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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 2.1901

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Heft 9
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Schäfer, Wilhelm: "Ein Dokument in deutscher Kunst" Die Ausstellung der Künstler-Kolonie Darmstadt 1901: Eröffnungsfeier am 15. Mai 1901 in Anwesenheit Sr. Königl. Hoheit des Grossherzogs von Hessen und bei Rhein
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https://doi.org/10.11588/diglit.45535#0155

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„Lin Dokument äeutsetier Lunst"
Vie
Au88te11unA der Xüu8t1er-Lo1ouie
Varni8tnät igoi.
Lrok5nunA8t'6i6r
am 15. Mai 1901
in ^.nwesenkeit 8r. Löni§1. Bokeit cles
6ro88lier2o§8 von Be88en und bei Rkein.

80 stand es breit gedruckt auf der Binladungs-
karte. Und das Plakat war iener bunte Parkett-
boden, den wir nocb irnrner kopsscküttelnd an
unsern 8äuien seben. Mir war ein wenig nack-
denklick Zumut, als ieb den Bkein binauf gen
Darmstadt fukr. Da Lassen Kuben und drüben
die Burgen auf den pelsen wie daraus gewacksen,
die alten Kircken überragten die grauen 8ckieier-
däcker: alles war organisck und gekörte Zu-
sarnrnen in porm und parke. Dann allerdings
ersckien auf dern runden Lucke! des Biederwalds
das Denkmal. Wie ein Tintenfass auf einern
Meklsack. Ick dackte an die barbariscke Zeit,
aus der es starnrnte, wo die Passaden der Kleider-
sckränke und Mietskasernen denselben Moden
unterworfen waren wie die Oekröcke. War diese
ganze rnoderne Bewegung rnit ikrern laurnel
auck nur wieder eine „8tilbelebung", diesmal
nack asiatisckern Muster? ^.ngesickts der alten
selbstsickeren rkeiniscken Kultur war ieder
Zweifel berecktigt.
Oie Meister dieser alten Dorne und Burgen
bauten ikr Werk an seinen Ort und zu Seinern
Zweck. Oie jungen Künstler zu Oarrnstadt
arbeiteten, urn eine Ausstellung zu rnacken. 8ie
stellten Bäuser bin, die beseken und als Muster
genommen werden sollten. War das nickt im
Orunde sckon das Oegenteil von einem „Doku-
ment deutscker
Kunst?"
Oann aber
straklte ein blauer
Morgenkimmei
auf die Matkilden-
köke zu Darm-
stadt. Über einer
koken backstei-
nernen preitreppe
lag das blendend-
weifse Brnst-Oud-
wig-Baus. Oang-
gestreckt wie eine
weifse Wand, mit
einem grossenpor-
tal in der Mitte.
Beckts und links
davon zwei 8ta-

tuen, Mann und prau, über alles menscklicke
Mals kinausragend, von Oudwig Babig an Ort
und 8telle aus übereinandergetürmten Kalkstein-
blöcken ausgekauen. Unten die festlicke Menge
der Oeladenen: zu viel blofs neugierige Darm-
städter und zu wenig Künstler und Kunstfreunde
aus dem Keick. Man war geistreick angesickts
der 8eltsamkeiten, man witzelte, wie wenn man
pllicktweise einen 8ckerz mitmackte, man sak
ungeduldig nack der verscklossenen Pforte kin-
auf, weil man sick aus der 8onne nack einem
Olase Bier seknte: Dann sckollen recktsker von
einem Oack panfaren. 8ie fanden Antwort rings
umker und verwoben sick zur festlicken Musik,
von den Bäckern niedertönend auf die verblümte
Menge. Wie von der Musik entzaubert öffnete
sick das Portal: Bine 8ckar weifsgekleideter
prauen mit bunten Blüten und Männer mit
grünen Kränken im Baar wallte kernieder. Ikr
Oesang misckte sick mit der Musik, ps war
eine Brwartung und ein Zweifel darin wie in
den Bergen der lausckenden Menge. Bin Mann
und eine prau traten in bunten Kleidern vor die
weifse 8ckar. Ikr Binzelgesang misckte sick mit
dem leise klagenden Lkor und der Musik von
den Bäckern, die nun auck trübe wurde; dann
öknete sick inmitten der bangen Zweifel zum
Zweitenmal die Pforte. Der Verkünder ersckien
und krackte einen
funkelnden Kri-
stall als Zeicken.
Oie Zweifelnden
glaubten seinem
eindringlicken
Oesang, glaubten
dem leucktenden
8^mbol in seinen
Bänden. Und als
er sick iükrend
wandte, folgten
ikm gläubig die
weissen 8ckaren.
Oie Pforten öffne-
ten sick weit. Im
Oesang und in
der Musik wurde
die Hoffnung zu
einem straklenden


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7.
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