DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:Neter, Rudolf: Frankfurt und die Kunst
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.45535#0295
I'rankkurt und die Tunst.
einzigen gan? bestimmten, scbarf begrenzten
Leite in ibrer innersten Leelenessen^ gab. l'boma
ist aus Lernau. ^Vber er war über Zwanzig
^abre in Frankfurt. IVlicb will es dünken, es
sei gan^ gut möglicb, dafs es die Landscbaft
ist, welcbe den lVlenscben die Leelen-Lb^siognomie
aufprägen kann, ^enes unfassbare, geistige Ltwas,
das rnit genau dein gleicbgestimmten, unbör-
baren Llange über den Wiesen, über den Geldern
und dern Walde, wie in den lVlenscbenber^en
tönt.
Das ist das niemals Lrklärlicbe und docb
Vorbandene, was wir irn engeren 8inne Lleimat-
und weiteren Lreise deutscbe Lunst nennen.
Oaber mag es kommen, dass rnir und vielen
anderen l'bornas Lüder srernder waren, die aus
Italien Karnen. Und daber wieder rübrt es, dass
wir rnit dern Weggang l'bornas ein 8tück Ligen-
Verlust betrauern; wir, die wir rnit diesem
sroben Lünstlerkinde das Leimatbcke neu seben
und neu süblen lernten, die wir seine Lcbüler
waren aucb obne lVlaler xu sein! lVlan denke!
in unserer grübelnden, selbst^erfasernden 2eit,
dieses unbewusste starke Lmpbnden, diese sonnig-
srobe spielende, friscbe Vormittagsnatur. Lr
batte eben vor uns voraus, ein Lauernsobn 2u
sein, ein starker Lcbols aus einem unberübrten
Loden. Ls gab Leute, die eine so welten-
verscbiedene blatur wie Lteinbausen mit
l'boma in einen Lrudermiscbmascb der Indi-
vidualitäten-^.bnlicbkeit verscbmel^en wollten.
enn wir in folgendem über Lrank-
surter lVlalerei reden wollen, als
etwas l^piscbes, als etwas Lba-
rakteristiscbes für Lranklurt, als
so eine ^.rt Leimatskunst, wenn
wir das Wort nicbt 2U eng be-
greifen wollen, so müssen wir
an die gleicbe Landscbaft den-
ken, die iknen das Verwandte
giebt: denn Lteinbausen, l'bo-
ma, ^Vltbeim, Löble, 1?rüb-
.ner, so viele blamen, so viel ver-
scbiedene Leimatsorte. Das soll
nicbt beissen, die Landscbaft, die
ibren Werken als Vorwurf dient, ist es, die ibnen
äufserlicb einen äbnlicben 2ug giebt. Londern alle
sind sie ebrlicb und frei von Lbrase, wie die
welligen, erdeduftenden Leider rings um Frank-
furt, wie die weicben, lang^ügigen, satten Wiesen
längs der blied und vor dem l'aunus, und alle
sind sie kräftig und gesund in dem natürlicken
einlacben, freien Lrscbauen der blatur; wie der
sommerblaue Limmel frei ist, der sieb ^et?t
segnend über Lrankfurt breitet, wie die goldene
8onne satt und gesund ist, die an den tiefgrünen
Llättern und gelben runden Lrücbten bängt, und
wie die Lcbatten stark und trotzig und irdiscb
sind, die ^wiscben kaum und Llättern scblummern.
Oesbalb scbien ein 8tück von uns ge-
nommen, als l'boma von Lrankfurt ging, der
wie kein anderer unsere Landscbaft nacb allen
Licbtungen bin, docb bei federn Lüd von einer
Lteinbausen kommt von Lerlin, belastet mit
einer tausendMbrigen, deutscben Lultur, M viel-
leicbt mit Oraknenblut in seinen ^.dern aus einem
ungleicb älteren Littenstaate. Lr ist nicbt un-
bewulst-naiv, wie l'boma. Das Leben, oder
was das gleicbe ist, das Leiden bat ibm tiefe
Ltricbe über die 8tirn binweg gezogen, ^Vls icb
ein Lelbstbildnis Lteinbausens sab in einer
düstern Landscbaft, dacbte icb mit Lcbmer^en:
wie muls dieser lVlann in seiner 8eele gestritten
und gelitten baben! ^sedes seiner Landscbafts-
bilder ist ein erkämpfter Lieg. 8ie sind wie die
klingende, liebe, beilige, müde Lube am ^Vbend.
Ibr Lriede ist uns armen gebeteten lVlenscben
der ^et^t^eit ein Lrlösen. Lr ist unser Olauben,
unsere Leligion. Oer Qlaube und die Leligion
der IVlenscbenseele, umfassender wie alles
andere, das sicb Leligion nennt, denn sein Linn-
bild durckscbwebt für alle ausnabmlos die gan^e
gebeiligte blatur. Wir können uns denken, dafs
Lteinbausen selbst vor seiner leidenscbaftlicb
erkennenwollenden 8eele in die Lube seiner
Lüder llücktet und uns den Leelenfrieden be-
scbert, den er sicb mübsam errungen bat. Ls
liegt eine tiefe Lralt in der Weicbbeit der Lm-
pbndung, mit welcber Lteinbausen redet, eine
Ltärke in der Verinnerlicbung. lVlag ein Lu^sdael
in der micbel-angelesken Qröfse seiner Land-
i6
einzigen gan? bestimmten, scbarf begrenzten
Leite in ibrer innersten Leelenessen^ gab. l'boma
ist aus Lernau. ^Vber er war über Zwanzig
^abre in Frankfurt. IVlicb will es dünken, es
sei gan^ gut möglicb, dafs es die Landscbaft
ist, welcbe den lVlenscben die Leelen-Lb^siognomie
aufprägen kann, ^enes unfassbare, geistige Ltwas,
das rnit genau dein gleicbgestimmten, unbör-
baren Llange über den Wiesen, über den Geldern
und dern Walde, wie in den lVlenscbenber^en
tönt.
