Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 2.1901

DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:
Neter, Rudolf: Frankfurt und die Kunst: Ein Nachtrag. (Siehe Seite 19.)
DOI Artikel:
Schäfer, Wilhelm: Noch einmal in Darmstadt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.45535#0326

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
zusammen. Hier prüfen die Künstler ein, die kür
die künstlerische Annonce der Tageszeitung, die
künstlerische Illustration schon von vornherein
nur schwarz und weiss in möglichst grossen
Kläcken, von einer Lichtquelle ausgehend, an-

ordnen. Oie in diesem ttekt gebrachten Droben
dieses typischen Illustrationsstiles kür Zeitungen
stammen von dem talentvollen lVlaler Dustav Li 1H
und sind als Keklame kür eine Koklenkandlung
im kiesigen „Intelligenzblatt" erschienen.
Kudols bleter.

I^soeti einmal in varinstaät.

Ich glaube, man Kat sich in Darmstadt
tauschen lassen. Lei der feierlichen Drötknung
saken die Deladenen die Künstlerkolonie zu lange
von auksen an. Ond auch die Zpäterkommenden
Keksen sich von der Hunten Aussenseite blenden
und glaubten, es handele sich hier um Architektur.
80 Kat man angesangen, den Vaumeister Oldrick
zu sckmaken. Wie mir scheinen will: einiger-
massen mit Unrecht; denn genau besehen, Kat
er gar keine Architektur gemacht. Oder sollte
einer das Drnst-Dudwigkaus im Ornst dakür kalten?
Diese Dekorationsmaler-Dassade, die ^etzt schon
verregnet ist und keinen Augenblick mehr darüber
täuscht, daks sie nur als bemalte Kulisse ent-
worfen wurde. lVlan kann sich nichts kümmer-
liches denken, als den Zeitenanblick von der
russischen Kapelle aus. Wer vom Kops eines
sitzenden klundes über den abfallenden Duckei
abwärts streicht, sackt bis zum Lckwanz hinunter,
der erkält die Dirke dieses Diebels aller Diebel.
lVlan könnte denken, Olbrich hätte nichts im
8inn gehabt als einen möglichst dekorativen
Hintergrund kür die beiden Kolossalkguren von
Dabick. lVlan könnte die ganze Desckickte als
das Dortal zum Darnichts bezeichnen; denn nach
den Diguren kommt wirklich nichts mehr. Da
ist rechts und links ein entsetzlich enger Dang,
der im Dahnkoks-^-ppartementgelb gestrichen ist
und zu den sogenannten Ateliers führt. In Wirk-
lichkeit zu einigen Windfängen, wo zur Zeit ganz
hübsch Ausstellung gemacht wird, wo aber sicher
kein Künstler arbeiten kann. Da ist eine ver-
steckte Kellertreppe, die wie ein lVläuselock zu
den Wohnungen von Vürck und Huber kükrt,
da ist eine Lest- oder Dmpkangs- oder Warte-
halle, die in ihrer Kaumbildung das Innere einer
groksen Kiste nachahmt und durch den schwer-
geprüften Daul Vürck mit einer 8ternenkimmel-
decke ausgemalt werden musste. Das Veste an
ihr ist der Eingang : man tritt sozusagen von
der 8trakse ohne Diele, Dlur oder dergleichen
mit einem 8ckritt hinein genau wie in eine
Vahnkokshalle. 80 giebt man sich weiter Keinen
Illusionen hin über die Naivität dieses 8ommer-
lokals. ^Vber dennoch: wer ahnungslos zehn
8ckritte geradeaus geht und dann durch das
Dlasdack in die Höhe und gleichsam hinter die
Kiste guckt: der bittet Olbrich mancherlei ab
und bewundert ikn gleichzeitig, weil er die Ein-
bildung einer Architektur zu geben wusste, wo
nur Vlendwerk ist.

Und so sind auch die „Künstlerhäuser" trotz-
dem sie nach allen vier Zeiten richtige Wände
und oben drauf ein Dack haben, kaum ernsthafte
Architekturen. ^Vls Wohnhäuser bestenfalls für
Junggesellen zu gebrauchen. Zwar nimmt in
allen die „Halle" den übrigen Käumen ^ede Aus-
dehnung; aber sie selbst ist dadurch nickt so
gewachsen, daks ein Dutzend geladener Dersonen
sich mit einiger Dreiheit darin bewegen könnte.
Das ist die Drundkrankkeit aller Häuser auf der
IVlathildenhöke, sobald man sie irgend vorbild-
lich nehmen will. Wer, der so viel Deld im
einzelnen anlegen kann, wer baut sich solche
Kaninchenställe mit solchen lebensgefährlichen
8tiegen, mit solchen verzwickten Winkeln. Keine
moderne lVlietskaserne ist so eingeschränkt und
lässt so alle Vequemlickkeit vermissen. In
einzelnen Zimmern überfällt einen direkte Atem-
not; und ick kann mir nickt denken, daks man
anderswo aus gesundheitlichen, feuergefährlichen
u. s. w. Kücksickten die polizeiliche Denekmigung
zu derartigen Ducksbauten bekäme.
blein, das ist keine Architektur und gewiss
als Architektur kein „Dokument deutscher Kunst".
Ebensowenig wie die tkörickte Ausstellung von
„Dläckenkunst", deren Vilder zusammen passen,
wie eine internationale Versammlung von ^.pollo-
tkeatergrössen. H.ber das ist das blärriscke: es
war auch gar keine Architektur beabsichtigt. Vs
Kat sich in Darmstadt trotz der koken Worte
und verrückten Debäude zunächst um eine kunst-
gewerbliche Ausstellung gehandelt. Dazu sollte
der ^usstellungsarckitekt Olbrich möglichst ab-
sonderliche und mannigfache Käume schaKen.
Weiter nichts. Das Kat er getkan. lVlit so viel
Desckick, daks seine blebensacke kür die ersten
Augenblicke den Vesuckern zur Hauptsache wurde.
Zum 8ckaden der ganzen Ausstellung, die
dadurch kür ein einfaches Demüt ein sehr
undeutsches verrücktes Dewand erhielt, in dem
die geschickten ehrlichen ^.rbeitskände eines
soliden Kunstkandwerks kaum noch sichtbar
sind. Wer aber die zu seken auf der lVlatkilden-
köke ernstlich ausgekt, der entdeckt bei ^eder
Wanderung durch die aufdringlichen Käume
neue Veweise ihrer köstlichen stillen Arbeit.
Allerdings von einem „Dokument" des mo-
dernen deutschen Kunstgewerbes kann man nickt
gut sprechen, weil Obrist, Dckmann, Kiemer-
sckmied, Dankok und viele andere fehlen,
und von den „Verukenen" eigentlich nur Vekrens

44
 
Annotationen