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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 2.1901

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Heft 7
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Schäfer, Wilhelm: Der "Rheinische Goetheverein"
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https://doi.org/10.11588/diglit.45535#0052

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I?. V. Wille. Lin äüsterer l'ax.
widmen. Von beute ^u morgen aber kann sicb
ikre ^.tmospbäre nickt ändern. Ls muls sicb
alles ans ein Mittelmass stirnrnen. Weil das
liebe Lubbkum in seinen blei§un§en irnrner etwas
drnnter §ekt, berrscbt natürlick das Oefükl der
^VbendunterbaltunZ vor. Demgemäss wird alles
genossen und auck beurteilt. Kind wenn dann
2ufä11i§ ein ^.bend der Kunst gewidmet ist und
etwa Hebbels „Maria MaAdalena" gespielt
wird, dann stellt rnan entrüstet wäbrend der Lause
irn Loz^er und sa§t das scböne Wort: „Wenn
icb rnicb den §an^en 1a§ irn Kampf urns Dasein
Zescbunden bade, will icb abends erkeitert sein!"
Das ist konsequent und ricbti§. Das Lubbkum
füblt sicb arn recbten L1at2, nur das Kunstwerk
ist deplaciert. Ls sind M docb dieselben Läume,
die gestern nocb der „leicbt^escbür^ten Muse"
dienten. Wo soll da beute das Qelubl eines
„Höberen", „Kiebigen" berkommen? Das Oelübl
der Kunst, das an die tiefsten und unabweis-
baren Lätsebra§en anknüplend dern Qefübl eine
Antwort Aeben will über menscbbcbes Wissen
binaus. Das Oefübl der Kunst, die kein wobli^es
Amüsement sein will, sondern ein Zewalti^e
Lrscbütterun§, die alles aufreifst, wovon die

Seele irn Laufe des ^llta§s bedeckt war; die
wie ein Qewitter über den kleinen Menscben
berbraust. blackber stekt alles klar und friscb
in neuer Sonne und die Lrinnerun^ an ruckende
Lbt^e und rollende Donner lie^t wie eine ^.bnun§
der Oottbeit in der Seele.
Da pilgert rnan nacb Oberammergau, kornrnt
rnit entzückten Lippen beirn und kann gar nicbt
genug davon sagen, wie einern das scblicbte
Scbauspiel ins Ller? gegangen ist. Man rnerkt
gar nicbt, dats man das eigentbcb Wirksarne,
die feierbcke Stimmung, selbst rnitbracbte, weil
rnan kunstwillig war, weil rnan ergriffen, nicbt
unterbalten sein wollte. Lreibcb, urn wieder vorn
„Lbeiniscben Oo etbeverein" 2u sprecben,
die berübrnten Darsteller dieser Lestspiele
tragen auck das Ibrige 2u einer erbübten Lest-
stimmung bei. Man sagt sicb, es ist nickt das
gewobnte l'beater, was rnan kören wird, es ist
rnebr, es ist grosse Kunst. ^.ber dieselbe
Stimmung würde auck obne fernber gebolte
Darsteller 2U erreicben sein. Wenn rnan nur
füklte, rnan gebt nickt ins bbeater, sondern 2u
einer Leier der Kunst, blnsere beutigen Scbau-
spielkäuser geben vor, der Kunst 2u dienen, in
Wabrbeit sind sie kunstfeindlicb, weil ibre
Stimmung der Kunst nicbt würdig ist. Wenn das
Drarna wieder 2um Volk kornrnen soll, muss es
dern bbeater entrissen werden. ^.Ilsonntägbcb
läuten die Olocken dern Oläubigen ein Lest der
Lrbauung ein. Wo aber klingen die Olocken für
^ene, die irn Drarna die Scbauer der Lwigkeit
erleben rnöcbten? Wo ragen die Lernpel der
Kunst? ^.ucb der kleinste Ort bat seine Kircke,
aber welcbe Stadt in den Landen der deutscben
Dicktung besitzt ibr eigenes Lestspielbaus?
Der „Lbeiniscbe Ooetbeverein", der
uns in diesern Sonirner wieder die Illusion
geben will, unser Lbeater wäre ein solcber
bempel: er soll wissen, dass er auf dern recbten
Weg ist, der deutscben Dicbtkunst, deren wir
uns rübrnen, auck endlicb ein deutscbes Volk
2u geben. block sind es nur wenige übende,
aber — warurn sollen wir nickt Koben — bald
werden aus den wenigen übenden viels fest-
licke Morgen. Düsseldorf bat das scbönste
SpeLiabtätentbeater Deutscblands gebaut. Wenn
es nun auck die erste Stadt würde, die allsonn-
tägbcb einer festlicben Oemeinde 2U einer Leier
der Kunst ein festlicbes Klaus böte?
W. Scb.

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