Das ist das niemals Lrklärlicbe und docb
Vorbandene, was wir irn engeren 8inne Lleimat-
und weiteren Lreise deutscbe Lunst nennen.
Oaber mag es kommen, dass rnir und vielen
anderen l'bornas Lüder srernder waren, die aus
Italien Karnen. Und daber wieder rübrt es, dass
wir rnit dern Weggang l'bornas ein 8tück Ligen-
Verlust betrauern; wir, die wir rnit diesem
sroben Lünstlerkinde das Leimatbcke neu seben
und neu süblen lernten, die wir seine Lcbüler
waren aucb obne lVlaler xu sein! lVlan denke!
in unserer grübelnden, selbst^erfasernden 2eit,
dieses unbewusste starke Lmpbnden, diese sonnig-
srobe spielende, friscbe Vormittagsnatur. Lr
batte eben vor uns voraus, ein Lauernsobn 2u
sein, ein starker Lcbols aus einem unberübrten
Loden. Ls gab Leute, die eine so welten-
verscbiedene blatur wie Lteinbausen mit
l'boma in einen Lrudermiscbmascb der Indi-
vidualitäten-^.bnlicbkeit verscbmel^en wollten.
enn wir in folgendem über Lrank-
surter lVlalerei reden wollen, als
etwas l^piscbes, als etwas Lba-
rakteristiscbes für Lranklurt, als
so eine ^.rt Leimatskunst, wenn
wir das Wort nicbt 2U eng be-
greifen wollen, so müssen wir
an die gleicbe Landscbaft den-
ken, die iknen das Verwandte
giebt: denn Lteinbausen, l'bo-
ma, ^Vltbeim, Löble, 1?rüb-
.ner, so viele blamen, so viel ver-
scbiedene Leimatsorte. Das soll
nicbt beissen, die Landscbaft, die
ibren Werken als Vorwurf dient, ist es, die ibnen
äufserlicb einen äbnlicben 2ug giebt. Londern alle
sind sie ebrlicb und frei von Lbrase, wie die
welligen, erdeduftenden Leider rings um Frank-
furt, wie die weicben, lang^ügigen, satten Wiesen
längs der blied und vor dem l'aunus, und alle
sind sie kräftig und gesund in dem natürlicken
einlacben, freien Lrscbauen der blatur; wie der
sommerblaue Limmel frei ist, der sieb ^et?t
segnend über Lrankfurt breitet, wie die goldene
8onne satt und gesund ist, die an den tiefgrünen
Llättern und gelben runden Lrücbten bängt, und
wie die Lcbatten stark und trotzig und irdiscb
sind, die ^wiscben kaum und Llättern scblummern.
Oesbalb scbien ein 8tück von uns ge-
nommen, als l'boma von Lrankfurt ging, der
wie kein anderer unsere Landscbaft nacb allen
Licbtungen bin, docb bei federn Lüd von einer
Lteinbausen kommt von Lerlin, belastet mit
einer tausendMbrigen, deutscben Lultur, M viel-
leicbt mit Oraknenblut in seinen ^.dern aus einem
ungleicb älteren Littenstaate. Lr ist nicbt un-
bewulst-naiv, wie l'boma. Das Leben, oder
was das gleicbe ist, das Leiden bat ibm tiefe
Ltricbe über die 8tirn binweg gezogen, ^Vls icb
ein Lelbstbildnis Lteinbausens sab in einer
düstern Landscbaft, dacbte icb mit Lcbmer^en:
wie muls dieser lVlann in seiner 8eele gestritten
und gelitten baben! ^sedes seiner Landscbafts-
bilder ist ein erkämpfter Lieg. 8ie sind wie die
klingende, liebe, beilige, müde Lube am ^Vbend.
Ibr Lriede ist uns armen gebeteten lVlenscben
der ^et^t^eit ein Lrlösen. Lr ist unser Olauben,
unsere Leligion. Oer Qlaube und die Leligion
der IVlenscbenseele, umfassender wie alles
andere, das sicb Leligion nennt, denn sein Linn-
bild durckscbwebt für alle ausnabmlos die gan^e
gebeiligte blatur. Wir können uns denken, dafs
Lteinbausen selbst vor seiner leidenscbaftlicb
erkennenwollenden 8eele in die Lube seiner
Lüder llücktet und uns den Leelenfrieden be-
scbert, den er sicb mübsam errungen bat. Ls
liegt eine tiefe Lralt in der Weicbbeit der Lm-
pbndung, mit welcber Lteinbausen redet, eine
Ltärke in der Verinnerlicbung. lVlag ein Lu^sdael
in der micbel-angelesken Qröfse seiner Land-
i6