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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 2.1901

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Heft 9
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Peltzer, Alfred: Brief eines Kunst-Enthusiasten an einen modernen Künstler
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Neitzel, Otto: Musikleben am Rhein
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https://doi.org/10.11588/diglit.45535#0161

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samen Leistes (der wirklich einmal wieder das
ganze Volk trotz äusserer Lntersckiede beseelte)
sieb gleick wie ein Laturproduct einstellen, )a
er wird vielleickt sckon da sein, otme dass man
ibn bat kommen seken, sofern nämlick ikr
Künstler unterliessen gesckakft kabt, nickt als
„moderne IVlenscken", sondern als unabkängige
freie 8cköpfer im Lereicke des „Zeitlosen". Wenn
ikr aber, ikr Künstler, etwas leisten wollt für
die Zeit, für die kistoriscke Lntwicklung unserer
Kultur, für die Lösung )ener Lrage, so tretet ein
für ein freies würdiges lVlensckentum im lieben
und in eurer Kunst. ^Iles was ikr darüber
binaus tbun wollt, alles, was ikr im bewussten
und berecbneten Zusammenbau^ mit „Zeit-
strömungen" oder gar „Zeitstimmungen", wie
die scbönen, )etzt so viel gekörten Zeitungs-
deutsckworte Keksen, im bewussten Zusammen-
kang mit dem Inkalt von sozialem lieben und
Streben, von Zivilisation und vor allem auck mit

wissensckaftkcker Erkenntnis und Bestrebung
unserer Qegenwart sckaifen wollt, wird ein Ver-
pfuscktes sein, — ein Öberküssiges. (Lesonders
über das Kapitel Wissensckaft und Kunst wäre
vielleickt ein andermal nock lVlekreres zu reden.
Lei der Wissensckaft giebt es in der 1?kat stets
„Lortsckritte", also stets ein bleues, ein „lVlo-
dernes"; bei der eckten Kunst eben nickt.)
^Iso nock einmal: sckakkt, ikr Künstler! Leist
uns aus dem bangenden Lereick des lVlodernen
binaus! Leist uns den Legrikf eines freien, wür-
digen lVlensckentums wieder verbreiten. Lefreit
uns, erlöst uns moderne lVlenscken von uns selbst
und unserer armen Zeit, und lukrt uns ein in
den ewigen Lereick des „Lrei-Latürlicken" und
„Lein-lVlensckkcken".
Im übrigen nock einmal, mein Lreund: von
dir will ick keine Lelekrung und Aufklärung,
von dir will ick Qenuls und Legnung durck dein
8ckakfen und Können. — Alfred Leitner.

NusLIrleden am

(Or. Otto I^sjt^el, Köln.)

Im Konzertleben bildete das Leitmotiv des
abgelaufenen lVlonats die Lassion, meist die
nack dem IVlattkäus vom lVleister Lack. 8ie
ist sogar in lVlüncken-Oladback eingezogen,
wo eine für das ^ackener Lrauenkloster erbaute
Orgel Station mackte und der ^uffükrung den
unumgänglicken 8egen erteilte. Im übrigen wird
auck dort die Lassion bald ein ständiger Oast
werden; ein neuer Konzertsaal ist im Lnsteken
begriffen, und dass darin als Lauptrequisit eine
Orgel nickt feklen darf, verstekt sick bei den
vornekmlick auf einen ausgezeickneten gemisck-
ten Lkor gestützten Konzerten der „Oaecilia"
unter des )ungen Oelbke Leitung von selber.
Wäkrend Lacks l?Lssion trotz ikrer tief-
protestantiscken Oesinnung die ganze katkoliscke
Welt gewonnen Kat, ist Liszts in völlig katko-
lisckem Lmpknden wurzelnder Lkristus Kisker
sogar von überwiegend katkoliscken Zukörer-
sckakten desavouirt worden, wäkrend er an
protestantiscken Okorfükrern — Liedel, Lrd-
mannsdorfer — sckon vor Zeiten begeisterte Vor-
kämpfer fand, und erst neuerdings Kat ikm auck
der katkoliscke Weizen geblükt. Sckwickeratk
in Zacken fükrte ibn in seinen Abonnements-
konzerten mit solckem Lrfolge auf, dass er gar
zum Lauptstück des letzten lVlusikfestes erkoren
wurde, ^etzt Kat auck lVlüller-Leuter in
Krefeld dem Werk eine woklgelungene und
sorgfältige Wiedergabe bereitet. Im ganzen Kat
aber, was auck das langsame Vordringen der
Lisztscken Kompositionen im allgemeinen, zu
denen wir natürlick nickt seine Learbeitungen
recknen, und des Okristus im besondern erklärt,
seine lVluse einen sckweren 8tand, weil ikr gar
zuviel Lersönlickes ankaftet, namentlick ein

aus der Virtuosennatur Liszts zu erklärendes
8ckillern zwiscken blendender ^.ufserlickkeit und
sckwärmerisck erkabenem Latkos. Ls ist zu
versteken, wie sick so musikaksck keuscke
8eelen, wie^oackim, Lrakms und 8ckolz in der
bekannten, aus dem Anfänge der 50 er ^sakre
stammenden Lrklärung von der vermeintlicken
8ckeinkunst Liszts lossagten.
Dann überwiegt bei Liszt meist das Wollen
über das Vollbringen. Oie Anläufe sind riesenkalt,
wie wenn Leine in einem seiner übersckwäng-
licken Oedickte eine Leder ausreifst, sie in den
Vesuvius tauckt und damit das Lokelied seiner
Liebe an den Limmel sckreibt, und wenn auck
diese Küknkeit des Wollens als ein allgegen-
wärtiges 8treben und 8ckwellen bis in das
Kunstwerk selbst kineindringt, sein Ausdruck
versagt oft bei den küknsten Anlässen und statt
organisck sick zu gliedern und zu weiten, statt
das Llateau der gereinigten ^nsckauung zu er-
klimmen, bleibt es unterwegs in 8cklüften und
auf Iriften kängen. ^.ber als ein redlick sick
Lemükender, der mäcktig an den Oitterstäben
der musikaliscken Kunstform gerüttelt Kat, um
ikr freie Lewegung zu versckakfen, als ein
Lrweiterer der Kompositionstecknik bleibt Liszts
Ledeutung ebenso unantastbar steken, wie sein
Lkristus und seine Llisabetk anziekende Kunst-
blüten eines eckt katkoliscken Olaubens sind.
Lonn unter Lugo Qrüters mackte seine
musikaliscke Oemeinde mit Lesar Lrancks
„8eligkeiten" bekannt, der scbönen, nur öfter
ein wenig verstiegenen lVlusik zu den leider
durck einen uner^uickkcken Loesiesckwulst von
zarter Land besckwerten 8eligpreisungen aus
der Lergpredigt.

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