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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 2.1901

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Heft 8
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Schäfer, Wilhelm: Heinrich Hansjakob
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https://doi.org/10.11588/diglit.45535#0095

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^ii'rioQir^k'lriL.)

Läsonnieren und kritisieren aus, und du be-
kommst eker Lrieden mit deinen Mitmenscken,
unter denen viele sind, die dick für kockmütig
und boskast kalten und die dick Kassen, weil
du nickt so knecktselig Kist wie sie."
* *
Dnd Lansjakob müsste nickt der leidensckast-
licke Politiker von ekemals sein, wenn er nickt
anck nock ans solcke Anklagen eine Antwort fände:
q-
-I-
„Du Käst reckt, ick kin empknclkck, lannisck,
kerb, grössenwaknig, sekr aufgeregt nncl unrukig,
dumm, unendlick dumm; in vielen Dingen und
^.nsckauungen zu offen und mit einer sckarlen
2unge kekaftet. Allein bedenke, so spann es
mir die Larze ans dem Lans, den meine Litern
und Orosseltern ikr in die Hände gegeben. Du
käst das ja selker eken Ruheständen.
^ber, glaube mir, es ist keine Kleinigkeit,
so veranlagt zu sein. Denn eine solcke Veran-
lagung, wie ick sie Kake, sckakkt innere und
äussere Leinde, Kämpfe und 8 türme und passt
vorak har nickt in unsere 2eit.
Ls ist auck keine Kleinigkeit, von aufgeregten
klerven geketzt zu werden wie von Dämonen
und von Lurien, und energielos sie sckalten und
walten lassen zu müssen.
In meinen jungen ^akren sckon, lang eke du
meine Lekanntsckast macktest, war ick nickt
viel kesser daran als im ^lter; aker ick katte
nock Lnergie und Lpannkralt, wäkrend jetzt die

8türme über mick kinsausen und mick nieder-
beugen wie die Zweige einer alten Trauerweide.
Dass du deskalk selker lVlitleid mit mir käst,
freut mick. ^ber du tkust mir unreckt, sofern
du meinst, ick lüge, wenn ick sage, ick sei ein
armer lVlann. ^.rm ist nack meinen Legriken
jeder, der nickt von seinem Kapital oder seinem
Out leben kann, ^.rm ist drum jeder, der um
sein tägkck Lrot arbeiten und einen Dienst, ein
^.mt verseken muss. Leick und unabkängig ist
nur der Kapitalist und der Lauer auf einem
sckuldensreien Out.
Wer im Verkältnis des ^rbeitnekmers zu
einem Arbeitgeber stekt oder in einem ^.mte
dienen muss, wenn er leben will, ist ein ab-
kängiger, armer leusel, und wenn er nebenbei
alle Weiskeit Lalomons besässe.
Darum sagt auck die kl. Lckrift: „Weiskeit
ist nur sckön mit einem Lrbgut, aus dass man
sick der Lonne freuen kann."
Leckt käst du aber, wenn du meinst, ick sei
nickt fromm, solerne du darunter wakre, eckte
Lrömmigkeit verstekst — jene ^rt ckristlicken
Lebens, die in Demut, Selbstverleugnung und
kläckstenkebe sick äussert. In diesen lugenden
lasse ick leider vieles zu wünscken übrig.
^uck das weiss ick, dass es Leute giebt, die
mick für nickt gut katkolisck kalten, weil ick
nock eine eigene Meinung Kake in Dingen, über
welcke jeder Katkolik frei denken und frei reden
kann und darf.
Lreilick kab ick es sckon oft bedauert, eine
eigene Meinung zu kaben. Man mackt sick da-
durck unnötig Leinde, und die Dinge geken dock
wie sie geken, weil die Mekrkeit der Menscken
eben gewöknt ist, sick lükren und leiten und
sick alles gefallen zu lassen, und weil sie drum
jeden sckeel ansiekt und für einen Ketzer kält,
der nickt genau so tkut und denkt wie sie. Da,
wo die meisten Menscken aus Ltelzen lausen,
gelten diejenigen, so sicker und weise zu Luis
geken, für klarren. Ond wo bei einer Lerde
das 8ckaf, welckes sick etwas freier bewegt,
mit Llundegebell und Leitsckenkieben bekandelt
wird, ist es nickt gesckeit, eine andere Meinung
zu kaben als die Majorität.
Drum kab ick mir sckon ost selbst laut Zu-
gerufen : „Du bist ein Lsel und ein klarr!" —
Was endlick meine Lckriststellerei betrikt,
so käst du ganz reckt, alte Lreundin, wenn du
meinst, ick sollte sie ausgeben. Ick Kake sckon
mekr als genug gesckrieben und komme jetzt
in die ^akre, in denen die Menscken gerne zu
„gesckwätzigen Oreisen" werden.
Wenn ick es nock nickt getkan bis beute und
nock nickt ausgekört kabe, Lücker zu sckreiben,
so gesckiekt es vorzugsweise aus zwei Oründen.
Linmal sckreibe ick ost nur, um in müssigen,
von den klerven geplagten Ltunden der Ver-
zweigung zu entgeken und die Armseligkeit
meines Daseins zu vergessen. Lpazieren geken


 
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