid der Weg
gefunden wurde, der den Künstier befriedigte, und
von dem der Chemiker nach bestem Gewissen sagen
konnte, dass er von seinem Standpunkt aus einwand-
frei war. Ich beschreibe aiso unmitteibar das Ergebnis
der Arbeit und bemerke nur, dass hernach Sascha
Schneider die Ausführung des im Karton festgesteiiten
Werkes genau in einem Zehntei der Zeit (es ist
kein Druckfehier: ein Zehntei) bewerksteiiigte,
die er gebraucht hätte, wenn er, wie anfangs
gemeint, es in Oeifarbe ausgeführt hätte.
Das Prinzip war, wie erwähnt, das der Pasteii-
maierei; die Biidschicht wurde aiso nicht in Gestait
einer fiüssigen Farbe aufgebracht, sondern ais Puiver
von einem farbigen Zeichenstift aufgestrichen. Dass
ein soicher nie „aussetzt", braucht nicht erst bewiesen
zu werden. Ich sagte mir aber ferner, dass ein monu-
mentaies Werk auf einer einigermassen kräftigen
Farbstoffschicht beruhen muss, wenn es anders diesen
Charakter haben und behaiten soii; man muss es mit
anderen Worten so gestatten, dass man auch von der
Oberfläche etwas verberen kann, ohne dass sich dabei
das Biid ändert. Demgemäss wurde aus Zinkweiss
(es hätte auch jede andere weisse Farbe genommen
werden können), Leim und Bimsteinpuiver eine Tünche
hergesteiit, die ais rauher Grund eine genügende
Menge Farbpuiver aufnehmen konnte, um der „Monu-
mentaibedingung" zu genügen. Die Leinwand, auf die
das Biid unmitteibar kommen soiite, wurde daher zu-
nächst mit Leimwasser gesteift, durch Benetzen mit
einer verdünnten Lösung von essigsaurer Tonerde
wurde der Leim uniösiich gemacht oder gegerbt, und
auf dieser Unteriage hieit dann der Bimsteingrund
ausgezeichnet, da er von dem Ueberschuss der essig-
sauren Tonerde von unten her fixiert wurde. Eine
zweite Behandiung mit dem gieichen Mitte] voiiendete
die Härtung des Biidgrundes.
Inzwischen waren die Hauptfarben des Biides fest-
gesteiit und aus den rohen Farbstoffpuivern mit Weiss
gemischt worden. Ich benutzte hierbei die traditioneiie
Schiemmkreide. Diese ist zwar auch kohiensaurer
Kaik und daher nicht schwefeisäurefest; da aber noch
ein schützender Ueberzug vorgesehen war, so kam
nicht viei darauf an. An Stehe der Kreide iässt sich
natüriich Barytweiss (gemahiener Schwerspat) oder
auch Gipspuiver benutzen, und ich würde hierzu raten,
wenn es sich um ein Werk in einer Grossstadt handeit.
Hier schien die Kreide unbedenkiich.
Die Farben werden trocken in dem Tone gemischt,
den sie hernach haben soben; dann werden sie mit
einer dünnen Tragantiösung (einhaib bis ein Prozent)
zu einem piastischen Teig angemacht, aus dem die
Stifte geformt werden. Sascha Schneider roiite sich
mit der Hand Gebiide fast von der Stärke einer Früh-
stückssemmei, nur viei iänger, und freute sich von
Herzen darauf, hernach bei der Arbeit was Ordent-
iiches in der Hand zu haben. Auch einige dünnere
Stifte für Einzeiheiten wurden vorgesehen. Man steiit
natüriich nicht abe Schattierungen her, sondern nur
die Haupttöne, die man dann auf dem Bitde durch
Ineinanderarbeiten nach Bedarf mischen kann.
Die Arbeit ging, wie bemerkt, mit verbiüifepder
Geschwindigkeit vor sich. Stehen, die missraten sind,
kann man mit einem trockenen Pinsei oder einer Bürste
abstäuben und mait darauf wieder wie auf dem frischen
Grunde. So wird das ganze Biid bis auf die ietzte
Einzeiheit fertiggesteiit, wobei nur Sorge zu tragen
ist, dass auch ein jeder Strich oder Fieck ais kräftige
Farbmasse, nicht ais oberHächticher Hauch dasteht.
Nun kommt das Fixieren. Hierzu dient eine etwa
zweiprozentige wässerige Lösung von Kasein in (ein
Viertei des Gewichts) Borax, die mit etwas Weingeist
(Brennspiritus tut's schon) versetzt ist, damit sie gut
benetzt. Mit einem grossen Zerstäuber wird das Biid
mehrfach angespritzt, doch so, dass niemais Tropfen
herabrinnen; nach dem zweiten oder dritten Fixieren
pflegt es reichiich fest zu sein. Das Kasein wird durch
Anstäuben mit sehr verdünnter F o r m a i i n iösung wasser-
fest gemacht und wird es dermassen, dass Sascha
Schneider, ais er hernach das Werk seinen Freunden
zeigte, aus der Waschschüssei daneben seinen grossen
Schwamm zu nehmen und gegen das Biid zu werfen
pflegte, bioss um zu zeigen, was man ihm zumuten darf.
