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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 22
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Berger, Ernst: Zur Einführung der Teerfarben, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0091

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Nr. 22.

Münchner kunsttechnische Btätter.

S7

Stoffe, deren Wert für Maizwecke festgesteiit wurde,
herzustelien, und da gerade die Liste der Aquarell-
farben mehrere nicht sehr haitbare Farben enthielt, diese
durch farbenkräftigere und iichtechtere zu ersetzen.
Die Firma H. Schmincke & Co., Düsseldorf, ist
hierin zuerst an die Oeffentlichkeit getreten, indem
sie einige neue Teerfarben als Aquarellfarben in den
Handel brachte. Mit dem Hinweis „Prüfen Sie
selbst" hatte sie Probeaufstriche von
Echtviolett,
Indigorot,
Türkischrot,
Echtgrün
versendet*) und damit die Künstler auf diese Neu-
heiten aufmerksam gemacht.
Durch immer neue Fortschritte der Teerfarben-
fabrikation, und ganz besonders durch die Verlack-
barkeit der bis dahin nur in wässeriger Form herge-
stellten Farbstoffe, war die Möglichkeit gegeben, die
neuen Pigmente auch als Oelfarben zu verwenden,
und damit schien der Moment gekommen, die neuen,
als lichtecht erkannten Farben für Künstlerzwecke zu
bereiten und in die Hände der Künstlerschaft gelangen
zu lassen.
In aller Erinnerung ist, dass die Firma Dr. Karl
König, G. m. b. H. in Düsseldorf, diesen Weg be-
schritten hat, indem sie aus Teerfärben unter dem
Namen „Eilidofarben" eine Farbenskala zusammen-
stellte, die den Tönen des Spektrums möglichst nach-
gebildet war.
Die Art und Weise, wie die Firma in den Pro-
spekten vorging, ist verschiedentlich glossiert worden,
und es wurde ihr zum Vorwurf gemacht, dass sie „mit
seltener Reklamesucht auch die soliden, seit Jahr-
tausenden bewährten Pigmente verdrängen wolle, um
an ihre Stelle eine neue Erfindung zu setzen, welche
in der Komplextheit, wie es die Einflüsse sind, denen
Farbkörper mit Bindemitteln in chemischer und physi-
kalischer Hinsicht unterworfen sind, noch gar nicht
erprobt sein kann"**).
Sicherlich hat dieser Vorwurf einige Berechtigung,
denn wenn sich der Prospekt in erster Linie auf Prof.
Täubers oben erörterte Versuche bezieht, so könnte
doch aus dessen Versuchen durchaus nicht geschlossen
werden, dass von nun an ausschliesslich mit den
neuen Teerfarben gemalt werden sollte. Es liegt hier
vielmehr der Sinn zugrunde, dass wir nunmehr in der
Lage sind, die wenigst haltbaren unserer bis jetzt
im Gebrauch befindlichen Farben durch neue zu er-
setzen, deren Haltbarkeit viel grösser ist. Von
einem Verwerfen der altbewährten Ocker, Eisenoxyd-
farben, von Kobalt, Ultramarin, Chromoxyden u. a. ist
doch keine Rede, sondern stets nur von einer Erweite-
rung unserer Palette durch die neuesten Errungen-
schaften unserer Farbenchemiker.
Die Neuerung der Firma Dr. K. König, so gut ge-
meint sie war, musste auf Widerstand stossen.
Denn niemand von uns wäre es eingefallen, mit
einem Schlage alles Alte über Bord zu werfen, ohne
das neue Material geprüft und in jeder Hinsicht ver-
lässlich befunden zu haben!
Zwei Dinge sprechen aber dafür, sich mit dem
neuen Material ernstlicher zu beschäftigen:
t. Die Farbentöne sind nach optischen
Grundsätzen ausgewählt. Sie kommen in dieser
Hinsicht den neuen Prinzipien des Kolorismus insofern
entgegen, als wir jetzt vielfach die Mischung der
Farben „auf der Netzhaut" einer Palettenmischung
vorziehen, und neuerlich versucht wird, die natürlichen

*) Vgl. „Münch, kunstt. Bl.", V. Jahrgang (1909),
Nr. 14.
**) Maler Paul Kämmerer in „Die Juryfreie", I. Jahr-
gang, Nr. 2 (Februar 1911).

