Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 2.1901

DOI issue:
Heft 11
DOI article:
Klein, Rudolf: Peter Philippi
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.45535#0260

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
keter klülixpi

Ls Kat in der Kunst immer xwei Haupt-
strömungen gegeben. Diejenige, die die Le-
xiekungen des Individuums xum Lwigen pkegte
und diejenige, die die Lexiekungen der Individuen
untereinander pllegte. Oie ^stketik Kat kür
diese beiden Komplexe die Worte Idealismus
und Realismus geprägt. Lür viele — so ver-
spätet es sein sollte — nock mal ein kleiner
Lingerxeig, daks nickt irgend eine geleckte 8eiken-
etikette „Idealismus" ist und daks ein Lild, auk
dem die Rinselstricke wie 8äbelkiebe sitxen,
nock lange kein realistisckes xu sein krauckt.
Diese Lexeickungen wenden sick in erster Linie
an den Inkalt, nickt an die l'ecknik. Idealisrnus
ist Lektion. Realismus eine Kunst okne Welt-
ansckauung. Oie Kunst eines Künstlers, der
sick irn Oeken Oenüge sein lässt, okne viel
üker die Lragen des jenseits nackxudenken. Leit
drei ^akrkunderten katten wir daker vorwiegend
eine realistiscke Kunst, und war aller Idealisrnus
Lpigonentum. Denn seit drei ^akrkunderten
Kaken sick die selbständigen, in ikrer Zeit
wurzelnden Künstler nickt rnekr rnit Qott aus-
einander gesetzt. Mit ^usnakme von einigen
Lpigonen natürlick, die den Laden der alten
Libelmalerei, die rnit Rembrandt kätte akgetkan
sein sollen, weiterspannen. Oer erste selb-
ständige Idealist nack dieser langen Zeit des
Realismus ist Löcklin.
Diese kurzen Andeutungen sollen daxu dienen,
den Legrikk des Realismus etwas weiter xu
fassen, als rnan es gerneinkin tkut. Realismus
ist den Meisten nur die gekäkrlicke Kunst, die
aus Lrankreick starnrnt, wäkrend rnan die ebenso
realistiscke der ^lten in den Museen anerkennt.
Oer Realismus selbst aber Kat naturgernäks die
versckiedensten Wandlungen durckgernackt. Ond
auck in ikrn giebt es selbständige Künstler und
Lpigonen. ^1s rnan des Kartonstils der Lornelius
und Kaulback überdrüssig war, verkel nian auk
die Historienmalerei der Wappers-Oallait-Rilot^.
Man wollte realistisck werden. Dock was war
diese Kunst kür ein Realismus? Hatte er Le-
xiekungen xum Leben? nein. Oie Anekdote
war ikrn die Hauptsacke. Dann wollte man nock
reakstiscker werden: die Oenremalerei kam auk.
War sie ein reiner Realismus? nein. 8tatt der
Lexiekungen der Individuen untereinander pllegten
ikre Vertreter einen gänxlick unkünstleriscken
Witx. Ond warum? Weil in der xweiten Hälkte
des 19. ^akrkunderts unser ganzes Leben einem
erborgten unwakren Historixismus verkel. Oer
l'riumpk Makarts ist der Llökepunkt dieser
Oeistesricktung und die ^.rckitektur unserer
keutigen Ltraksen das ersckreckende Abbild.
Das letzte eigene Kulturleben dokumentiert sick
im Lürgerstil von i8zo. Oie letzte selbständige
Kunst, sind die Zeickner dieser Zeit. In Lrank-

reick mit dem groksen Oaumier als Vorboten
des soxial-tendenxiösen Realismus eines Lourbet.
In Oeutsckland giebt es so etwas kaum. Oie
Zeit konnte nur eine realistiscke Kunst Kaken,
statt dessen verpkusckte sie alles in einem Rseudo-
Ideaksmus. Dann kam die I^sackakmung des
kranxösiscken Realismus. Man entliek eine neue
Lorm, okne einen eigenen Kern xu Kaken, dlur
ganx wenige Künstler macken eine ^usnakme.
Zu diesen gekört Reter Rkilippi, dem diese teilen
gelten. Lr knüpkt direkt an die alte Lürger-
kultur von i8zo an.
-i-
*
Ls ist nun 6 ^akre Ker, daks Reter Rkilippi
auk einer der „Märx-^usstellungen" der Düssel-
dorfer Lrsien Vereinigung an die Ölkentlick-
keit trat. Ick erkannte seinen Wert damals
sofort. Lr war nickt mekr ganx )ung und
nebenbei bemerkt der einzige selbständige Lcküler,
der aus dem Atelier des Libelmalers v. Qebkardt
kervorgegangen ist. Rkilippi gekört überkaupt
xu den wenigen Düsseldorfern, dis eine Rersön-
lickkeit sind. Orauksen mag man ikn nickt
kennen. Ls ist natürlick. Lcklägt sckon eine
grokse Ausstellung manckes keine aber dock
in der kleuxeit wurzelnde Lild tot, wie sollte der
Qeist der Rrovinx auk den lärmenden Lilder-
märkten kür sick reden können, ^sa nock mekr.
Wie sollten die Werke eines Künstlers, der der
direkte Antipode unserer Zeit ist, sick dort in
den Vordergrund stellen können? Ond der
Antipode unserer Zeit ist Rkilippi. ^ber nickt
im sckleckten 8inne. Wenn auck kein Künstler,
der auk die Zukunft weist, so ist er dock kein
Lpigons. Lr akmt nickt eine vergangene Zeit
nack. Lr lebt in ikr. Lür ikn existieren die
letzten 50 ^akre des vergangenen ^akrkunderts
nickt. Ond er kakst ikre Unkultur. Denn mit
^ener stillen Lürgerlickkeit unserer Qroksväter
Kaken wir Oeutscken unsere letzte selbständige
8tilepocke begraben. Lür Rkilippi existieren die
letzten 50 ^akre nickt. Lr stekt damit nickt
allein. In mancken Rrovinxstädten, die von der
ranken Hand der Industrie nickt demaskiert sind,
träumt nock diese alte 8timmung. Ick katte
selbst in dem kastenden Lerlin letzten Winter
Oelegenkeit, in einem Kreise ein paar alte Damen
xu seken, die wirkten, wie wenn man sie aus
einem Kleidersckrank gekolt kabe, den die letxten
5 Oexennien keine Hand mekr berükrte. 8ie
wirkten wie ein Lild von Rkilippi. klun werden
Leute, die den Künstler nickt kennen, sckon
wissen, was dieser malt, obgleick ick nock gar-
nickt von seinen Lildern gesprocken kabe. Ond
das ist auck kaum nötig. Ls läkst sick in einen
8atx fassen. Rkilippi ist der Maler des alten
Rrovinx-Lürgertums in einem Makse, wie wir in

35
 
Annotationen