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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 2.1901

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Heft 12
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Schwann, Mathieu: Der heilige Ambrosius
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https://doi.org/10.11588/diglit.45535#0290

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Der 1iei1i§6 Ambrosius.
Von lVlatkieu 8cbwann (8oden am Oaunus).


Inmal batte irgend ein Oosmaul den
alten lVlärtens so genannt und seitdem
war der blame an ibm bangen ge-
blieben. Oer „beilige Ambrosius" biefs

er kür alt und MNg, und rnan läcbelte, wenn

rnan ibn sab, rnan lackte, nannte rnan ibn so.

H.ber warum nur? Lr war weder Küster,

nocb Lcbwei^er, nocb Totengräber, nocb sonst
eine olb^ielle Lersönlicbkeit, aber in der Kircbe

genoss er trotzdem das ^nseben einer solcken.
Inirner kniete er in der Oebrerbank dicbt binter

dern Länkcben der 8ckul^ungen, und wenn da
einer bei den Obren genornrnen werden musste,
so besorgte das der alte lVlärtens, und gab es
klatscbende löne, wie es solcbe irnrnsr giebt,
kaut rnan einen jungen rnit einem Qebetbucb
urn den Kopf, so konnte rnan Lieber sein, dass
dies das Qebetbucb des beiligen Ambrosius war.
Oenn nur er übte diese beilige Funktion aus in
dern vorderen Oeil der Kircbe. Klatscbte es

dagegen kinten in der Kircbe, wo die Qesellen
und jungen Oeute bei einander standen, so war
es die weilsbebandscbukte Land des riesenlangen
Oammericb. Oer aber war 8cbwei2er, er trug
8onntags den langen roten 8cbwei2ertalar, die
bobe scbwar^e 8ammetmüt2e und den Ordnungs-
stab rnit der Weltkugel oben drauf in glänzendem
lVlessing. Lei dem langen Oammericb fand man

das gan^ in der Ordnung. Lr fubr unter die
jungen Oeute, scblug diesen und ^enen auf die
Lacken, dass es knallte, und scbmifs dann die
Öbsltkäter mit Llegan? trot2 des dickten Qe-
dränges dakinten >2ur Kircbe binaus. Und die
grossen Kerle, die scbon beim lVlilitär gewesen
waren oder demnäcbst da^u kamen, liessen sicb
das aucb gan2 fröblicb gefallen, da M eine lVlaul-
scbelle von so beiliger Land, wie die des langen
Oammericb 8onntags war, immer nocb einen
8egen entkielt und keineswegs persönlicb ent-
ebrend empfunden werden konnte. Viel eber
konnte einer der jungen da vorne die Liebe des
alten lVlärtens so empbnden, denn der batte weder
weisse Landscbube, nocb einen roten Oalar an,
er batte überbaupt nickts ^ulserordentlicbes an
sicb, als böcbstens seinen „Oot^" dakinten am
Kopf.
Oer beilige Ambrosius also war weder Küster
nocb 8ckwei2er. Oer 8cbwei2er war der lange
Oammericb, und der Küster war der scbwind-
sücbtige 8cbebens Oudwig; der aber kümmerte
sicb um die jungen nickt, denn er war ein vor-
nebmer Lerr. Oamals woknte der alte Kürst
Lad^iwill in dem kleinen Orte, und dessen 8obn
war unter die Jesuiten gegangen und batte genau
so dis 8cbwindsucbt, wie der Küster. Leide
waren immer gleicb blass, und der 8cbebens

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