Farbenerscheinungen durch die Spektralfarben hervor-
zurufen (Divisionismus, Pointillismus, Neo-Impressionis-
mus), d. h. durch Teilung der Farben und durch deren
komplementäre Ergänzung.
Anfangs hatte die Fabrik im ganzen 15 Töne für
genügend erachtet, jetzt steht durch Vermischung eine
Skala von 25 Tönen zur Verfügung, die von Gelb über
Rot (Braun), Blau, Violett und Grün geht, also alle
Farben des Spektrums vereinigt.
2. Die Vermischbarkeit der Farben unter-
einander bietet jede Gewähr der Haltbarkeit, weil
sie als chemische Individuen gleichartiger Natur gelten
können. Es ist nicht nötig, irgendwelche Rücksicht
zu nehmen, dass die Bestandteile einer Farbe der
anderen Schaden bringen können, wie es bisher mit
den schwefelhaltigen in Vermischung mit metallhaltigen
(z. B. Blei, Chrom, Kupfer) der Fall war; wir brauchen
nicht zu fürchten, dass eine Farbe mit der Zeit sich
ändere (wie bei Zinnober), es bedarf keiner „Warnungs-
tafeln", wie „das darfst du nicht", „das sollst du ver-
meiden" usw.
Die schädlichen Bestandteile der Luft, wie Schwefel-
wasserstoff, schwefelige Säure oder sonstige Einflüsse
sind hier unwirksam, denn die neuen Teerfarben sind
gegen diese Einflüsse unempfindlich,
Aber wie allen Dingen eine „Erdenschwere" an-
hängt, so auch den Teerfarben und den auf gleichem
Prinzip beruhenden Eilidofarben: sie bedürfen wie
jede andere zur Aufhellung einer weissen Farbe,
wie es das Bleiweiss oder das Zinkweiss ist.
Ganz besonders fällt aber ins Gewicht, dass Zink-
weiss (Permanent- oder Chinesischweiss) das Haupt-
weiss für Aquarellmalerei in Mischung mit Teerfarben
auf die Lichtechtheit dieser Mischungen einen schäd-
lichen Einfluss ausübt, dass also Farbstoffe, die
an sich sehr lichtecht sind,. mit Zinkweiss gemischt
viel schneller verblassen oder ihren Ton verändern.
Diese Eigenschaft war früher nur in einzelnen
Fällen beobachtet worden; so findet sich bei Church-
Ostwald (Farben und Malerei, München 1908, Callweys
Verlag) S. 266, Fussnote, der Hinweis, dass Pariserblau
durch Zinkweiss verändert werde, und S. 353 die Be-
merkung, dass nach Versuchen von Abney und Rüssel
ein Zusatz von Chinesischweiss (Zinkweiss) bei meh-
reren Farbstoffen deutliche Veränderungen im Lichte
hervorbringe.
Prof. Eibner, der eingehende Versuche nach
dieser Richtung vornahm*), kam zu dem Resultat,
dass die Lichtechtheit einer grossen Reihe minera-
lischer und aller bisher untersuchten älteren orga-
nischen und neuesten Teerfarbstoffe in Mischung mit
Zinkweiss im Aquarell - und Leimfarbenaufstriche
im direkten und auch zerstreuten Sonnenlichte je nach
der gewählten Tonstärke und Bindemittelmenge in be-
trächtlichem bezw. ganz ausserordentlichem Grade
herabgesetzt wird, während Lithopon, Bleiweiss, Kreide
und Spat (Blanc fixe) bei gleichem Mischungsverhältnis die
Lichtechtheit derselben Teerfarbstoffe in derselben Zeit
nicht und wahrscheinlich überhaupt nicht beeinflussen.
Zur Kennzeichnung der erwähnten Beschleunigung
der Lichtwirkungen des Zinkweiss auf bunte Farbstoffe
schlägt Eibner die Bezeichnungen „Zinkweissecht-
heit" bezw. „Zinkweissunechtheit" vor. Er fand
im Laufe der Versuche überdies, dass diese Wirkung
des Zinkweiss unter Glas weit stärker ist, als ohne
Glasbedeckung**). (Fortsetzung folgt.)
*) s. Eibner, Die zerstörende Wirkung des Zink-
weiss auf Aquarellfarben und die Frage der Einführ-
barkeit der Teerfarben in die Kunstmalerei (VII. Jahr-
gang, Nr. 18—20 dieser Blätter).
**) Wie Prof. Täuber (siehe: Ueber Eilidofarben II,
VIII. Jahrgang, 1911, Nr. 2 dieser Blätter) durch ver-
gleichende Proben feststellte, tritt die schädigende
 
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