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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 5
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Ziegler, Walter: Rotationstiefdruck, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0023

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Nr 5-

Münchner kunsttechnische Blatter.

!9

Rotationstieidruck.
Von Walter Ziegler. (Forts.)
Weitere Versuche gingen dahin, die Platte mit
einem aufgestaubten und angeschmolzenen Harzkorn
zu versehen und in ähnlicher Weise wie bei Helio-
gravüre, nur im negativen Sinne, Hochdruckplatten mit
ungleichmässiger Körnung hervorzubringen. Auch hier-
durch wurden keine günstigen Resultate erzielt. Erst
nachdem man darauf verfiel, die wirklichen Halbtöne
auf optischem Wege mittels photographischer Auf-
nahmen durch in geringer Distanz vor der Aufnahme-
platte vorgeschalteten Linien-, Korn- oder Kreuzraster
in Punktelemente umzuwandeln, hatte man den zweck-
gemässen Weg beschritten, der zu den völlig sicheren
Ergebnissen führte, die wir in der Autotypie ersehen.
Bei der Betrachtung einer solchen Arbeit mit dem
Vergrösserungsglase erkennen wir, dass in hellen und
dunklen Bildteilen auf der Flächeneinheit die gleiche
Anzahl Punkte vorhanden ist, nur die Grösse der
Punktelemente ist variiert. Die Entfernung, welche
die Punkte auf der ganzen Fläche gleichmässig von-
einander haben, wird durch ein engeres oder weiteres
Raster genau bestimmt. Die Form der Druckelemente
kann durch Anwendung geeigneter Blendenformen ge-
regelt werden. Auf diese Weise hat man es in der
Hand, die Grösse der Punkte so zu halten, dass sie
der Aetzung widerstehen können.
Natürlich wird man bestrebt sein, um möglichsten
Detailreichtum zu wahren und um die in Vergrösserung
einem Kreuzstickmuster nicht unähnliche Struktur
möglichst wenig aufdringlich erscheinen zu lassen, die
Druckelemente so minutiös zu halten, als es für die
Aetzung und den Druck eben noch angänglich erscheint.
Je kleiner aber die Elemente sind, desto weniger
können die nicht druckenden Zwischenräume vertieft
werden.
So seicht geätzte Platten verschmieren aber leicht
beim Einwalzen mit der Firnisfarbe. Reines Weiss in
Flächen ist bei Autotypie eine Unmöglichkeit, oder die
flächige Vertiefung müsste durch besondere Nach-
arbeit geschaffen werden; es müssen selbst in den
hellsten Tönen noch Stützpunkte für die farbeauftra-
gende Walze vorhanden sein, sonst würde die elastische
Walzendäche die seichten flächigen Vertiefungen er-
reichen und sie beschmutzen.
Um einen tadellosen Abdruck zu erhalten, bedarf
es beim Drucken auch noch der Zurichtung, das ist
einer nach der Tontiefe hergerichteten schablonen-
artigen Unterlage, die die Platte an den dunkleren
Partien etwas verdickt. Trotz aller dieser Vorkeh-
rungen ist es aber auch nötig, dass das verwendete
Druckpapier die richtige Glätte besitzt, da der aus so
winzigen Elementen bestehende Ton auf rauhem
Papiermaterial zerrissen und ungleich erscheinen würde.
Die Druckanstalten sind daher darauf angewiesen,
höchst satiniertes oder, was noch schlimmer ist, so-
genanntes gestrichenes Kunstdruckpapier zu verdrucken,
dessen spiegelartige Glätte ein wahres Gift für die
Augen ist. Ausserdem ist zu bedenken, dass die mit
Füllmittel und dem glättenden Ueberzug versehenen
Papiere sehr wenig haltbar sind und auch bei grösst-
möglicher Schonung in relativ kurzer Zeit zugrunde
gehen müssen.
Von wesentlichem Vorteil ist es, dass Autotypien
mit Schriftsatz vereinigt und gemeinsam mit ihm in
einem Druckvorgang gedruckt werden können.
Die Tonbildung und der Druckvorgang beim Tief-
druck fussen auf ganz anderen Voraussetzungen als
beim Hochdruck.
Die unbearbeitete Tiefdruckplatte gleicht wohl
vollständig einer für Hochdruck zu bearbeitenden
Platte, nur verwendet man für Tiefdruck fast aus-
nahmslos Kupfer oder mit ihm überzogene Stahlplatten