Die ietzte Behandiung besteht darin, dass man
mit einem Stück festen Paraffins die ganze Oberfläche
abreibt. Sie eriangt dadurch einen sehr angenehmen,
sanften Opaischimmer und wird vobkommen wasser-
fest. Diese Operation wird am besten vorgenommen,
nachdem das Biid an Ort und Stebe ist; ob sie in
Jena ausgeführt worden ist, kann ich nicht angeben.
Nach dieser Behandiung sieht das Biid fast genau so
Münchner kunsttechnische Biätter.
5f
sonders grossen Verschwendung dieses Brennstoffes
führen, ist diese Art der Luftverschiechterung beson-
ders stark entwickelt; und die berüchtigten Londoner
Nebei rühren nicht zum wenigsten von dem Schwefei-
dioxyd der Steinkohie her, das die Nebeibiidung ganz
besonders begünstigt.
Nun sind die traditioneiien Materialien für monu-
mentaie Gebüde kohiensaurer Kaik und Bronze,
eine Kupfertegierung. Beide sind ganz indifferent dem
aiten Kohlendioxyd gegenüber, sie werden aber von
der Schwefeisäure ohne weiteres angegriffen. Der
kohiensaure Kaik dient ais Marmor für piastische
Monumentaiwerke, ais Bindemitte] der Fresko-
maierei für maierische. Während sich die Fresko-
biider in den früheren Jahrhunderten sehr gut gehaiten
haben, verfaiien sie gegenwärtig binnen wenigen Jahren
unrettbar dem Untergang. Man braucht nur einen
Biick auf die unentzifferbaren Ueberreste am aiten
Museum zu werfen, um sich hiervon zu überzeugen.
Dem Chemiker ist die Notwendigkeit, das Fresko
durch eine andere Technik zu ersetzen, angesichts
dieser Verhäitnisse, die jedenfaiis noch einige Jahr-
hunderte andauem werden, seibstverständiich; dem
Kunstgeiehrten erscheint diese auch noch in vieien
anderen Hinsichten sehr unzuiängiiche Technik ais die
einzig monumentaie.
Wenn ich mit Künstiern über die Sache sprach,
so fand ich meist trotz jener Erfahrungen ein achsei-
zuckendes: es wird nicht so schiimm sein. Und wenn
ich dann weiter behauptete, dass der beste Ersatz für
das Fresko eine monumentaie Pasteiitechnik sei,
so iiess man mich höfiich reden, suchte sich aber
baid eine vernünftigere Geseiischaft. Wie soii eine
Technik, deren Beschaffenheit mit der des Schmetter-
iingsstaubes vergiichen wird, monumentai sein können?
Das erschien so undenkbar, dass es sich überhaupt
nicht iohnte, derartiges anzuhören.
Nun aber kiagte mir vor Jahr und Tag Sascha
Schneider, der monumentaie, seine Not, ais er mit
einem doppeiiebensgrossen Werk für die Jenaer Uni-
versität beschäftigt war. „Wenn ich", sagte er, „eine
schöne Linie vom Oberschenkei bis zum Knöchei mit
dem Pinsei ziehen wiii, so versagt er mir in der Mitte,
und um den Schwung ist es geschehen. Und nehme
ich den Pinsei voii genug, so kiext er." — „Sie sind
mein Mann für meine neue Technik", sagte ich. „Was
meinen Sie, wenn ich Ihnen ein Materiai in die Hand
gebe, das nie aussetzt?" Er griff zu, und so siedeite
ich auf einige Tage nach Weimar über, wo er damais
war, um unter seinen Augen und nach seinen Bedürf-
nissen die neue Technik zu entwickein. Denn ihre
chemischen Grundiagen standen mir aiierdings fest;
ich brauchte aber einen tätigen Künstier, um die viel-
fach noch freien Einzeiheiten so zu gestatten, dass sie
genau den Bedürfnissen des Künstiers entsprachen.
Ich muss mir versagen, die ungemein reizvoiien
Tage dieser gemeinsamen Arbeit zu schiidern. Genug,
dass nach einigen Tastversuchen sehr baid der Weg
gefunden wurde, der den Künstier befriedigte, und
von dem der Chemiker nach bestem Gewissen sagen
konnte, dass er von seinem Standpunkt aus einwand-
frei war. Ich beschreibe aiso unmitteibar das Ergebnis
der Arbeit und bemerke nur, dass hernach Sascha
Schneider die Ausführung des im Karton festgesteiiten
Werkes genau in einem Zehntei der Zeit (es ist
kein Druckfehier: ein Zehntei) bewerksteiiigte,
die er gebraucht hätte, wenn er, wie anfangs
gemeint, es in Oeifarbe ausgeführt hätte.
