Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 2.1901

DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:
Schürmann, Johannes: Rheinische Dichter, (4): Wilhelm Jordan und sein Demiurgos
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.45535#0288

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

K'DD O^DDI

erste gewesen, und ick glaube, daks Jordan aus
diesem Orunde mit demselben deckte wie Ooetke
nnd Damarck xu den Vorläufern Darwins auch
ans dem Oebiete der Wissenschaft gewählt werden
mufs.
Übrigens ist Jordans 2ucktbegrilf durchaus
nicht identisch mit dem der Askese. Wie er
die 8elbst2uckt des Binxelnen verstanden haben
will, das sagt Alexander (Bumboldt) im Demi-
urgos:
Dock immer Kak ick uock ^okuuüon,
Dass meine Dtkckt unü meine Dust,
Was ick ^owünsckt, was ick gemusst,
Q»N2 nnxertrennlick war verduncien.
t^ickt wie äsr Möuck, üor sick 2ur Ltrake xeisselt,
Verknkr ick, wenn ick I^ei^nn^en be2wau§,
I^sin, wie äer Xünstier, cier aus Lckänkeitsciran^
Lein VLarmorkilü so kein als mö^lick meisselt;
Ick wolke mick, 2U meiner Dust, vollenden.

Diese Lelbstxucbt wird aber ergänzt durch die
Ltammesxucht, und diese ist genau im 8inne
der Darwinschen Zuchtwahl verstanden:
Dünnbeinige Hammel, einen ecieln Hengst
2u rückten, üas verstskt man längst:
Warum nickt nack üsm Orunüsat? von l'rakeknen
klun snülick auck üen v/lenscksnscklag versckönen? —
Woklgemerkt: so spricht Duxiker, der sich nach
mephistophelischem Vorbilde gern recht burschi-
kos äufsert. ^ber im Orunde sagt Brunhild in
den blibelungen dasselbe, und selbst Wodan
bestätigt es.
^ber die Idee der 2uckt ist dock nickt der
eigentliche Orundgedanke des Demiurgos. Das
Baupttkema ist: die Berechtigung des Bösen
im Weltganxen. Ond das Böse ist im aller-
weitesten 8inne genommen, black biblischer
Weltanschauung ist das Böse, das wir leiden
(lVlüke, 8ckmer2), lediglich eine Böige des Bösen,
das wir tkun (8ckuld, 8ünde, Verbrecken). Das
eine wie das andere ist nach der Weltanschau-
ung Jordans als Würxe des Bebens unentbehr-
lich. Der Bedanke taucht in Jordans frühesten
Arbeiten auf; er kehrt in allen Werken des
Dichters wieder. Was Ooetke nur andeutet mit
„der Kraft, die stets das Böse will und stets
das Oute schallt" —, das wird bei Jordan xum
Wesentlichen. Immer kehrt die Krage wieder:
Warum giebt es auf Brden Deid und 8ckuld? —
Und die Antwort lautet in allen ihren Variationen
dock immer wieder: Weil reines Olück und
lauter Diebe unerträglich wären. Ob Duxiler
sagt: „Die Welt ist schlecht, um sich xu amü-
sieren", — oder ob er xzmisck konstatiert: „Die
klarsten Ideale stammen aus der Begierde trüben
Klammen" — ob Alexander mit heiterer Über-
legenheit bemerkt:
Das ist's eben!
blur aus üom Dösen keimt üas Oeistesieben;
Drum i s t es üas nickt, was es sckeint.
Der k^ensckkeit Kester k'reunü ist lnst üer Köse Deinü.
— überall tritt dieselbe Orundansckauung hervor,
^gatkodämon will im dritten leile ein Beick
aufrickten, aus dem alles Böse verbannt ist: er
wird kläglich ad absurdum geführt. Duxiker wettet,
daks selbst sein göttlicher Antipode die irdische
lVlisckung von Out und Böse als woklgelungen
und vielversprechend anerkennen müsse, und er
gewinnt seine Wette, Bur die Oegensäüre macken
das 8ein erträglich, der l'od ist das Korrelat
des Debens, die Bigensuckt ist das Korrelat der
Diebe.
Ztker freilick: die Erkenntnis-Ikatsacke der
Dnentbekrlickkeit des Bösen im Weltenplan ist
nützlich kür die Heinrich-blaturen, die sonst an
ihrer idealistischen Bmpkndlickkeit xu Orunde
gehen würden, ^ber nur )a keine Bicktscknur
des Bandelns daraus macken! Jordan stellt 1?kLt-
sacken fest und er verschreibt vor allen Dingen
eine kräftige ^rxnei gegen den Pessimismus, der
um die b4itte des vorigen Jahrhunderts sein 2er-

10
 
Annotationen