und Walzen. Die blanke Platte ergibt bei der im
Tiefdruck üblichen Druckbehandlung in der Kupfer-
druckpresse eine leere weisse Fläche. Die graphische
Bearbeitung besteht darin, dass die Farbe aufnehmen-
den Zeichnungs- und Tonerzeugungselemente vertieft
in die Platte hineingearbeitet werden. Bei der zum
Drucken nötigen Vorbehandlung der bearbeiteten Platte
wird diese zuerst mit Farbe vollständig deckend ein-
tamponiert, die neben den Vertiefungen stehengeblie-
benen Zwischenräume der ursprünglichen Platten-
ebene werden vorerst auch mit Farbe bedeckt. Man
wischt die Farbe sodann von- der Oberdäche ab. Die
einzelnen den Ton bildenden linearen oder punkt-
förmigen Elemente bilden winzige Rinnen oder Näpf-
chen, in welchen die Farbe festgehalten wird. Es ist
selbstverständlich, dass hierdurch, ähnlich wie bei der
Körnung der Autotypie, auf dem Abdruck schwarze
und weisse Elemente nebeneinander stehen und damit
in gleicher Weise ein physiologischer Mischton erzielt
wird, aber wir haben es hier noch mit einem weiteren
wesentlichen Faktor zu tun, nämlich mit der Konsistenz
bezw. der Lasurfähigkeit der Druckfarbe. Die jewei-
ligen Vertiefungen der Elemente können seichter oder
kräftiger sein. Die Druckfarbe in ganz dünnem Auf-
trag ist nicht mehr deckkräftig, sondern lässt das
Papier durchscheinen, wodurch das einzelne Punkt-
element, wenn es seicht genug ist, nicht mehr deck-
kräftig schwarz, sondern grau erscheint.
Die isochrome Graduierung des Halbtones wird
also hierbei auf zweifache Art erreicht, erstens durch
die Kornzerlegung und zweitens durch modellierende
Abschwächung der Farbe selbst. Durch diese Art der
Tonbildung ist eine viel reichere Skala von Halbton-
unterschieden ermöglicht.
Von den photomechanisch graphischen Tiefdruck-
techniken ist die Heliogravüre das brauchbarste Ver-
fahren, dessen Wesen kurz gefasst darin besteht, dass
von einem photographischen Diapositiv auf einem mit
doppeltchromsaurem Kali sensibilisierten Pigmentpapier
eine Kopie gemacht wird.
Diese Kopie wird auf eine mit angeschmolzenem
Harzstaubkorn versehene Kupferplatte aufgequetscht,
mit warmem Wasser entwickelt und angetrocknet. Die
je nach Belichtung dünneren oder dickeren Stellen
der Leimschichten lässt bei der nun folgenden Aetzung
mit verschieden konzentrierter Eisenchloridlösung diese
länger oder kürzer auf das Kupfer wirken, und es re-
sultiert daraus eine körnig vertiefte Matrize, bei der
die lichteren Stellen seichtere, die dunkleren Partien
tiefere tonbildende Elemente zeigen. Von Heliogra-
vüreplatten werden auf der Kupferdruckpresse Drucke
hergestellt. Diese Art des Drückens ist mühsam und
zeitraubend. Vor jedem herzustellenden Einzeldruck
muss die Platte in gewärmtem Zustande eintamponiert,
mit der Hand abgewischt, dann mit dem Lappen auf-
getont werden.
Die Plattenränder müssen noch besonders geputzt
werden, das Papier wird in gefeuchtetem Zustande
aufgelegt. Man war seit Jahren bestrebt, den umständ-
lichen Druckvorgang durch maschinelle Arbeit zu er-
setzen, aber das, was der geübte Kupferdrucker mit
der Handarbeit leistet, nämlich das für jede Bild-
erscheinung anders geartete Auftonen, das reine Ge-
fühlssache ist, konnte naturgemäss auch von einem
komplizierten Apparat nicht geleistet werden. Man
baute in erster Linie Prägepressen für ungetonte Drucke
von kleinen Platten, dann kombinierte man Hand- und
Maschinenarbeit, indem man durch letztere die rohere
Vorarbeit besorgen liess, und doch existieren schon
viele Jahrzehnte Rotationsschnellpressen für Tiefdruck
und sogar für Mehrfarbendruck. Wohl wenig Laien
wissen, dass die bunten Kattundrucke mit dem edelsten
Druckverfahren, dem Kupferstich, technisch identisch
sind.
 
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