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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

DOI issue:
Nr. 16
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Berger, Ernst: Neue Gutachten über die römisch-pompejanische Wandmaltechnik, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0065

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KUMSTTECBHISOX
MTFR

Manchen, 29. April 1912.

Behage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint i4tägig unter Leitung von Maier Prof. Ernst Berger.

YHI.Jahrg. Nr. 16.

Inhalt: Neue Gutachten über die römisch-pompejanische Wandmaltechnik. III. Mitgeteilt von E. B. — Die
moderne Teerfarben-Industrie. — Ein Buch über Holzschnittechik. — Verlangsamung des Abbindens
von Gyps.

Neue Gutachten über die römisch-pompejanische Wandmaltechnik Hl.

Von dem Direktor der Kgl. akad. Hochschule
für die bildenden Künste, Exz. Anton v. Werner,
ist uns folgendes Schreiben zugegangen:
Königl. akad. Hochschule f. d. bild. Künste
J. Nr. 373.
Berlin, Potsdamer Strasse 113,
den 31. März 1912.
Herrn Professor Ernst Berger,
Redakteur der „Münchner kunsttechnischen Blätter ",
München.
Die Frage der römisch-pompejanischen Wand-
maltechnik wird zurzeit so lebhaft erörtert, dass
es vielleicht nicht unbescheiden erscheint, wenn
ich mir erlaube, Ihnen im Nachfolgenden meine
Meinung darüber zur Verfügung zu stellen.
Ich bin schon, als ich pompejanische Wand-
malereien 1869 zum ersten Male sah und prüfte,
niemals im Zweifel darüber gewesen, dass es
einfach Malereien in Wachsfarben auf sorgfältig
vorbereitetem und geglättetem Mauerputz, unserem
Gipsstuck ähnlich, sei. Zunächst schien es mir
unmöglich, die ausserordentlich komplizierten
architektonischen und ornamentalen Hauptteile
dieser Wanddekorationen mit ihren sorgfältig
ausgeführten feinen Säulen und Gliedern nass in
nass al fresko zu malen, dazu gehörte viel zu
viel Zeit. Weiter hätten sich auf dem dunklen
schwarzen oder roten Grund die ganz hellen
Ornamente, Guirlanden u. a. m. nass in nass, ohne
schmierig zu werden, gar nicht herstellen lassen
und zum Ueberüuss zeigten sie vielfach einen
ganz pastosen Auftrag, besonders in scharf auf-
gesetzten Lichtern, was am besten mit einer
flüssig fetten, schnell trocknenden Farbe ver-
mittels des Spitzpinsels zu erzielen ist. Da mir
aus meiner Stubenmaler-Lehrzeit her die Eigen-

heiten der Wasser-, Oel-, Lack- und Wachs-
farbentechnik genau bekannt waren und es gar
kein Geheimnis war, dass matte Wachsfarben
oder Wachsfirnis einfach durch Frottieren mit
einer Schuhbürste oder einem wollenen Lappen
soviel Glanz und Glätte annehmen, als man
wünscht, so bin ich über die Technik der pom-
pejanischen Malereien nie im Zweifel gewesen.
Meine Meinung wurde bald nachher bestätigt,
als ich nach einer wetterbeständigen Farbe
für den Fries suchte, den ich um die Sieges-
säule herum malen sollte. Ich wusste, dass
keine Farbe wetterbeständig im vollsten Masse
war, hatte aber während meines Aufenthaltes in
Kiel 1870 den Maler Sophus Claudius kennen
gelernt, der lange in Athen, Rom und Pompeji
gewesen war und sich viel mit Farbenexperi-
menten beschäftigte. Bei ihm hatte ich viele
Versuche mit einer Art Wachsfarbe gesehen,
deren Herstellung er geheim hielt, die mir aber
für einen Versuch zu obigem Zweck geeignet
schien. Er kam auf meine Einladung 1872 mit
seinem Material zu mir und ich malte auf einem
aus Dachziegeln hergestellten, mit Mörtelputz
überzogenen Grund, der mit Gips überrieben war,
zwei ziemlich grosse Bilder von mehr als 1 m
im Quadrat, absichtlich eine Menge von kleinen
Details in der Malerei anbringend. Es malte sich
vorzüglich mit der Farbe und dem eigens prä-
parierten Malmittel, sie trocknete ziemlich rasch
und es Hessen sich Lichter ebenso leicht auf-
setzen, wie Lasuren nach ganz kurzer Zeit bis
zum tiefsten Purpurrot verwenden. Ich malte
jedes Bild in einem Tage fertig, und am Abend
überfuhr es Claudius mit einer stark erhitzten,
an langem Handgriff befestigten Eisenplatte sorg-
fältig mehrfach, das heisse Eisen in einer Ent-
 
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