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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 2.1901

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Heft 12
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Weizsäcker, Heinrich: Vergangenheit und Gegenwart im Frankfurter Kunstleben
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https://doi.org/10.11588/diglit.45535#0283

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gerade sein Lalent ikr nickt erkalten kliek, für
kessen Verlust ikr clie acktdare Mittelmäfsigkeit
einiger anderer einkeirniscker Künstler von
gleickem ^lter keinen Lrsatx xu kieten verrnockte.
Om so wertvoller war für ein erneutes ^.uf-
klüken künstleriscken Ledens in Frankfurt ein
von anderer Leite kommender 2uwacks. Was
der keirniscke Loden xu versagen sckien, trugen
aufs neue frernde Kräfte kersin. Ourck nieder-
ländiscke Künstler, die gegen Lnds des ik.^akr-
kunderts in erkeklicker ^nxakl rnit den von den
Lpaniern vertriekenen protestantiscken Llückt-
lingsgemeinden rkeinaulwärts wanderten, wurden
neue und sckätxdare künstleriscke Llemente auck
auf frankfurter Loden verpflanzt. Las ganxe
Kunstleden des 17. ^akrkunderts, kann rnan sagen,
stekt in Lrankfurt unter dern 2eicken nieder-
ländiscken Linllusses, sei es dadurck, dafs nieder-
ländiscke Meister, wie die Lteenw^ck, die
Valckendorgk, dis Wingken u. a. in Lrankfurt an-
sässig wurden, sei es dadurck, dafs einkeirniscke,
in den kkederlanden ausgedildete Künstler, wie
der jüngere Merian, Landrart und die an Talenten
kesonders ergiebige Lamilie der Loos, kier ikre
Lkätigkeit ausükten. Ls sind nur wenigs Orte
in Oeutsckland xu nennen, die irn 17. ^akrkundert
eine gleick grofse 2akl gesckickter Maler auf-
xuweisen gekakt kätten, wie das damalige Lrank-
furt, und wenn xur seiden 2eit neken anderen
auck künstleriscke Lemükungen daxu deigetragen
Kaden, dis klation aus dem durck eine drsifsig-
^äkrige Kriegsnot versckuldeten Luin ikres
kulturellen Ledens kerausxulükren, so Kaden
daxu auck frankfurter Künstler in kervorragen-
dem lVlafse mitgewirkt.
^uck die folgende 2eit Kat dis frankfurter
Kunst auf einer acktdaren Löke geseken. Die
lVleister des acktxeknten ^akrkunderts nekmen
xwar keine fükrende Ltellung in der Qesckickte
der deutscken Kunst ikrer Lage ein, ader die
keitere Oicktergade, die sie in ikre Lckilderungen,
sei es des alltäglicken käuskcken Ledens, sei
es der keimatlicken Landsckaft, kineinlegen, ist
immer anspreckend und so leklt es in den
Werken ^ener Künstler, der Juncker, Orlaud,
Lrautmann, Lckütx oder Lirt trotx einer ererdten
^dkängigkeit von niederländiscken Vordildern,
die sie nie verleugnen, dock nickt an den intimen
Leihen eines persünlicken und eckt künstleriscken
Oefüklsledens. Ond wer möckte nickt gern dei
dem Lindruck des freundlicken Idylls verweilen,
das ikre Lkätigkeit inmitten der woklverwakrten
Lnge einer seldstdewufsten dürgerlicken Ledens-
gemeinsckalt in sick darstellt, in dem Oedanken,
dafs in eden diesem Kreise kein Oeringerer als
Ooetks in seinen ^sugendjakren dis ersten Lin-
dlicke in die Welt des praktisck tkätigen Künst-
lers getkan Kat, Lindrücks und Lrlakrungen,

auf die er auck nock im reiferen ^lter dankdar
xurücksak?
Oie Leriode der politiscken und gesellsckaft-
licken Lmanxipation, die mit der ersten Revolution
oder kesser gesagt mit der auf sie folgenden
neuen Kulturepocke ankedt, ist eine 2eit ein-
sckneidender Neuerung auck auf künstlerisckem
Oediet gewesen. Man wird sick in Zukunft
nock weit mekr, als dies keute gemeinkin üdlick
ist, mit dieser ^nsckauungsweise vertraut macken
müssen. Ls ist für Lrankfurt von Koker Le-
deutung gewesen, dafs in eden diese 2eit die
Oründung einer künstleriscken Institution ksl,
die so, wie sie gedackt war und wie ikr in den
ersten ^akrxeknten ikres Lestekens auck xu
wirken vergönnt war, geeignet sckien, die ein-
keimiscke Kunsttkätigkeit auf völlig neue Orund-
lagen xu stellen, sodann Lriedrick Ltädel, der
Ltifter des Kunstinstituts, das seinen klamsn
trägt, Kat mit der von ikm ins Leden gerufenen
Anstalt deadsicktigt, für alle nur irgend möglicken
künstleriscken Interessen in Lranklurt einen
Mittelpunkt xu sckalken, und er dackte dies xu
erreicken, indem er mit seinen Kunstsammlungen,
die er der Lürgsrsckait xu eigen üdergad, eine
Onterricktsanstalt für ^ugendlicke Lalente ver-
dand; deide gemeinsam sollten den Lrennpunkt
des künstleriscken Verkekrs für Lranklurt dilden.
In den so viel enger gexogenen gesellsckaftlicken
Kreisen der ekemaligen freien Ltadt Lrankfurt
war ein solckes Vorkaden leickter und mit sekr
viel desckeideneren Mitteln xu verwirklicken, als
dies unter den keutigsn grolsstädtiscken Ver-
kältnissen möglick wäre, deren mannigfaltige ^us-
deknung eine ganx anders Lluktuation auck des
künstleriscken Ledens kerdeigelükrt Kat. Oie
Ltädelscke Ltikung siekt sick keute durck eine
neue Zeit vor neue ^.ulgaden gestellt, neu
wenigstens insofern, als sie üder den von Ltädel
seldst gexogenen engeren Omkrsis in gewisser
Weise kinausgewacksen sind. Lckwedte diesem
vor allem die Qesellsckakt der Künstler und die
^mateurwelt vor, denen seine Anstalt xu gute
kommen sollte, so siekt sick diese keute einer ^.U-
gemeinkeit gegenüdergestellt, die in weit grölse-
rem Omfange, als der dürgerlicken Lpkäre vordem
geläukg war, teilxunekmen degekrt am Lssitx
wie am Oenusss künstleriscker oder ästketiscker
Lildung. Lopularisierung der Kunst ist xwar
immer eine gewagte Lorderung, ader eine minder
diskutadle und in ^edem Lalle dankdare ^.ulgade
ist es, die ^nteilnakme an künstleriscken Dingen
xu mekren und der allgemeinen Oesckmacks-
dildung xu dienen, und nack deiden Licktungen
kin ist der Ltiftung sodann Lriedrick Ltädels
nack wie vor ein Wirkungsdereick, auck im Linne
ikres Begründers seldst, gegeden.
Leinrick Weixsäcker.

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