Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 2.1901

DOI Heft:
Heft 9
DOI Artikel:
Schäfer, Wilhelm: Tiermaler
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.45535#0120

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
lierrnaler.

er sicb in seinem Ulenscbentum so
reckt als „Krone der Scböpfung" füblt,
dem mag es veräcbtlicb scheinen, dass
ein lVlaler sicb daran giebt, allerlei
Wild und I^ausgetier 2U Konterfeien.
Lin recbter KLstorienmaler und aucb das liede
Lublikum sind immer geneigt, nur die lVlenscben-
malerei als wabre Kunst 2U betracbten. Das
Lierbild scbeint ibnen wie die Landscbakt und
das Lorträt für die niederen Llüge des menscb-
licben Oeistes erfunden, sozusagen Kunst Zweiten
Orades. Das ist -unäcbst dieselbe Öberscbät^ung
des Stoffes, die allen Künsten im Wege stebt. Wenn
Ooetbe ein paar Verse über ein Veilcben sagt,
so kommt etwas Qröfseres beraus, als wenn ein
moderner Öberjüngbng alle Lleidengötter an-
diclitet. Lin gutgemaltes Stillleben ist bessere
Kunst als eine scblecbtgemalte Versammlung
der scbönsten lVlodelle. Das Orofse liegt weder
im Oegenstand, nocb im Lormat oder in der
Lecbnik; sondern darin: wie ein Künstler

sckeint. Man denke sieb einen gepanzerten
Kitter davorgemalt: Lr würde wie eine komiscbe
Luppe wirken. Ond so sind aucb die andern
Lilder dieses Liermalers gröfsere Offenbarungen
als die landläubgen Ligurenbilder, weil seine
beroiscbe blatur gerade im Anblick des Lieres
von der Oswalt des elementaren Lebens er-
griffen wurde.
dlatürlicb ist eine zunge Ziege kein Oegen-
stand beroiscber ^nscbauung. l_lnd aucb bei
gröfseren Lieren kommt es sebr auf das ^.uge
des lVlalers an, was er daraus siebt. Derselbe
Stier, den Lurnier 2U einem Lild der elemen-
taren Kraft gestaltete, könnte einen andern lVlaler
durcb seine Larbe in der Landscbait als rein
maleriscbes Lroblem reifen. Oder wenn das
Lier Zufrieden wiederkauend als Lapa neben sei-
nen Spröfslingen läge: gäbe es einem Dritten An-
lats 2u einem Oenrebild. Selbst einer „ffistorie"
könnte es als lVlodsll dienen: ^uge in ^uge mit
einem Löwen oder dabingestreckt unter den


empbndet, wie grofs
seine ^nscbauung
ist, ob die sieb nun
an einen Ocbsen
oder an einen lVleer-
gott bettet. (Das ist
eine von den Selbst-
verständlicbkeiten,
denen niemand
widerspricbt und
die dennocb keine
recbte Oeltung
baben.)
^ber selbst den
Stob als solcben
genommen: Oerade
das Lier kommt
einer beroiscben
^nscbauung entge-
gen. ^ucb der kräf-
tigste lVlenscb neben
einen Lleianten ge-
stellt kann niemals
als ein Lild der
Kraft und Orölse
wirken. Der wun-
dervolle Stier des
Lurnier, von dem
das^prilbekt dieser
Zeitscbrift eine Ab-
bildung bracbte,
scbreitet mit einer
siegenden lVlacbt
durcb das Oelände,
gegen die alles
menscblicbe Hel-
dentum als Don-
c^uicbotterie er-


Lranken eines Li-
gers, dem er „ster-
bend nocb seine
Klörner in die Lin-
geweide bobrt".
Lreiligratbs
„Wüstenkönig" ist
scbliefslick nicbts
anderes als ein in
Versen gemaltes
Historienbild aus
dem Lierreicb. lVlit
romantiscbem ^uf-
put2. Ond dafs das
Komantiscbe
selbst, daslVlärcben-
bafte obne das liebe
Oetier scbwer aus-
kommen kann, be-
weist 2. L. Löcklin
2ur Oenüge.
So klingt es
viellsicbt nicbt 2U
sonderbar, wenn
man Lbristian
Krön er einen kli-
^storienmaler des
Wildes nennt. Wie
er als Weidmann
den Klirscb bald
äsend, bald brün-
stig sckreiend, bald
in der Llucbt vor
dem ^äger, bald im
Kampf mit der
IVleute oder mit
dem Kivalen malt:
das ist die Lebens-

5

LmvIL
 
Annotationen