Das Prinzip war, wie erwähnt, das der Pasteii-
maierei; die Biidschicht wurde aiso nicht in Gestait
einer fiüssigen Farbe aufgebracht, sondern ais Puiver
von einem farbigen Zeichenstift aufgestrichen. Dass
ein soicher nie „aussetzt", braucht nicht erst bewiesen
zu werden. Ich sagte mir aber ferner, dass ein monu-
mentaies Werk auf einer einigermassen kräftigen
Farbstoffschicht beruhen muss, wenn es anders diesen
Charakter haben und behaiten soii; man muss es mit
anderen Worten so gestatten, dass man auch von der
Oberfläche etwas verberen kann, ohne dass sich dabei
das Biid ändert. Demgemäss wurde aus Zinkweiss
(es hätte auch jede andere weisse Farbe genommen
werden können), Leim und Bimsteinpuiver eine Tünche
hergesteiit, die ais rauher Grund eine genügende
Menge Farbpuiver aufnehmen konnte, um der „Monu-
mentaibedingung" zu genügen. Die Leinwand, auf die
das Biid unmitteibar kommen soiite, wurde daher zu-
nächst mit Leimwasser gesteift, durch Benetzen mit
einer verdünnten Lösung von essigsaurer Tonerde
wurde der Leim uniösiich gemacht oder gegerbt, und
auf dieser Unteriage hieit dann der Bimsteingrund
ausgezeichnet, da er von dem Ueberschuss der essig-
sauren Tonerde von unten her fixiert wurde. Eine
zweite Behandiung mit dem gieichen Mitte] voiiendete
die Härtung des Biidgrundes.
Inzwischen waren die Hauptfarben des Biides fest-
gesteiit und aus den rohen Farbstoffpuivern mit Weiss
gemischt worden. Ich benutzte hierbei die traditioneiie
Schiemmkreide. Diese ist zwar auch kohiensaurer
Kaik und daher nicht schwefeisäurefest; da aber noch
ein schützender Ueberzug vorgesehen war, so kam
nicht viei darauf an. An Stehe der Kreide iässt sich
natüriich Barytweiss (gemahiener Schwerspat) oder
auch Gipspuiver benutzen, und ich würde hierzu raten,
wenn es sich um ein Werk in einer Grossstadt handeit.
Hier schien die Kreide unbedenkiich.
Die Farben werden trocken in dem Tone gemischt,
den sie hernach haben soben; dann werden sie mit
einer dünnen Tragantiösung (einhaib bis ein Prozent)
zu einem piastischen Teig angemacht, aus dem die
Stifte geformt werden. Sascha Schneider roiite sich
mit der Hand Gebiide fast von der Stärke einer Früh-
stückssemmei, nur viei iänger, und freute sich von
Herzen darauf, hernach bei der Arbeit was Ordent-
iiches in der Hand zu haben. Auch einige dünnere
Stifte für Einzeiheiten wurden vorgesehen. Man steiit
natüriich nicht abe Schattierungen her, sondern nur
die Haupttöne, die man dann auf dem Bitde durch
Ineinanderarbeiten nach Bedarf mischen kann.
Die Arbeit ging, wie bemerkt, mit verbiüifepder
Geschwindigkeit vor sich. Stehen, die missraten sind,
kann man mit einem trockenen Pinsei oder einer Bürste
abstäuben und mait darauf wieder wie auf dem frischen
Grunde. So wird das ganze Biid bis auf die ietzte
Einzeiheit fertiggesteiit, wobei nur Sorge zu tragen
ist, dass auch ein jeder Strich oder Fieck ais kräftige
Farbmasse, nicht ais oberHächticher Hauch dasteht.
Nun kommt das Fixieren. Hierzu dient eine etwa
zweiprozentige wässerige Lösung von Kasein in (ein
Viertei des Gewichts) Borax, die mit etwas Weingeist
(Brennspiritus tut's schon) versetzt ist, damit sie gut
benetzt. Mit einem grossen Zerstäuber wird das Biid
mehrfach angespritzt, doch so, dass niemais Tropfen
herabrinnen; nach dem zweiten oder dritten Fixieren
pflegt es reichiich fest zu sein. Das Kasein wird durch
Anstäuben mit sehr verdünnter F o r m a i i n iösung wasser-
fest gemacht und wird es dermassen, dass Sascha
Schneider, ais er hernach das Werk seinen Freunden
zeigte, aus der Waschschüssei daneben seinen grossen
Schwamm zu nehmen und gegen das Biid zu werfen
pflegte, bioss um zu zeigen, was man ihm zumuten darf.
Die ietzte Behandiung besteht darin, dass man
mit einem Stück festen Paraffins die ganze Oberfläche
abreibt. Sie eriangt dadurch einen sehr angenehmen,
sanften Opaischimmer und wird vobkommen wasser-
fest. Diese Operation wird am besten vorgenommen,
nachdem das Biid an Ort und Stebe ist; ob sie in
Jena ausgeführt worden ist, kann ich nicht angeben.
Nach dieser Behandiung sieht das Biid fast genau so