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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 6
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Berger, Ernst: A. P. Laurie über griechische und römische Malmethoden
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0025

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Inhalt: A. P. Laurie über griechische und römische Matmethoden. Von E. B. — Rotationstiefdruck. Von
Watter Ziegter. (Schtuss.) — Deutsche und engtische Aquarettfarben. — Literatur.

A. P. Laurie über griechische und römische Maimethoden.

I.
Die Frage der römisch-pompejanischen Tech-
nik der Wandmalerei und der antiken Enkaustik,
weiche Archäologen, Künstler und Chemiker seit
mehr ais ioo Jahren beschäftigt, ist besonders
in den letzten zwei Jahrzehnten Gegenstand leb-
hafter Kontroversen gewesen. Wie mir erst kürz-
lich bekannt wurde, hat nunmehr auch ein eng-
lischer Gelehrter dazu das Wort ergriffen in einer
Schrift „Greek and Roman Methods of Painting"*),
und da laut der Vorrede mein Buch „Die Mal-
technik des Altertums" (Callwey, München 1904)
die Veranlassung gewesen ist, wird man es be-
greiflich finden, wenn ich in diesen Blättern über
Herrn Lauries Ansichten berichte und insbeson-
dere die Punkte berühre, die von allgemeinerem
Interesse sind.
Herr Laurie ist einer der tüchtigsten Ver-
treter seines Faches. Als Chemiker hat er wieder-
holt über Fragen der Maltechnik geschrieben.
Sein kleines Buch: Facts about Processes,
Pigments and Vehicles, a Manual for art
students (London, Macmillan & Co., 189$) kann
auch wegen der einfachen und eindringlichen Dar-
stellung als mustergültig bezeichnet werden. Auch
der alten Maltechnik**) hat er schon seit langer
Zeit seine Aufmerksamkeit zugewendet, so dass
seinen Erfahrungen und seinem Urteil besonderer
Wert zukommt.
In dem vorliegenden Buche sind die antiken
Malverfahren „von neuem" behandelt, und zwar
*) Greek and Roman Methods of Painting. Some
Comments on the Statements made by Pliny and Vitru-
vius about wall and panel painting. By A. P. Laurie,
M. A., D. Sc., formerly fellow of Kings College, Cam-
bridge. Cambridge: at the University Press. :$io.
**) In den Publikationen der Society of Arts er-
schien 1891 eine Abhandlung: „Pigments and vehicles
of the old masters".

zuerst die Enkaustik, deren richtige Erkenntnis
erst durch die in Hawara gefundenen Mumien-
bildnisse möglich geworden ist, wobei die ein-
schlägigen Angaben des Plinius durch Experimente
nachgeprüft werden und dann die Technik der
römisch-pompejanischen Wandmalerei,
deren Rekonstruktion nach Vitruvs Anweisungen
abermals versucht wird. Ausserdem glaubt Herr
Laurie auch über die Ganosis und das griechische
Verfahren, Marmoroberflächen zu bemalen,
„neues Licht" verbreitet zu haben. Es kommen
also alle Streitfragen der antiken Maltechnik
wieder zur Sprache.
Die Vorrede macht mir das Kompliment, dass
ich die früheren Theorien in „sehr geschickter
Weise" (most ably) angegriffen hätte. Aber es
kommt doch nicht auf die Geschicklichkeit, son-
dern auf die Berechtigung der Angriffe an, und
die letztere wird keinem zweifelhaft sein, der
sich mit der Sachlage, die ich vor fast 20 Jahren
vorfand, genau bekannt macht. Die Frage der
Enkaustik galt damals unseren Gelehrten als
durch O. Donner endgültig erledigt, und betreffs
der Wandmalerei sollte die Wiegmann-Donnersche
Freskotheorie jeden Zweifel beseitigt haben. Jetzt
bestätigt Herr Laurie selbst die Berechtigung
meiner Angriffe, freilich ohne es deutlich be-
merkbar zu machen, denn alles, was in der En-
kaustikfrage an neuen Argumenten durch
Heranziehung neuen Materials und praktische Ver-
suche von mir beigebracht worden ist, hat er in
vollem Umfang zustimmend übernommen
und es gar nicht mehr für nötig gehalten, ältere
Ansichten auch nur zu erwähnen. Hierdurch und
durch die Art, wie er an vielen anderen Stellen
auf mein Buch verweist*), unterscheidet er sich
*) Herr Laurie empfiehlt mein Buch geradezu
allen, die sich eingehend mit dem Studium der antiken
 
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